Redezeit

»Sprachen lernen öffnet neue Türen«

Timothy Doner Foto: youtube

Herr Doner, Sie haben 23 Sprachen erlernt, darunter solche exotischen wie Hausa, Swahili oder Ojibwe. Welche mögen Sie am liebsten?
Jede hat etwas Faszinierendes an sich. Ob es nun eine tonale Sprache ist, wie Chinesisch, eine sehr poetische, wie Persisch oder Arabisch, eine komplizierte Grammatik besitzt wie Latein oder Russisch oder eine besondere kulturelle Bedeutung für mich hat, wie Hebräisch oder Jiddisch. Ich liebe es, die Vielfalt und Gemeinsamkeiten zwischen den Weltsprachen zu erkennen. Wenn ich einen Favoriten auswählen müsste, dann wäre das Georgisch. Das Alphabet ist so wunderschön zu schreiben, und es gibt Klänge, von denen ich nie gedacht hätte, dass es sie gibt.

Englisch ist Ihre Muttersprache, Hebräisch die erste Fremdsprache. Was ist die Herausforderung an Hebräisch?
Ich habe es fast vollständig durch Musik gelernt. Durch die Texte israelischer Künstler wie Hadag Nachasch, Sagol 59 oder Shlomo Artzi. Die Herausforderung für mich ist das Lesen, Schreiben und die komplexe Grammatik. Hebräisch ist zudem ein einzigartiger linguistischer Fall, weil Jiddisch, Russisch, Deutsch und auch Arabisch ihre Spuren hinterlassen haben.

Jiddisch ist die Sprache Ihrer Großeltern. War das hilfreich beim Deutsch lernen?
Ich habe Deutsch sehr intensiv studiert und dann erst das angewendet, was ich vom Jiddischen wusste. Wenn man in einer jüdischen Familie in New York aufwächst, dann hört man im Alltag zwar viel Jiddisch – vieles davon sind Beleidigungen –, aber ich kenne nur wenige Muttersprachler. Ich würde sagen, es ist einfacher, zuerst Deutsch und dann Jiddisch zu lernen, denn es gibt doch mehr Übungs- und Sprechmöglichkeiten.

Was fasziniert Sie an Deutsch?
Die Satzstruktur zu üben, macht mir großen Spaß. Besonders, dass sich Verben in verschiedenen Fällen und grammatikalischen Zusammenhängen an den Anfang, in die Mitte oder ans Ende eines Satzes verschieben lassen, ist faszinierend. Die Wortordnung im Deutschen ist relativ frei, und man kann sehr kreativ sein. Allein, dass man Substantive zusammensetzen kann, ist extrem nützlich. Leider haben wir das im Englischen nicht. Ich liebe deutsches Kino, und es gibt einfach keinen Ersatz, einen Film in der Originalsprache zu sehen.

In Ihren Videos auf YouTube kommen Sie mit Menschen aus der ganzen Welt zusammen. Wie hat Ihnen das beim Lernen der Sprachen geholfen?
Wenn ich anfange, eine Sprache zu lernen, stelle ich die Videos ins Netz, und sehr oft geben mir Leute Tipps und Anregungen zur Aussprache, Wortwahl oder Grammatik. Das hat mir bei Hausa, Ojibwe und Indonesisch sehr geholfen, denn bei diesen Sprachen hatte ich nicht so viele Möglichkeiten, auf Muttersprachler zu treffen. Darüber hinaus habe ich mich mit vielen Menschen angefreundet, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Sprachen zu erlernen, öffnet neue Türen zu anderen Kulturen, und es ist ein Prozess, der das ganze Leben dauert.

Gibt es auch eine Sprache, die Sie gar nicht lernen würden?
Es ist nicht eine Frage des Nichtlernen-Wollens, sondern eher eine von Zeit und Hingabe.

Mit dem Schüler sprach Katrin Richter.

Timothy Doner ist 17 Jahre alt und lernt seit frühester Kindheit Sprachen. Angefangen hat er mit Hebräisch, dann folgten Chinesisch, Russisch und viele andere. Timothy veröffentlicht seine Videos regelmäßig auf seinem Kanal bei YouTube.

www.youtube.com/user/PolyglotPal

Jubilare

Henry Kissinger: Die Welt wird sehr turbulent werden

Eine besondere Rolle dabei spiele der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. »Heute wissen wir nicht mehr, was die Maschinen wissen«, sagte er

 25.05.2023

Ukraine

Jüdische Gemeinde holt gestohlene Grabsteine zurück

Die Steine aus dem 18. Jahrhundert wurden unlängst auf dem Hof einer Fabrik gefunden

 25.05.2023

Cannes

Scarlett Johansson: Nutze meine Träume für die Arbeit

Die Darstellerin spielt eine Rolle im neuen Film »Asteroid City« von Regisseur Wes Anderson

 25.05.2023

USA

Elder Statesman

Der frühere Außenminister Henry Kissinger ist 100 Jahre alt geworden – und ist bis heute ein gefragter Mann

von Sebastian Moll  27.05.2023 Aktualisiert

Schweiz

70 Euro für einen Käsekuchen

In den Tagen um das Wochenfest steigt in den Koscherläden der Verkauf heimischer Milchprodukte stark an

von Peter Bollag  25.05.2023

Österreich

»Antisemitismus hat im Islam keinen Platz«

Erstmals besuchten Spitzenvertreter der muslimischen und jüdischen Gemeinschaften gemeinsam Auschwitz-Birkenau

 24.05.2023

Österreich

Den Hass untersuchen

Die Zahl antisemitischer Übergriffe ist stark gestiegen. Jetzt soll in Wien eine neue Forschungsstelle entstehen

von Stefan Schocher  23.05.2023

USA

Anschlägen vorbeugen

Das neue Secure Community Network soll die Sicherheit jüdischer Gemeinden erhöhen

von Imanuel Marcus  23.05.2023

Ungarn

Ein bisschen Frieden?

Der ehemalige General Andor Grósz ist neuer Chef der jüdischen Dachorganisation Mazsihisz. Er möchte Ruhe in die zerstrittene Gemeinschaft bringen

von György Polgár  21.05.2023