Barcelona

»Sehr schwierige Momente«

Victor Sorenssen Foto: Hector Arribas

Barcelona

»Sehr schwierige Momente«

Victor Sorenssen über den Terroranschlag in Barcelona und den Schutz der jüdischen Gemeinde

von Hans-Ulrich Dillmann  21.08.2017 19:46 Uhr

Herr Sorenssen, befinden sich Mitglieder der jüdischen Gemeinde unter den Opfern des Attentats von Barcelona?
Glücklicherweise ist niemand aus der Gemeinde von dem Anschlag direkt betroffen. Im Ferienmonat August sind die wenigsten der rund 15.000 Mitglieder unserer vier Synagogen überhaupt in der Stadt. Wir erleben trotzdem sehr schwierige Momente. Die jüdische Gemeinde steht in der Not geeint zusammen. Dieser feige Anschlag stärkt uns. Wir trauern und beten für die Opfer. Es ist Zeit für Solidarität und soziales Engagement.

Wurden jüdische Einrichtungen in der Vergangenheit bedroht?
Es gab immer wieder Drohungen und auch Anschlagspläne. Aber der staatliche Schutz für unsere Einrichtungen hat sich bisher immer als sehr wirksam erwiesen.

Fühlen sich die in Spanien lebenden Juden nach dem Anschlag verunsichert?
Nein. Auch wenn wir spezielle Sicherheitsmaßnahmen für unsere Gemeindeeinrichtungen benötigen, fühlen wir uns nicht unsicher. Unsere Beziehungen zu den staatlichen Stellen und zur Gesellschaft sind hervorragend. Wir vertrauen den staatlichen Institutionen. Sie verhindern, dass Fanatiker und islamistische Radikale Chaos und Schmerz in unsere Städte tragen. Der Staat und die politischen Parteien müssen deshalb weiterhin gemeinsam mit Intelligenz und Entschlossenheit den Kampf gegen Fanatismus und für Freiheit und Demokratie führen. Religiöse Freiheit und Toleranz sind die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben. Diese Überzeugung eint alle Institutionen, die in der Föderation der Jüdischen Gemeinden Spaniens (FCJE) zusammengeschlossen sind.

Der Oberrabbiner der Israelitischen Gemeinde, Meir Bar-Hen, hat die Juden in Spanien aufgefordert, das Land zu verlassen, weil es keine Sicherheit für sie gebe. Teilen Sie diese Einschätzung?
Nein, diese Äußerung von Rabbi Bar-Hen gibt nicht die Meinung der jüdischen Gemeinschaft wieder. Die Erklärung ist nicht repräsentativ, weder für die Gemeinde in Barcelona noch für irgendeine der jüdischen Institutionen in Spanien. Der Gemeindevorstand, der von den Mitgliedern gewählt worden ist, hat sich davon distanziert und den Rabbiner aufgefordert, seine öffentliche Meinungsäußerung zu revidieren.

An einer Demonstration muslimischer Organisationen in Spanien hat sich am Montag in Barcelona auch die jüdische Gemeinde beteiligt. Warum?
Seit Jahren führen wir in Katalonien, angeregt und initiiert von der Regionalregierung, einen intensiven interreligiösen Dialog. Die jüdische und die muslimische Gemeinschaft pflegen seit Jahren gute Beziehungen zueinander. Wir wollten zusammen unsere Solidarität zeigen und gegen das Attentat demonstrieren. Auch am Samstag, als Barcelona Nein zum Terror sagte, waren wir präsent. Wir stehen gemeinsam gegen Terror – Juden und Muslime.

Mit dem Sprecher der Comunidad Israelita in Barcelona sprach Hans-Ulrich Dillmann.

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025