Argentinien

»Mein Freund, der Gesundheitsminister«

Präsident Alberto Fernández und Gesundheitsminister Gines González García (r.) Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Dass Horacio Verbitsky aus Versehen davon gesprochen hat, glaubt in Argentinien keiner. Scheinbar nebenbei erzählte der Vorsitzende der angesehenen Menschenrechtsorganisation CELS in einem Radiointerview von seiner Impfung gegen Covid-19. Er habe seinen »langjährigen Freund«, Gesundheitsminister Gines González García, angerufen – und wenige Tage später sei ihm im Ministerium das russische Vakzin Sputnik V verabreicht worden.

Trotz seines Alters gehörte der gerade 79 Jahre alt gewordene Verbitsky zu diesem Zeitpunkt keiner Personengruppe an, die auf der Impfprioritätenliste der Regierung stand.

Enthüllung Mit dem »Geständnis« brachte der frühere Stadtguerillero und scharfe Papstkritiker Verbitsky, dessen Vorfahren russisch-jüdische Einwanderer waren, einen Skandal ins Rollen, der unter anderem seinen Freund González García das Amt kostete. Als erfahrener Journalist muss er die Reaktionen vorausgesehen haben. Die Vermutung steht im Raum, er habe lediglich einer Enthüllung durch Zeitungen des regierungskritischen Medienkonzerns Clarín zuvorkommen wollen.

Recherchen hatten ergeben, dass sich Ge­sundheitsminister González García 3000 Impfdosen zur diskreten Verabreichung an Freunde und Bekannte hatte sichern lassen.

Mindestens 70 Privilegierte mit guten Kontakten ins Ministerium waren bereits geimpft worden, ehe der Fall aufflog, darunter der frühere Staatspräsident Eduardo Duhalde und seine Kinder, Ex-Präsidentschaftskandidat Daniel Scioli, Abgeordnete, Gewerkschafter und der Präsident eines Fußballvereins.

Staatspräsident Der Aufschrei in der Öffentlichkeit nach Bekanntwerden der »VIP-Impfungen« war groß. Staatspräsident Alberto Fernández, der mit der Impfkampagne punkten wollte, geriet in Erklärungsnot. »In Argentinien gibt es keinen Straftatbestand für diejenigen, die sich impfen lassen, bevor sie an der Reihe sind. Leider kann daraus kein Verbrechen konstruiert werden«, sagte er.

Gesundheitsminister González García aber half das nicht. Er nahm seinen Hut – nicht ohne in einem Rücktrittsschreiben seiner Privatsekretärin die Schuld in die Schuhe zu schieben.

Recherchen hatten ergeben, dass sich Ge­sundheitsminister González García 3000 Impfdosen zur diskreten Verabreichung an Freunde und Bekannte hatte sichern lassen.

Neue Gesundheitsministerin wurde die bisherige Staatssekretärin Carla Vizzotti. Die 48-jährige Infektiologin ist so etwas wie das Gesicht der Corona-Strategie der Regierung. Seit knapp einem Jahr informiert sie in morgendlichen Pressekonferenzen die Öffentlichkeit über die aktuelle Corona-Lage.

»Ich habe reagiert und einen Minister verloren. Wenn es mehr Verantwortliche gibt, werden sie gehen müssen, aber ich werde nicht die öffentliche Verspottung übernehmen«, versuchte Präsident Fernández das unangenehme Kapitel zu schließen. Auch er selbst und seine Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner wurden bereits geimpft.

Dies geschah aber im Rahmen eines öffentlichen Auftritts, um das Vertrauen in den Sputnik-V-Impfstoff und damit die allgemeine Impfbereitschaft zu stärken. In Argentinien, das von der Pandemie schwer getroffen wurde und mehr als 50.000 Covid-Tote zu beklagen hat, ist die Impfkampagne erst kürzlich angelaufen. Bisher wird nur der russische Impfstoff verwendet.

Reue Verbitsky hat inzwischen Reue gezeigt. »Meine Impfung war ein schwerwiegender Fehler, den ich bedauere und für den ich mich entschuldige«, sagte er. »Alarmiert über neun Ansteckungen in meiner Familie, die von 70-Jährigen bis zu einjährigen Babys reichten und nach Wochen des Leidens ein Todesopfer kosteten«, habe er den Minister gefragt, ob eine Impfung für ihn »angemessen« sei, versuchte sich Verbitsky zu rechtfertigen.

Mittlerweile erhalten über 70-Jährige wie er ganz regulär einen Impftermin. Damit dürfte der nötigen zweiten Impfdosis, die Verbitsky am 12. März erhalten soll, nichts im Wege stehen.

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

Österreich

Neue Direktorin für das Jüdische Museum Hohenems

Historikerin Irene Aue-Ben-David übernimmt die Leitung und bringt internationale Erfahrung aus Jerusalem mit

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Basel

Mann wollte Juden während des ESC angreifen

Kurz vor dem »Eurovision Song Contest« in der Schweiz wurde ein 25-Jähriger wegen konkreter Gewaltdrohungen festgenommen und ausgewiesen

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Australien

Wie geht es dem »Helden von Sydney«?

Ahmed al-Ahmed gehe es schlechter als angenommen, sagt sein Anwalt. Der muslimische Familienvater drohe, seinen Arm zu verlieren

 16.12.2025

Sydney

Jüdisches Ehepaar stirbt beim Versuch, einen der Angreifer zu stoppen

Boris und Sofia Gurman versuchten, das Massaker vom Bondi Beach zu verhindern, und bezahlten dafür mit ihrem Leben

 16.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns wollen?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Sydney

Opera House erstrahlt mit Bild von Chanukkia

Es ist ein Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft

 16.12.2025

Australien

Faktencheck zum Terroranschlag in Sydney

Nach dem Blutbad am Bondi Beach ist noch vieles unklar. Solche Situationen nutzen Menschen in sozialen Netzwerken, um Verschwörungsmythen zu verbreiten

 15.12.2025

Faktencheck

Ahmed Al Ahmed hat einen Angreifer am Bondi Beach entwaffnet

Ein Passant verhindert Schlimmeres - und wird im Netz umbenannt. Angeblich soll Edward Crabtree einen der Täter von Sydney entwaffnet haben. Doch die Geschichte stammt von einer Fake-Seite

 15.12.2025