Schweiz

LeChaim aus Zug!

Ein guter Kirsch braucht Zeit: Gabriel Galliker-Etter Foto: Peter Bollag

Schweiz

LeChaim aus Zug!

Seit 30 Jahren produziert eine Traditionsfirma im kleinsten Kanton koscheren Kirsch- und Birnenschnaps

von Peter Bollag  13.08.2020 12:01 Uhr Aktualisiert

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Bottalk ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Bottalk angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

»Wenn der Rabbiner kommt, sind wir vorher immer ein bisschen nervös«, gesteht Gabriel Galliker-Etter, der Geschäftsleiter der Firma Etter in Zug. Ein Rabbiner oder eine andere religiöse Aufsichtsperson muss zwingend dabei sein, wenn am Sitz der Traditionsbetriebs in der Nähe des Zugersees wieder einmal koscherer Kirsch oder Williams, also Birnenschnaps, hergestellt werden soll.

Die Firma Etter, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiert, bietet diesen Service nun schon seit mehr als 30 Jahren an. »Der Aufwand für koscheren Kirsch oder Williams ist relativ hoch«, sagt Galliker-Etter.

obst Die großen Behälter beispielsweise, die im Untergeschoss der Firma untergebracht sind und in denen das von den umliegenden Bauernbetrieben direkt gelieferte Obst gelagert wird, müssen vor der koscheren Produktion besonders aufmerksam und genau gereinigt werden, noch intensiver als sonst schon.

»Meistens kommt ein Rabbiner oder eine andere religiöse Aufsichtsperson vorher bei uns vorbei und sieht sich den ganzen Ablauf im Detail an«, erzählt Brennmeister Tobias Hauser, der seit sieben Jahren bei Etter arbeitet.

Erste weitere Schritte zur Herstellung darf man dann aber ohne Aufsicht durchführen, erzählt Hauser weiter. Zum Beispiel kann er die Hefe, die für die Herstellung der Spirituose benötigt wird, selbst zugeben, ohne dass eine jüdische Aufsichtsperson dabei ist, denn: »Diese steht nämlich auf der Koscherliste.«

gärung Wichtig bei der ganzen Produktion ist nicht zuletzt die permanente Reinigung aller benutzen Geräte, wie etwa des Tanks, der für die Gärung benötigt wird. »Sie müssen gut ausgedämpft werden. Wir müssen sie eine Viertelstunde lang über 80 Grad erhitzen«, erklärt Hauser den Vorgang.

Wichtig bei der ganzen Produktion ist nicht zuletzt die permanente Reinigung aller benutzen Geräte.

Später wird die Flüssigkeit in Korbflaschen gelagert und schließlich abgefüllt. Die Handabfüllanlage muss ebenfalls nochmals speziell gereinigt werden, denn »dort füllen wir manchmal auch Grappa ab«, so der Brennmeister. Da Grappa, der aus Trauben gemacht wird, in der Regel nicht koscher ist, stellt sich hier noch ein spezielles Problem. Weil man für einen guten Kirsch Zeit braucht, können zwischen der Herstellung und dem Verkauf unter Umständen mehrere Jahre vergehen.

»Vieles basiert auf gegenseitigem Vertrauen zwischen dem Rabbinat und uns«, sagen Gabriel Galliker-Etter und Tobias Hauser übereinstimmend. Wichtig sei eine gute Zusammenarbeit, damit beide Seiten zufrieden sind. Dass bei Etter schon fast peinlich genau auf Sauberkeit geachtet wird, sei bei der koscheren Produktion von Vorteil: »Dass auch nur ein ganz kleines Insekt bei uns in die Produktion gerät, ist absolut kein Thema und darf es auch nicht sein.«

rohmaterial Was das Rohmaterial, also die Kirschen, angeht, so benötige eine koschere Produktion durchaus eine bis zwei Tonnen Kirschen, sagt Gabriel Galliker-Etter.

Dabei bleibt es allerdings für den Moment auch: Man habe sämtlichen koscheren Kirsch fertig produziert und ausgeliefert, sagt man bei Etter. In der Schweiz vertreibt die Firma Schmerling in Zürich den Kirsch von Etter. Dort heißt es auf Anfrage, im Moment seien keine weiteren Aufträge geplant, man habe aber noch sehr viele Flaschen des Edel-Schnapses, den man selbstverständlich auch noch weiter vertreibe.

Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass auch noch in den kommenden Jahren zu einem Etter-Schnaps greift, wer auf den »Koscher le Pessach«-Stempel Wert legt.

Wie immer es mit der Koscher-Produktion bei der Firma Etter in Zug auch weitergeht – auf die Vergangenheit ist man sehr stolz, bekennt Gabriel Galliker-Etter. »Wir gehen nun also ins 151. Jahr unseres Bestehens, da dürfen wir sagen, dass wir wohl nicht alles falsch gemacht haben.«

Österreich

Jüdische Familie aus Taxi geworfen

In Wien beschimpfte ein Uber-Fahrer seine jüdischen Gäste und attackierte dann den Familienvater

von Nicole Dreyfus  19.08.2025

Tschechien

Im Versteck der Zeit

Auf einem Hügel über Brünn liegt die Villa Wittal, fast unberührt seit der Deportation ihrer Bewohner 1942. Bald wird sie ein Ort für Gäste aus aller Welt – und das Herz eines Festivals, das Geschichte und Gegenwart verbindet

von Kilian Kirchgeßner  19.08.2025

Schweiz

Ein Mandat, das für Irritationen sorgt

Der World Jewish Congress fordert von der UBS mehrere Milliarden Dollar Entschädigung und holt dafür Urs Rohner, Ex-Verwaltungsratspräsident der früheren Credit Suisse, ins Boot

 19.08.2025

Österreich

Auge in Auge mit Antizionisten

Wie spricht man mit Menschen, die Israel hassen? Und was, wenn sie Juden sind? Ein Selbstversuch in Wien

von Gunda Trepp  18.08.2025

Berlin

Sam Altman: Ehrung von Axel Springer SE

Der amerikanische Jude gilt als Vordenker auf dem Feld der KI und als Architekt einer neuen technologischen Ära

 18.08.2025

Meinung

Soll die Schweiz Palästina anerkennen?

Eine Anerkennung von Palästina wäre für die Schweiz ein außenpolitischer Kurswechsel, von dem niemand profitiert

von Nicole Dreyfus  17.08.2025

USA

»Don’t dream it, be it!«

Auch die »Rocky Horror Picture Show« hat jüdische Seiten. Und dabei geht es nicht nur um Bagels. Mazal tov zum Fünfzigsten!

von Sophie Albers Ben Chamo  17.08.2025

Zürich

Die gute Seele der Gemeinde

Seit 13 Jahren sorgt der muslimische Hausmeister Michel Alassani dafür, dass im Gebäude der Israelitischen Cultusgemeinde alles rundläuft

von Nicole Dreyfus  14.08.2025

Slowakei

»Wir würden es als großen Verlust empfinden«

Durch beherztes Handeln konnte die Stadtverwaltung von Prešov die Schließung des örtlichen Jüdischen Museums verhindern

von György Polgár  12.08.2025