Schweiz

Läckerli und andere Vorzüge

Fast die Hälfte ihrer Mitglieder hat die Israelitische Gemeinde Basel (IGB) in den vergangenen 40 Jahren verloren: Waren es Anfang der 80er-Jahre noch etwa 2000, sind es heute nur noch knapp 1000. Die Gründe dafür sind vielfältig, die Überalterung gehört ebenso dazu wie Assimilation und die Abwanderung vor allem jüngerer Leute in größere Städte oder nach Israel.

Und das, obwohl Basel in allgemeiner und in jüdischer Hinsicht viel zu bieten hat. Die Infrastruktur mit Schulen, Kindergärten, zwei koscheren Restaurants und einer Metzgerei stellt so manche große jüdische Gemeinde in Europa in den Schatten. Hinzu kommt, dass Basel trotz aller aktuellen Diskussionen über drohende Terroranschläge als weitgehend sicher gilt.

Rabbiner Die Erkenntnis, dass die Gemeinde langfristig nur überleben kann, wenn neue Mitglieder in die Stadt ziehen, sorgt für eine neue Dynamik. Mitverantwortlich ist dabei der seit zwei Jahren amtierende Rabbiner Mosche Baumel, der früher in Osnabrück amtierte. Er sagt: »Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Basel für Mitglieder kleinerer Gemeinden in Deutschland und anderen Ländern sehr attraktiv ist.«

Baumel ist am Anfang eines kleinen Werbefilms zu sehen, den die IGB in den vergangenen Monaten drehen ließ. Der knapp zehnminütige Streifen soll im Internet einem breiten Publikum die Vorzüge Basels und seiner jüdischen Gemeinde vor Augen führen. Da wird Basel als Kulturstadt und als Welthauptstadt der Pharmaindustrie in den Vordergrund gerückt, es wird auf die direkten Verbindungen einer Billig-Airline von und nach Tel Aviv hingewiesen – und es wird der international erfolgreiche Fußballklub vorgestellt.

Die Frage, ob die IGB im Spektrum der jüdischen Gemeinden zurzeit tatsächlich Champions-League-tauglich ist, beantwortet der Film nicht. Doch lässt er die Vorzüge der Stadt und der Gemeinde auch durch verschiedene Mitglieder gut sichtbar hervortreten. So sagt zum Beispiel eine Mutter von sechs Kindern: »Basel ist auf Familien zugeschnitten.«

Untertitel Gesprochen wird der Filmtext von dem bekanntesten Schweizer Rundfunksprecher Christoph Schwegler. Auch da wollte man offenbar auf Nummer sicher gehen. Und weil man nicht nur die deutschsprachigen Länder im Blick hat, gibt es französische Untertitel; englische sollen folgen.

Doch kann ein solcher Film im Internet, der in den sozialen Medien verbreitet wird, tatsächlich dafür sorgen, dass neue Mitglieder in die Schweizer Grenzstadt ziehen? »Er weckt das Interesse, sich einen Umzug nach Basel zumindest zu überlegen«, sagt Rabbiner Baumel.

Immerhin: Konkrete Anfragen gibt es bereits aus mehreren Ländern. Ob sich aus dem unbestimmten Interesse mehr entwickeln wird – schließlich geht es auch um Jobs sowie Schul- und Kindergartenplätze – werden die nächsten Monate zeigen.

Doch eigentlich könnte die IGB kostenlosen Anschauungsunterricht in der eigenen Stadt nehmen: Denn Basels streng religiöse Israelitische Religionsgesellschaft (IRG), vor 90 Jahren als Abspaltung der IGB entstanden, zeigt, wie man wächst. Sie wurde schon totgesagt und gewinnt doch seit Jahren neue Mitglieder, vor allem kinderreiche Familien. Mit einem kleinen Startkapital und mit Aussicht auf eine Wohnung lockt man sie aus Israel, England oder Belgien in die Rheinstadt. Auf die Idee, einen Film drehen zu lassen, käme die IRG nie.

www.igb.ch/de/kontakt/mitglied-werden

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025

Militär

Name des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk von US-Kriegsschiff gestrichen

Das nach Milk benannte Versorgungsschiff heißt jetzt »USNS Oscar V. Peterson«

 28.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  30.06.2025 Aktualisiert

Aufarbeitung

Brasilien entschädigt Familie von jüdischem Diktaturopfer

Vladimir Herzog gehört zusammen mit dem ehemaligen Abgeordneten Rubens Paiva zu den bekanntesten Diktaturopfern

 27.06.2025

Buenos Aires

Anschlag auf Juden in Argentinien: Prozess nach mehr als 30 Jahren

Am 18. Juli 1994 waren beim Anschlag auf das jüdische Kulturzentrum AMIA 85 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden

 27.06.2025

USA

Die Social-Media-Bändigerin

Die pro-israelische Influencerin Montana Tucker liefert Lehrstücke der modernen Kommunikation im Akkord. Zeit, sich die junge Frau, die mit Tanzvideos berühmt wurde, genauer anzusehen

von Sophie Albers Ben Chamo  26.06.2025

Balkan

Bosnien entschuldigt sich bei Rabbinerkonferenz

Über eine Tagung der Europäischen Rabbinerkonferenz in Sarajevo kam es zum judenfeindlichen Eklat. Mit der jetzt erfolgten Entschuldigung ist der Fall indes noch nicht bereinigt

 26.06.2025