Matera

Gemeinsam für Religionsfreiheit

Zusammengerückt: Rabbiner und Imame in Matera Foto: Gady Gronich

Das süditalienische Matera gilt als einer der ältesten durchgängig besiedelten Orte der Welt und ist in diesem Jahr Kulturhauptstadt Europas. In der Altstadt finden sich die bekannten Höhlensiedlungen Sassi di Matera, die in der Vergangenheit als Schauplatz für Filme wie Ben Hur dienten.

Anfang der Woche erlebte Matera ein Treffen ganz anderer Art: Es tagte das Muslim Jewish Leadership Council (MJLC). 15 Rabbiner und Imame aus ganz Europa waren angereist, um gemeinsame Anliegen zu besprechen. Angesichts der Ausgrenzung religiöser Minderheiten standen im Zentrum der Debatten Anstrengungen, die freie Religionsausübung zu gewährleisten sowie Hassrede und Diskriminierung von Juden und Muslimen in Europa zu bekämpfen.

Anstrengungen Für Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, einen der beiden Vorsitzenden des Rates, sind Religionsfreiheit und Vielfalt zentrale Pfeiler der Europäischen Union. Diese würden in einigen Ländern eingeschränkt, und dagegen müsse man sich mit vereinten Kräften zur Wehr setzen.

Imam Tarafa Baghajati, Gründer der Ini­tiative muslimischer ÖsterreicherInnen, ist einer der treibenden Kräfte hinter dem MJLC. »Ich bin immer wieder erstaunt, wie konstruktiv wir hier miteinander reden. Wir werfen nicht alle Konflikte und Probleme in einen Topf, sondern besprechen als Imame und Rabbiner gezielt jene Fragen, die uns hier betreffen«, so Baghajati.

Konkret verweist er auf die Pläne von Sebastian Kurz in Österreich, nach denen Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs im Unterricht verboten werden soll, und auf das vor Kurzem in Belgien in Kraft getretene Verbot des rituellen Schächtens, das sowohl Muslime als auch Juden in ihrer Religionsfreiheit einschränke.

Es gebe ein sehr freundschaftliches Verhältnis zwischen den beteiligten Rabbinern und Imamen im MJLC. »Es geht da nicht nur um unsere ureigenen Interessen, zum Beispiel den politischen Umgang mit Islam und Judentum. Wir wollen auch zu den allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen in Europa klar Stellung beziehen«, findet Baghajati im Hinblick auf den wachsenden Rechtspopulismus. Auch wie in einigen Ländern mit Flüchtlingen umgegangen werde, sei Thema des Dialogs.

Offenheit So offen über alles zu reden wie jetzt, das habe es früher nicht gegeben. Die Kirchen oder die Politik seien als Vermittler zwischen Rabbinern und Imamen heute nicht mehr nötig.

In einer gemeinsamen Erklärung verpflichten sich die Mitglieder des Dialog­rates, die gemeinsamen Interessen von Muslimen und Juden künftig in der Öffentlichkeit und gegenüber der Politik besser herauszustreichen und zu vertreten.

Das Muslim Jewish Leadership Council wurde 2016 vom König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) ins Leben gerufen. Der Rat ist paritätisch mit Rabbinern und Imamen besetzt und wird gemeinsam von Goldschmidt und dem slowenischen Großmufti Nedžad Grabus geleitet.

Vor allem in Österreich ist das KAICIID umstritten, weil es fast ausschließlich von Saudi-Arabien finanziert wird. Im Mai forderte das österreichische Parlament in einem Entschließungsantrag mehrheitlich den Ausstieg Österreichs aus dem Dialogzentrum, das in Wien diplomatischen Schutz genießt. Anlass waren unbestätigte Berichte über die bevorstehende Hinrichtung eines Jugendlichen in Saudi-Arabien.

Baghajati schüttelt darüber den Kopf. Das Dialogzentrum sei in Fachkreisen anerkannt und erfülle eine wichtige Funktion, meint der Imam. Er hoffe, dass es seine Arbeit fortführen kann, »notfalls in einem anderen Land«, so Baghajati.

Auch Pinchas Goldschmidt ist sich sicher, dass der MJLC unter der Ägide des KAICIID weitermachen kann. Er nennt es »populistisch«, ausgerechnet das Dialogzentrum als Zielscheibe für Kritik an Saudi-Arabien auszuwählen, so der Rabbiner im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. »Wenn man Saudi-Arabien wirklich treffen wollte, müsste man die OPEC aus Wien vertreiben und nicht das KAICIID.«

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025

Militär

Name des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk von US-Kriegsschiff gestrichen

Das nach Milk benannte Versorgungsschiff heißt jetzt »USNS Oscar V. Peterson«

 28.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  30.06.2025 Aktualisiert

Aufarbeitung

Brasilien entschädigt Familie von jüdischem Diktaturopfer

Vladimir Herzog gehört zusammen mit dem ehemaligen Abgeordneten Rubens Paiva zu den bekanntesten Diktaturopfern

 27.06.2025

Buenos Aires

Anschlag auf Juden in Argentinien: Prozess nach mehr als 30 Jahren

Am 18. Juli 1994 waren beim Anschlag auf das jüdische Kulturzentrum AMIA 85 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden

 27.06.2025

USA

Die Social-Media-Bändigerin

Die pro-israelische Influencerin Montana Tucker liefert Lehrstücke der modernen Kommunikation im Akkord. Zeit, sich die junge Frau, die mit Tanzvideos berühmt wurde, genauer anzusehen

von Sophie Albers Ben Chamo  26.06.2025

Balkan

Bosnien entschuldigt sich bei Rabbinerkonferenz

Über eine Tagung der Europäischen Rabbinerkonferenz in Sarajevo kam es zum judenfeindlichen Eklat. Mit der jetzt erfolgten Entschuldigung ist der Fall indes noch nicht bereinigt

 26.06.2025