Österreich

Erleichterte Einbürgerung für Nachfahren von Nazi-Opfern

Hitler am 15. März 1938 in Wien: Zwei Drittel der österreichischen Juden flohen damals vor den Nazis. Foto: imago stock&people

Vor knapp einem Jahr beschloss das österreichische Parlament, Nachfahren von während des Dritten Reiches verfolgten Staatsbürgern der Alpenrepublik die Einbürgerung zu erleichtern. Damit sollten vor allem jene Personen Anspruch auf einen österreichischen Pass bekommen, deren Vorfahren mütterlicherseits während der NS-Zeit verfolgt wurden.

Bislang waren vor September 1983 geborene Kinder, Enkel und Urenkel von österreichischen Müttern, die von den Nazis ausgebürgert worden waren, vom Wiedererwerb der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen.

FRIST Diese Frist wird nun bis 15. Mai 1955 ausgedehnt. Das bedeutet, dass Nachkommen von Personen, vor diesem Datum Österreich verließen, künftig ebenfalls berechtigt sind, die österreichische Staatsangehörigkeit zu erlangen. In diesem Personenkreis sind viele jüdische KZ-Überlebende sowie deren Kinder, Enkel und Urenkel.

Informierten Kreisen zufolge geht die österreichische Regierung von mehreren Zehntausend Anträgen aus.

Darüber hinaus werden auch Angehörige von Staaten von dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht erfasst, die auf dem Gebiet der 1918 untergegangenen österreichisch-ungarischen Monarchie ansässig waren, wenn sie vor ihrer Verfolgung durch die Nazis den Hauptwohnsitz auf dem Gebiet der Republik Österreich hatten. Damals sind auch Juden, die vor 1938 in Österreich lebten, aber keine Staatsbürger der Alpenrepublik waren, eingeschlossen.

ANTRÄGE Adolf Hitler hatte am 13. März 1938 den »Anschluss« seiner Heimat Österreich an das Deutsche Reich verkündet und Truppen einmarschieren lassen. Rund zwei Drittel der knapp 200.000 österreichischen Juden flohen daraufhin vor den Nazis, 65.000 von ihnen wurden ermordet.

Nach Kriegsende wurde das Land zehn Jahre lang von den alliierten Siegermächten verwaltet. Erst im Mai 1955 erlangte es seine volle Souveränität zurück.

Anträge für den österreichischen Pass können mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. September 2020 eingereicht werden. Für Antragsteller, die im Ausland geboren wurden und bislang nicht in Österreich residieren, ist die Landesregierung Wien für das Einbürgerungsverfahren zuständig. Informierten Kreisen zufolge geht die österreichische Regierung von mehreren Zehntausend Anträgen aus.

DOPPELPASS Zwar bestand bislang schon die Möglichkeit für Nachkommen von österreichischen NS-Opfern, einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft zu stellen. Allerdings musste dies oft aufwendig geprüft werden und war sehr langwierig.

Zudem wird mit dem neuen Recht ausdrücklich die Möglichkeit eines Doppelpasses gewährt, was vor allem für Nicht-EU-Bürger, die einen österreichischen Pass beantragen, von Bedeutung sein könnte.

Ihren Wohnsitz müssen die Neubürger übrigens nicht im Land selbst nehmen, sodass anzunehmen ist, dass für viele der neue österreichische Pass in erster Linie eine Reiseerleichterung darstellen wird.

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  01.12.2025

Italien

Der Anti-Banksy

AleXsandro Palombo unterstützt mit seiner Kunst Israel, anstatt es zu verdammen

von Federica Matteoni  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Irland

Dublins Herzog-Park wird vorerst nicht für Palästina befreit

Das ging selbst der israelkritischen Regierung Irlands zu weit: Die Dubliner Stadtverwaltung hat Pläne gestoppt, eine nach Israels sechstem Staatspräsidenten Chaim Herzog benannte Grünanlage umzubenennen

von Michael Thaidigsmann  01.12.2025

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  29.11.2025

Meinung

Wenn ein Botschafter Schoa-Überlebende zu Lügnern erklärt

Tom Rose, neuer US-Botschafter in Warschau, hat in einer Rede die Komplizenschaft Tausender Polen während des Holocaust bestritten. Das ist fatal für das Ansehen der USA

von Menachem Z. Rosensaft  29.11.2025

Großbritannien

Frauen haben Besseres verdient

Die Journalistin Marina Gerner beklagt in ihrem Buch fehlende Innovationen im Bereich Frauengesundheit – und eckt nicht nur mit dem Titel an

von Amie Liebowitz  28.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  28.11.2025

Niederlande

Demonstranten stören Vorlesung in Gedenken an Nazi-Gegner

An der Universität Leiden erzwangen antiisraelische Studenten die Verlegung einer Gedächtnisvorlesung zum Andenken an einen Professor, der während der Nazi-Zeit gegen die Judenverfolgung protestiert hatte

von Michael Thaidigsmann  28.11.2025