Papstvisite

»Ein Zeichen der Kontinuität«

Oberrabbiner Riccardo Di Segni Foto: Flash 90

Herr Oberrabbiner, Papst Franziskus besucht am Sonntag die Große Synagoge von Rom – ein Besuch mit großer Symbolkraft. Wie ist diese Geste zu verstehen?
Dieser Besuch bedeutet zweierlei: Zum einen setzt Franziskus ein Zeichen der Kontinuität. Er ist der dritte Papst, der die Große Synagoge besucht. Damit bekräftigt er eine Art Tradition, die die katholische Kirche hier eingeleitet hat. Es ist ein sehr positives Zeichen der Bestätigung einer Freundschaft. Zum anderen zeigt der Besuch, dass Religionen in Frieden nebeneinander existieren können. Wir leben in einer sehr besonderen Zeit, sowohl im Nahen Osten als auch in Europa. Es wachsen Hass und Gewalt, die mit Religion gerechtfertigt werden. Das Treffen von zwei Weltreligionen in Rom strahlt die entgegengesetzte Wirkung aus.

Der Charakter des Besuches wird als »pastoral« angekündigt. Was bedeutet das?
Das ist eine Definition in der Sprache der katholischen Kirche. Wir verstehen darunter, dass dieser Papst die direkte Kommunikation mit den Menschen sucht. Das ist seine Art. Er will einfach Leute aus der Gemeinde treffen – Sozialarbeiter, Vertreter von Gemeindeorganisationen, Schoa-Überlebende.

Wie bereiten Sie sich auf den Besuch vor?
Wir besprechen alle Details der Einladung sowie die Modalitäten der Zeremonie und der Reden. Jedes Detail erfordert umfassende Vorbereitung.

Wie ist die Stimmung in der Gemeinde?
Sehr positiv. Als Franziskus sich ankündigte, haben wir das als Zeichen der Freundschaft aufgefasst. Wir freuen uns auf ihn. Wir sind eine große Gemeinde mit einer langen und
wechselvollen Geschichte und mit vielen Institutionen – sie alle werden da sein.

Sie selbst haben mehrere Päpste erlebt, erst Johannes Paul II., dann Benedikt XVI. Welchen Stellenwert haben sie jeweils dem jüdisch-christlichen Dialog beigemessen, und wodurch unterscheidet sich Franziskus von seinen Vorgängern?
Jeder Papst hat seinen eigenen Stil. Der erste Besuch 1986 von Papst Johannes Paul II. war ein revolutionärer Schritt – die ganze Atmosphäre damals war davon geprägt. Der zweite Besuch 2010 von Benedikt war eine Bestätigung der Linie seines Vorgängers. So wird der bevorstehende Besuch stark von Franziskus’ Vorliebe für direkten Dialog geprägt sein.

Die Geschichte der Beziehung zwischen dem Vatikan und den Juden ist schwierig. Wie würden Sie das Verhältnis heute beschreiben?
Im Vordergrund stehen unsere Gemeinsamkeiten und unsere guten Beziehungen, nicht etwaige Unstimmigkeiten. Die jüdisch-christlichen Beziehungen sehen wir in einer guten Tradition. Erst letzten Monat hat der Vatikan ein Papier veröffentlicht, in dem die katholische Kirche ausdrücklich auf jeden Versuch verzichtet, Juden zum Christentum zu bekehren. Das heißt nicht, dass es nie Probleme gibt. Aber wichtig ist, die Werkzeuge zu haben, um damit umzugehen.

Mit dem Oberrabbiner von Rom sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.

Damaskus

Syriens Regierung erteilt erster jüdischer Organisation Lizenz

Mit Rabbiner Henry Hamras Stiftung »Jüdisches Erbe in Syrien« wird erstmals seit dem Ende der Assad-Dikatur wieder eine jüdische Organisation in dem arabischen Land aktiv sein

 11.12.2025

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025

Frankreich

Aus Judenhass Gift ins Essen gemischt?

In Nanterre läuft der Prozess gegen eine 42-jährige Algerierin. Sie wird beschuldigt, während ihrer Tätigkeit als Kindermädchen bei einer jüdischen Familie Lebensmittel und Kosmetika absichtlich mit Seife und Haushaltsreiniger vermischt zu haben

 09.12.2025