»Respect-Seder«

Dialog bei Mazze und Traubensaft

Jeden»Respect-Seder« im vergangenen Jahr in Zürich Foto: Christoph Knoch

»Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen?« Viele Fragen stellen – das gilt am Sederabend, vor allem für die Kinder. Fragen stellen, das ist sicher auch eine der wichtigsten Komponenten beim sogenannten Respect-Seder, der in diesem Jahr in Bern stattfindet.

Die Veranstaltung führt seit einigen Jahren Juden und Muslime an einem der Pessachabende zusammen. Aus praktischen Gründen wird jedoch nicht einer der beiden Sederabende selbst gewählt, denn diese verbringen die meisten mit Familie und Freunden. In diesem Jahr findet der »Respect-Seder« am kommenden Montag statt.

Fragen stellen vermutlich auch in diesem Jahr zuerst und vor allem die muslimischen Gäste ihren jüdischen Gastgebern, denn der Seder ist ein Abend voller symbolischer und tiefer, ja manchmal auch rätselhafter Handlungen.

Für etliche Gäste ist der Seder ein Abend voller symbolischer und manchmal auch rätselhafter Handlungen.

Allerdings, so erklärt Noëmi Knoch, Verantwortliche des »Respect-Seder«, werde nicht die ganze Haggada gelesen, sondern man trägt nur Auszüge vor. Dies wohl auch, damit die Teilnehmer genügend Zeit haben, auch noch über aktuelle Themen zu diskutieren, die sich nicht selten aus einer Diskussion über die Haggada ergeben.

Im vergangenen Jahr kamen zum »Respect-Seder« in Zürich rund 60 Personen zusammen. Ein Drittel waren Muslime.

Moses »Um Gemeinsamkeiten zu entdecken, bitten wir die Muslime, eine Koranstelle auszuwählen, die dann vorgetragen wird«, erklärt Noëmi Knoch. Beim letzten Mal tat dies Belkis Osman, Seelsorgerin und Vizepräsidentin der Vereinigung islamischer Organisationen Zürich. Sie wählte eine Textpassage aus, die über eine Konfrontation von Moses – er wird von den Muslimen als Prophet anerkannt – mit dem Pharao erzählt.

»Es war eine spannende Erfahrung für mich, zu sehen, wie mein Vorlesen bei den jüdischen Gästen ankam«, sagt sie ein Jahr später.

Das Organisationsteam hat sowohl die jüdischen als auch die muslimischen Speisevorschriften im Blick.

Auch bei den Getränken hat man die andere Seite im Blick. So wird statt Wein konsequent Traubensaft ausgeschenkt. Weil sowohl die jüdischen als auch die muslimischen Speisevorschriften Beachtung finden, ist das Vorbereitungsteam zu je 50 Prozent aus Vertretern beider Religionsgemeinschaften zusammengesetzt.

Frieden Der Vorbereitungskreis kümmert sich auch darum, dass noch weitere Speiseelemente hinzukommen, die normalerweise nicht unbedingt auf einen Sedertisch gehören, wie etwa Oliven als Zeichen des Friedens.

Doch fehlen natürlich die Klassiker nicht: »Auch in diesem Jahr wird es eine Mazzeknödelsuppe geben«, erzählt Noëmi Knoch. Erfreulicherweise würden sich in ihrer jüdischen Gemeinde, in der sie aufgewachsen ist, junge Leute für das Projekt einsetzen. Unter den muslimischen Gästen wiederum waren in den vergangenen Jahren nicht selten Flüchtlinge aus Afghanistan, Eritrea oder Syrien. Viele von ihnen kannten zuvor keine Juden.

Rund 60 Personen bei einem »Respect-Seder« – das erscheint nicht besonders spektakulär. Doch sollte der Symbolcharakter der Veranstaltung, die meist in Zürich und manchmal in Bern stattfindet, nicht unterschätzt werden.

Die Veranstaltung wird von der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz unterstützt, in der zahlreiche muslimische Verbände zusammengeschlossen sind.

Gemeinsame Projekte von Juden und Muslimen sind auch in der Schweiz eher selten, denn häufig spielt nur allzu schnell die Nahostpolitik mit hinein. Hinter dem »Respect-Seder« steht NCBI, das National Coalition Building Institute, eine trotz des englischen Namens in der Schweiz tätige Organisation, die sich in zahlreichen Projekten für Integration und gegen Diskriminierung einsetzt.

Außerdem wird die Veranstaltung auch von der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS) unterstützt, in der zahlreiche muslimische Verbände zusammengeschlossen sind. Bei einem Besuch bei der Föderation betonte der Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), Herbert Winter, kürzlich die Gemeinsamkeiten der beiden Religionsgemeinschaften. Vielleicht hatte er da auch den »Respect-Seder« im Hinterkopf.

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