Schweiz

Der Staat zahlt für Sicherheit

Jährlich knapp 750.000 Franken bewilligte das Basler Kantonsparlament für die Sicherheitsmaßnahmen der jüdischen Gemeinschaft der Stadt. Foto: Getty Images / istock

Der Marktplatz liegt mitten in Basel. Vergangene Woche stand dieser Platz auch für die jüdische Gemeinschaft im Zentrum. Chabad-Rabbiner Zalman Wischetz­ky entzündete dort am Dienstag wie in jedem Jahr die Chanukkakerzen. Da es wenige Tage zuvor einen Anschlag auf die Chabad-Synagoge gegeben hatte, kamen aus Solidarität mehr Menschen zu dieser Zeremonie als in den Jahren zuvor.

Nur einen Tag später bewilligte das Basler Kantonsparlament, das seinen Sitz im Rathaus direkt am Marktplatz hat, einen jährlichen Betrag von knapp 750.000 Franken (rund 665.000 Euro) für die Sicherheitsmaßnahmen der jüdischen Gemeinschaft der Stadt. Und das mit großer Mehrheit und ohne Gegenstimme.

Vor einem Jahr war ein ähnlicher Antrag in demselben Kantonsparlament noch gescheitert. Die Sozialdemokraten als größte Fraktion im Parlament hatten 2017 gegen die Vorlage gestimmt, weil sie fürchteten, mit der Finanzierung eines privaten Sicherheitsdienstes eine Art Präzedenzfall zu schaffen. Doch diesmal stimmten sie für den Antrag – was den Erfolg ermöglichte.

NOVUM Dazu beigetragen hatte auch die Verhandlungsdelegation der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB), die nach der Enttäuschung vor einem Jahr weiter mit dem Kanton verhandelt hatte. Der nun mehrheitsfähige Kompromiss stellt ein Novum für die Schweiz dar: Der Kanton lässt auf seine Kosten acht Sicherheitsassistenten ausbilden.

Aus Sicherheitsgründen ist über die acht Personen nicht viel bekannt, außer, dass sie alle bewaffnet sein werden. Auch ist davon auszugehen, dass das bisherige Sicherheitspersonal der Gemeinde teilweise weiterhin zum Zuge kommt, denn die Sicherheitsleute sollen zumindest zum Teil Hebräisch sprechen können und sich mit den Örtlichkeiten und den jüdischen Bräuchen gut auskennen. Die Schulung wird aber auf jeden Fall die Polizei übernehmen, die auch die Federführung hat.

Geschützt werden sollen alle jüdischen Institutionen der Stadt. Doch profitieren wird vor allem die IGB, die ihren Haushalt nun um einen deutlichen Betrag entlasten kann. Um einen Sparkurs werde man aber trotzdem nicht herumkommen, sagte der neue IGB-Präsident Manuel Battegay, der die Parlamentsdebatte von der Tribüne aus verfolgt hatte und den Medien anschließend seine Erleichterung mitteilte: »Wäre es hier nicht zu einer Lösung gekommen, hätte die Existenz der Gemeinde auf dem Spiel gestanden«, sagte er.

Kritische Töne über die Abstimmung im Parlament und die Reaktionen darauf waren am vergangenen Wochenende allein von der »Basler Zeitung« zu vernehmen. Ein Kommentator fand, die jüdische Gemeinschaft hätte sich zu enthusiastisch für etwas bedankt, das für alle anderen Bürgerinnen und Bürger der Stadt ganz selbstverständlich sei: der Schutz des eigenen Lebens.

Spanien

Mallorca als Vorbild

Das Stadtparlament von Palma hat eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet – anders als der Rest des Landes

von Sabina Wolf  26.07.2024

Sport

Der Überflieger

Artem Dolgopyat ist in Israel ein Star. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann der Turner Gold, 2023 wurde er Weltmeister. Nun tritt er in Paris an

von Martin Krauß  26.07.2024

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Frankreich

»Man ist schließlich französisch«

Ganz Paris feiert die Olympischen Spiele. Ganz Paris? Nicht alle Juden fühlen sich vom erwünschten »Wir-Effekt« angesprochen. Denn das Land bleibt zerrissen

von Sophie Albers Ben Chamo  25.07.2024

USA

Die zweite Wahl?

Mit dem Rückzug von Joe Biden und der Kandidatur von Kamala Harris könnte das Rennen um die Präsidentschaft noch einmal richtig spannend werden

von Michael Thaidigsmann  24.07.2024

Jüdische Emigration

Die Niederlande - Ein Ort der Zuflucht für Juden?

Die Historikerin Christine Kausch nimmt das Leben jüdischer Flüchtlinge in den Blick

von Christiane Laudage  24.07.2024

Vor 80 Jahren

Von Rhodos nach Auschwitz

1944 wurden 2000 Jüdinnen und Juden von Rhodos nach Auschwitz deportiert. Nur wenige überlebten

von Irene Dänzer-Vanotti  23.07.2024

Jerusalem

Nach Gaza entführter Holocaust-Experte für tot erklärt 

Der Historiker Alex Dancyg ist in der Geiselhaft umgekommen

 22.07.2024