USA

Der Fernseh-Hetzer

Beteuert seine Unschuld: Glenn Beck Foto: dpa

USA

Der Fernseh-Hetzer

Jüdische Organisationen protestieren gegen antisemitische Ausfälle von Medienstar Glenn Beck

von Eva C. Schweitzer  25.01.2011 14:03 Uhr

Glenn Beck, Star des rechtskonservativen TV-Senders Fox News, kommt unter Beschuss: Jüdische Organisationen werfen dem Fernsehkommentator vor, antisemitische Stereoptypen zu verbreiten, insbesondere gegen George Soros, einen jüdischen Milliardär und Finanzier linker Gruppen. In seiner Sendung, die von verschwörungstheoretischen Versatzstücken geprägt ist und von zwei Millionen Zuschauern gesehen wird, warf Beck Soros vor einigen Wochen vor, er habe »Juden in die Todeslager« geschickt.

Mehr als 10.000 Juden in den USA haben nun einen offenen Brief des Jewish Funds for Justice unterzeichnet, in dem Rupert Murdoch, der Besitzer von Fox News, aufgefordert wird, Beck abzusetzen. Zuvor hatte sich schon die Anti-Defamation League besorgt geäußert. Selbst das neokonservative Commentary, das Hausblatt des American Jewish Committee, meinte, Beck verbreite Ignoranz und üble Nachrede. Deborah Lipstadt, britische Professorin für Holocaust-Studien, die durch ihren Prozess gegen den Schoa-Leugner David Irving bekannt wurde, warnte im Jewish Chronicle vor Becks antisemitischen Ausfällen. Die britische Regierung solle es sich sorgfältig überlegen, ob Murdoch unter diesen Umständen den Satellitensender BSkyB erwerben dürfe. Beck ist auch in England auf Sendung.

Attacken Der Mormone, frühere Alkoholiker und Radioclown begann seine Fernsehkarriere bei CNN, wechselte aber bald zu Fox News. Dort attackiert er heute Linke, Liberale, Demokraten und alles, was entfernt intellektuell wirkt. Er rudert mit den Armen, reißt die Brille ab, weint, schreit, schreibt auf eine Tafel – immer auf der Suche nach Verschwörungen. Er warnt vor der Wall Street, der Federal Reserve, Hollywood, der New York Times und eben George Soros.

In einem Drei-Stunden-Special, ausgerechnet am 9. November, stellte Beck Soros als perfiden »Puppenspieler« dar, der Gewerkschaften, Demokraten, den Präsidenten, ja, ganze Staaten mit seinem Geld manipuliere, um eine geheime Weltregierung zu installieren. Soros plane eine »Weimar-artige« Inflation, um »obszöne Profite« zu machen und »Amerika in die Knie zu zwingen«. Soros’ Mutter, so Beck, soll sich geschämt haben, Jüdin zu sein. Ihr Sohn habe, als christlicher Junge getarnt, im faschistischen Ungarn überlebt und als 14-Jähriger geholfen, Juden zu töten.

Verschwörungstheorie Tatsächlich hatte Soros einmal seinen christlichen Ziehvater begleitet, als dieser Eigentum von geflüchteten Juden konfiszierte. »Es ist eine klassische antisemitische Verschwörungstheorie, die Juden für den Holocaust verantwortlich zu machen«, meint J.J. Goldberg vom Jewish Forward. Aber Beck legte nach: Anfang Januar zählte er neun »schattige Figuren« auf, die in den vergangenen hundert Jahren als »intelligente Minderheit« und »Progressive« die Welt mit ihrer Propaganda manipuliert hätten. Acht von ihnen sind Juden, darunter Edward Bernays, der Neffe Sigmund Freuds, dann Freud selbst sowie der Gewerkschaftsboss Andy Stern, der Washington-Post-Kolumnist Walter Lipmann und, natürlich, Soros.

Beck begibt sich nicht zum ersten Mal in eine antisemitische Tradition. Vergangenes Jahr stellte er ein Buch von Eustace Mullins vor, einem Holocaust-Leugner, der die Federal Reserve für einen Teil der »jüdischen Weltverschwörung« hält. Kurz darauf empfahl Beck das Buch The Red Network: A Handbook of Radicalism for Patriots von Elisabeth Dilling, einer amerikanischen Faschistin der 30er-Jahre. In diesem Buch werden 400 kommunistische, anarchistische und sozialistische Organisationen der USA und 1.300 verdächtige Individuen aufgezählt, wie der Gewerkschaftsverband American Federation of Labor, die First Lady Eleanor Roosevelt, der erste jüdische Verfassungsrichter der USA, Louis Brandeis, sowie Albert Einstein. Noch nach dem Krieg nannte sie Präsident Dwight D. Eisenhower »Ike the Kike« (Ike der Itzig).

Diesmal musste Beck zurückrudern. Er habe nicht gewusst, dass Elisabeth Dilling Antisemitin war, sagte er. Aber ansonsten ist er unverdrossen. Er verweist darauf, dass er stramm pro-israelisch sei. Das, so hofft er, bewahrt Murdoch davor, den Aus-Knopf zu drücken.

Ukraine

Auf allen Kanälen

Anna Ukolova ist die russischsprachige Stimme der israelischen Armee. Ein Interview über Blogger, anti-israelische Propaganda und das Leben als Einwanderin

von Eugen El  18.06.2025

Imanuels Interpreten (10)

Kenny G: Das Enfant Terrible des Jazz

Er ist der erfolgreichste Instrumentalmusiker – und der meistgehasste. Warum eigentlich?

von Imanuel Marcus  17.06.2025

Krieg in Israel

Rabbiner: Unterstützung für gestrandete Israelis in Europa

Sie können momentan nicht nach Israel zurück. Jüdische Gemeinden in Europa sind gebeten, sie mit Unterkünften und anderem zu unterstützen. In Gemeinden herrscht unterdessen große Besorgnis, auch wegen der Sicherheit

von Leticia Witte  16.06.2025

Nachruf

Der Lippenstiftverkäufer

Leonard Lauder, der aus dem von seinen Eltern gegründeten Kosmetikunternehmen Estée Lauder einen Weltkonzern machte, ist im Alter von 92 Jahren gestorben

von Michael Thaidigsmann  16.06.2025

USA

Farlir nur nit dein Hofenung

Wie ein schwarzer Kantor in den 1920ern New Yorks Juden verzauberte und sogar durch Europa tourte. Die unglaubliche Geschichte des Thomas LaRue, dessen Stimme erstmals wieder zu hören ist

von Nicole Dreyfus  15.06.2025

Nationaler Sicherheitsrat

Offizielle Warnungen für Israelis und Juden im Ausland

Wachsamkeit, Kooperation und Zurückhaltung. Der israelische Nationale Sicherheitsrat hat Warnhinweise für Israelis und Juden im Ausland veröffentlicht

 13.06.2025

Zürich

Israelhasser wollten Zürich zum Stillstand bringen

Am Donnerstagabend wollten »propalästinensische« Demonstranten durch die Zürcher Innenstadt ziehen

von Nicole Dreyfus  12.06.2025 Aktualisiert

Bosnien und Herzegowina

Goldschmidt: Boykott von Rabbinertreffen ist »eine Schande«

Die Europäische Rabbinerkonferenz kann nicht in Sarajevo tagen. Grund ist der Boykottaufruf eines Ministers. Der CER-Präsident fordert nun Konsequenzen

von Michael Thaidigsmann  12.06.2025

New York

Weinstein in neuem Prozess wieder verurteilt

Der Schuldspruch gegen den ehemaligen Filmmogul im Jahr 2020 galt als Meilenstein – bis er 2024 überraschend kassiert wurde. Nun hat erneut eine Jury geurteilt, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

 12.06.2025