USA

Demokratischer Missionar

Gilt als Polit-Talent: Aaron Keyak Foto: Bluelight Strategies

Seine Bestimmung hat Aaron Keyak anscheinend schon früh gefunden. Bereits als kleiner Junge unternahm er seine ersten politischen Gehversuche. Da steckte er in seiner Heimatstadt San Francisco Wahlwerbung in Briefumschläge.

Kürzlich wurde der heute 35-Jährige vom Team Joe Biden für dessen Kandidatur um das Präsidentenamt angeheuert. Keyaks Titel: »Jewish Engagement Director«.

Wunderkind Die Jewish Telegraphic Agency (JTA) nannte Keyak »das orthodoxe politische Wunderkind, das Biden helfen soll, jüdische Wähler zu gewinnen«. Damit ist seine Jobbeschreibung recht treffend wiedergegeben. Seine – schwierige – Aufgabe: Strategien entwickeln, die Amerikas jüdische Wähler zunächst einmal erreichen und dann noch davon überzeugen sollen, dass Biden am 3. November die beste Wahl ist.

Denn schon vor Donald Trumps knappem Sieg über Hillary Clinton war das ursprünglich unzertrennliche Band zwischen amerikanischen Juden und Demokratischer Partei arg zerschlissen: zu viele Antisemiten in modernen Kostümen des Antizionismus, zu stark die Abkehr der Partei von Israel und zu viele Jungwähler, die Traditionen nicht interessieren – und Israel auch nicht. So entfremdete sich die Partei von ihrer wohl treuesten Wählergruppe – und umgekehrt.

Dieses Band muss Keyak jetzt neu knüpfen. Wieder haben die Demokraten einen – höflich formuliert – Kandidaten der Vergangenheit aufgestellt. Es ist nun an einem 35-Jährigen, seine Altersgenossen davon zu überzeugen, warum der Oppositions-Opa für deren Zukunft der bessere Kandidat sei als der Großvater im Amt, und den Rest der jüdischen Wählerschaft wieder mitzunehmen auf den Weg der Versöhnung einer tief verwundeten und gespaltenen Nation. Diese Aufgabe werde ihn sieben Tage die Woche rund um die Uhr beschäftigen, sagte Keyak – um sich sogleich zu korrigieren: »24/6 natürlich, wegen Schabbat.«

Herausforderungen Neben Israel und dem Verhältnis zu den Demokraten gibt es eine Menge Herausforderungen für Keyak. Das Thema Iran und dessen Streben nach Atomwaffen, die zunehmende antisemitische Gewalt in den USA – und natürlich demokratische Klassiker wie das Gesundheitssystem, die Wirtschaft, rassistische Ungerechtigkeiten im Alltag sowie Corona. Mit den meisten Dingen konnte Keyak schon im Rennen um Obamas Wiederwahl punkten, als er sich mit 27 Jahren um das Einwerben jüdischer Wähler kümmerte.

Dass die Demokraten die jüdischen Stimmen nicht mehr als Selbstläufer verbuchen können, ist dem Absolventen der Washington University in St. Louis klar. »Wir müssen einen Wahlkampf führen, als lägen wir einige Prozentpunkte hinten«, sagte Keyak der JTA – auch wenn Biden im Moment im Mittel aller Umfragen einen zweistelligen Vorsprung vor Trump hat. »Wir müssen wirklich alles dafür tun, eine breite Koalition in den jüdischen Gemeinschaften und der gesamten Öffentlichkeit herzustellen, um klarzumachen: Donald Trump ist nicht Amerika.«

Keyak kauft Trump dessen professionellen Philosemitismus nicht ab – spätestens nicht mehr seit jenem berüchtigten Neonazi-Aufmarsch 2017 in Charlottesville, von dem der Präsident im Nachklang sagte, da seinen »gute Menschen auf beiden Seiten« gewesen.

Keyak ist das, was man in Sport, Militär und in seiner schillernden Branche der Spin Doctors, jener »Politik-Macher«, die Trump so hasst, als Frontschwein bezeichnet.

»Dass die mächtigste Person auf Erden sagte, da seien gute Menschen auf beiden Seiten, und so den Hass noch schürte, hat mich an meinem eigenen Land zweifeln lassen. Ich bin sicher, er hat diese Antisemiten ermutigt. Und er hat gezeigt, wie grundlegend gefährlich er war und ist.«

Keyak ist das, was man in Sport, Militär und in seiner schillernden Branche der Spin Doctors, jener »Politik-Macher«, die Trump so hasst, als Frontschwein bezeichnet – das messerscharf formulierende Gegenstück zum stets dezenten Joe Biden.

Herkunft Bei dem Politik-Talent liegt der Job in der Familie. Sein Großvater Bert Coffey war Chef der Demokraten in Kalifornien, seine Mutter Vicki gründete den Raoul Wallenberg Jewish Democratic Club of San Francisco, und sein verstorbener Vater Jeffrey war Präsident der modern-orthodoxen Synagogengemeinde Congregation Adath Israel in San Francisco.

Kein Wunder, dass jetzt Washington das Zuhause für ihn, seine Frau Avigail Goldgraber und die dreijährige Tochter Shira ist. Man wird gewiss noch viel hören von diesem Aaron Keyak.

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

Mexiko

Antisemitisches Graffiti gegen Claudia Sheinbaum sorgt für Empörung

Die Worte »puta judía« wurden auf Gebäude des Obersten Gerichtshofs geschmiert. Die jüdische Gemeinschaft des lateinamerikanischen Landes verurteilt den sich immer wieder äußernden Judenhass

 17.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025