Schweiz

Bühne für den Judenhass

Dieudonné machte in jüngster Zeit nicht mit Humor, sondern mit Judenhass von sich reden Foto: dpa

Auf die kleine Stadt Nyon am Genfer See könnten aufregende Tage zukommen. Die Behörden haben dem umstrittenen französischen Komiker Dieudonné, der für seine antisemitischen »Spaß«-Attacken bekannt ist, mehrere Auftritte in einem Theater erlaubt. Offenbar geschieht dies jedoch ohne große Begeisterung. Der für Kultur zuständige grüne Stadtrat sagte, der Komiker, den viele gar nicht komisch finden könnten, sei in Nyon eigentlich »nicht willkommen«, doch seien der Stadtverwaltung die Hände gebunden.

Meinungsfreiheit Die Nyoner berufen sich bei ihrer Entscheidung auf ein Urteil des Schweizer Bundesgerichts, das 2010 die Stadt Genf in Sachen Dieudonné zurückgepfiffen hatte. Genf wollte damals ein Gastspiel des Franzosen verbieten, doch die obersten Richter gewichteten die Meinungsfreiheit höher, und der Auftritt fand statt.

Beim Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) und diversen antirassistischen Organisationen in der Westschweiz ist man über die Auftritte, die Anfang Februar und im März stattfinden sollen, besorgt. Allerdings wird gerade von jüdischer Seite betont, dass ein Verbot unter Umständen die falsche Entscheidung gewesen wäre. Doch hat beispielsweise Johanne Gurfinkiel von der Genfer Koordinationsstelle gegen Antisemitismus klare Erwartungen an die Behörden: »Die Staatsanwaltschaft muss bei Dieudonnés Auftritten anwesend sein und Verstöße gegen das geltende Antirassismusgesetz ahnden.« Im Raum steht auch eine mögliche Demonstration vor dem Theater, in dem der Auftritt stattfindet.

Allerdings ist noch nicht klar, mit welchem Programm der Komiker nach Nyon kommen wird, denn hier gilt das Verbot für sein antisemitisches Stück Le mur, das in Frankreich untersagt ist, nicht. Ob Dieudonné die Schweizer Gastfreundschaft missbraucht, um es im Ausland zu spielen, wird sich vermutlich erst am Tag der Aufführung herausstellen.

Ausverkauft Die bereits ausverkauften Auftritte des Le-Pen-Freunds und Israelhassers kommen zu einem Zeitpunkt, da die Schweiz ohnehin gerade über den Humor auf Kosten von Minderheiten diskutiert: So wurde der Berner Stadtpräsident von einer Privatperson angezeigt, weil er in der Öffentlichkeit Witze über Italiener und deren Arbeitsmoral machte.

Und das Schweizer Fernsehen muss sich vor Gericht verantworten wegen eines ausgestrahlten Satirebeitrags, bei dem eine bekannte Schauspielerin mit dicken Lippen und plumper Sprache eine schwarze Frau spielte. Und erst vergangene Woche verklagte der Musiker David Klein den italienisch-schweizerischen Kabarettisten Massimo Rocci. Der hatte in einem Fernsehinterview gesagt, der jüdische Humor wolle immer Zinsen.

Das Thema bleibt also im Fokus der Öffentlichkeit – selbst wenn Dieudonnés Nyoner Gastspiel ohne Aufsehen über die Bühne gehen sollte.

Florenz

Judenretter und Radsportheld

Als Gigant der Landstraße ging Gino Bartali in die Geschichte des Radsports ein. Was der im Jahr 2000 gestorbene Italiener abseits der Rennen leistete, nötigt mindestens ebenso viel Respekt ab

von Joachim Heinz  02.05.2025

Japan

Jüdisch in Fernost

Etwa 1500 Juden sind im Land der aufgehenden Sonne zu Hause. Koscheres Leben ist schwierig. Und sogar hier hat sich seit dem 7. Oktober 2023 einiges verändert

von Eugen El  01.05.2025

Bern

Schweizer Juden reagieren auf Verbot der Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025