Belgien

Aalster Karneval erneut in den Schlagzeilen

Darstellungen von Juden beim Karneval in der flämischen Kleinstadt Aalst (März 2019) Foto: Getty Images / istock

Nach einem Antisemitismusskandal Anfang des Jahres macht der traditionsreiche Straßenkarneval im belgischen Aalst erneut Schlagzeilen. Karikaturen orthodoxer Juden zieren eine Sammlung von Karnevalsbändern, die aktuell in den Verkauf gehen. Es gebe darauf sechs verschiedene Figuren, sagte der Künstler Kris Vonck der Tageszeitung »Het Laatste Nieuws«, die den Fall publik machte.

UNESCO Ebenso auf den Bändern zu finden sind Slogans, die die UNESCO verspotten. Die Weltkulturorganisation will bei einer Sitzung im Dezember in Kolumbien darüber beraten, ob der Aalster Karneval von der Liste des sogenannten Immateriellen Weltkulturerbes gestrichen wird, auf der er seit 2010 steht.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Dem vorausgegangen war ein Skandal im Februar 2019, der international für Aufsehen gesorgt hatte: Auf einem Motivwagen wurden Figuren mit Hakennase, Strejmel und Schläfenlocken präsentiert, die auf Goldmünzen standen. Eine der beiden war ein grinsender orthodoxer Jude, der sich Geld in die Tasche stopft, während eine weiße Ratte auf seiner Schulter sitzt.

Wagen Mit ihrem Wagen stieß die Karnevalsgruppe »Vismooil’n« nicht nur in der jüdischen Gemeinschaft Belgiens auf große Empörung. Die UNESCO verurteilte die Motive als »rassistisch und antisemitisch«.

Vor Kurzem wurden der Bürgermeister der flämischen Kleinstadt, Christoph D’Haese, und sein Beisitzer Jean-Jacques De Gucht deshalb ins UNESCO-Hauptquartier in Paris zitiert, um einem Ausschuss zu erklären, warum der Aalster Karneval nicht antisemitisch sei. Im Anschluss sprachen sie von einem »guten Gespräch«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

D’Haese äußerte sich nun auch zu den Karnevalsbändern und sprach von einem »unglücklichem Timing«, wollte aber nicht einschreiten. Den »Het Laatste Nieuws« sagte er: »Es ist keine Aktion der Stadt, sondern die einer Einzelperson.« Er glaube auch nicht, dass sie die Entscheidung der UNESCO beeinflussen werde, so D’Haese.

Bänder-Designer Vonck gab sich verwundert über die Kritik: Auf seinen Bändern, von denen insgesamt 150 Exemplare an Sammler in Aalst verkauft würden, fänden sich »keine schlechten Dinge«, sagte er der flämischen Zeitung. »Es geht nicht um Vergasung oder Konzentrationslager. Wir machen uns auch nicht direkt über Juden lustig. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf die UNESCO, nicht auf Juden.«

Hakennase Für das Antwerpener Forum der Jüdischen Organisationen sind die Bänder dennoch eine neuerliche Provokation. Forum-Sprecher Hans Knoop erklärte: »Die Tatsache, dass jetzt neue Bilder mit der gleichen stereotypen Hakennase und den gleichen Hüten veröffentlicht werden, ist eine reine Provokation. Das sind Cartoons mit einem unverfälschten antisemitischen Einschlag.«

Vonck verwende stereotype Motive von Juden, wie sie in den 30er-Jahren in der Nazizeitung »Der Stürmer« erschienen seien, so Knoop. Der Humor der Aalster Karnevalisten »unterscheidet sich deutlich von dem, was wir als Humor betrachten«.

antidiskriminierungsstelle Unterdessen hat Unia, eine 2013 geschaffene staatliche belgische Stelle zum Kampf gegen Diskriminierung und für Chancengleichheit, die Aalster Karnevalisten in Schutz genommen. In einem jetzt veröffentlichten Bericht zu den Vorkommnissen in Aalst plädierte die Organisation für mehr Dialog und eine »inklusivere Sichtweise auf folkloristische Veranstaltungen wie den Karneval«.

Unia-Geschäftsführer Patrick Charlier nahm die Karnevalisten in Schutz. Auch wenn die Gefühle von Juden verletzt worden seien, habe es bei der Darstellung der zwei Figuren auf dem Motivwagen keinen gewollten Antisemitismus gegeben.

Kritik übte Charlier dagegen indirekt an Organisationen und Einzelpersonen, die den Karnevalsumzug scharf verurteilt hatten: »Auch Karikaturen, so sie unabsichtlich die Gemüter erregen, dürfen nicht zum Anlass für Drohungen genommen werden.« Die Karnevalisten hätte das sehr getroffen, so der Unia-Direktor.

Rechtlich seien die in Aalst verwendeten Karikaturen nicht zu beanstanden, befand Unia in ihrem Bericht. »Für uns – insbesondere, was den spezifischen Kontext des Karnevals angeht – gab es keinen bewussten Aufruf zum Hass, zur Diskriminierung oder zur Gewalt gegen Juden. Desweiteren ist rassistisches Gedankengut nicht absichtlich verbreitet worden und es stand auch nie zur Debatte, einzelne Personen zu verunglimpfen. Die Karnevalisten haben auch nicht den Holocaust geleugnet. Der Motivwagen spielte nicht auf den Nationalsozialismus oder die Schoa an,« teilte die belgische Antidiskriminierungsstelle in einer Pressemitteilung mit.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Irland

Der Präsident soll nicht reden

Wenn es nach der jüdischen Gemeinschaft geht, soll Michael D. Higgins, irischer Staatspräsident, in diesem Jahr nicht bei der Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag sprechen

von Michael Thaidigsmann  16.01.2025

Ungarn

Abschied von der ältesten Olympiasiegerin

Die legendäre Turnerin Ágnes Keleti ist in Budapest gestorben – nach einem langen, außergewöhnlichen Leben voller Medaillen

von Martin Krauß  15.01.2025

Frankreich

Iris Knobloch bleibt Präsidentin des Filmfestivals Cannes

Sie ist die erste Frau an der Spitze des Festivals

 15.01.2025

Porträt

Die Krankenschwester und der Urwalddoktor

Vor 150 Jahren wurde Albert Schweitzer geboren. An seiner Seite wirkte seine Frau Helene Schweitzer Bresslau – eine Heldin, die oft vergessen wird

von Anja Bochtler  15.01.2025

USA

Betrug mit Corona-Hilfen? Jewish Voice for Peace zahlt mehr als halbe Million Dollar zurück

Um einer Verurteilung zuvorzukommen, zahlt die Organisation freiwillig 677.634 Dollar

von Ralf Balke  15.01.2025

Kalifornien

»Es ist okay, nicht okay zu sein«

Wie die jüdische Gemeinschaft in Los Angeles mit den verheerenden Bränden umgeht – ein Zeugenbericht

von Jessica Donath  13.01.2025 Aktualisiert

Essay

Ritt ins Verderben

Gedanken eines österreichischen Juden zu einer möglichen Kanzlerschaft des Rechtsextremisten Herbert Kickl

von Vladimir Vertlib  12.01.2025 Aktualisiert

Frankreich

Zuflucht vor Mobbing

Weil die Zahl antisemitischer Vorfälle dramatisch steigt, nehmen immer mehr jüdische Eltern ihre Kinder von öffentlichen Schulen und schicken sie auf private. Eine Erkundung in Paris

von Florian Kappelsberger  12.01.2025

Polen

Duda würde Netanjahu nicht verhaften lassen

Am 27. Januar jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 80. Mal. Kommt der israelische Ministerpräsident trotz eines Haftbefehls gegen ihn?

 09.01.2025