Nach der US-Wahl

Zwischen Schock und Höflichkeit

Gemischte Reaktionen auch in Israel: Donald Trump ist der nächste Präsident der USA. Foto: dpa

Das, was viele nicht für möglich gehalten haben, ist eingetroffen: Donald Trump ist der nächste Präsident der USA. Der schockierende Ausgang der Wahl bewegt auch die Gemüter in Israel. Die Reaktionen der israelischen Politiker waren dabei durchweg höflich und professionell. Alle gratulierten der ehemaligen Reality-Fernsehpersönlichkeit, die jetzt als 45. Präsident ins Weiße Haus einziehen wird.

Bis zum Mittag bewahrte Regierungschef Benjamin Netanjahu Stillschweigen. Dann veröffentlichte sein Büro eine Erklärung: »Ich gratuliere Donald Trump zur Wahl zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Er ist ein echter Freund Israels und ich freue mich darauf, mit ihm zusammenzuarbeiten, um Sicherheit, Stabilität und Frieden in der Region voranzubringen.« Er sei sicher, der angehende Präsident Trump werde die besondere Beziehung der beiden Länder stärken und zu neuen Höhen bringen.

Der Likud-Minister Israel Katz war einer der Ersten, der seine Gratulationen gen Amerika sandte: »Ich bin mir sicher, dass unsere guten Verbindungen mit den USA weiterhin bestehen werden.« Israel habe sich nicht in die Wahlen eingemischt, fügte Katz noch hinzu. »Denn wir haben genügend eigene Probleme hier.«

Nir Barkat, der Bürgermeister von Jerusalem, sandte einen Brief an Trump, in dem er den gewählten US-Präsidenten daran erinnerte, die amerikanische Botschaft nach seinem Wahlsieg tatsächlich nach Jerusalem zu verlegen. Derzeit befindet sie sich, wie die der meisten anderen Staaten, in Tel Aviv oder Umgebung. »Ich bin mir sicher, dass Sie unsere Stadt weiterhin stärken und ihre Souveränität bestätigen werden, indem Sie die Botschaft hierher bringen.«

Zweistaatenlösung
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ließ wissen, er wolle mit dem Gewählten auf Basis einer Zweistaatenlösung zusammenarbeiten. Dazu kommentierte Bildungsminister Naftali Bennett (Jüdisches Haus), dass diese Möglichkeit »nun vorbei« sei.

Denn wie Trump in seiner Agenda beschrieben habe, werde es »keinen Palästinenserstaat inmitten Israels geben, der der Sicherheit und dem gerechten Anliegen Israels schade«.

Im Namen des gesamten Parlaments schickte Knessetsprecher Yuli Edelstein (Likud) Gratulationen an Trump: »Wir senden unsere besten Wünsche an das amerikanische Volk und sind sicher, es wird den Herausforderungen in seinem Land und der ganzen Welt vereint gegenüberstehen.«

Facebook Oppositionsführer Isaac Herzog übermittelte »warmherzige Grüße an den neuen Präsidenten der mächtigsten Nation der Welt« auf seiner Facebook-Seite. Heute habe die amerikanische Demokratie gewählt und den Kommentatoren und Skeptikern gezeigt, dass das alte elitäre System ersetzt werden kann. »Sie haben das Unglaubliche – gegen jede Chance – geschafft.«

Seine Kollegin in der Zionistischen Union, Zipi Livni, äußerte sich reservierter ob Trumps Erfolg: »Ich hoffe für die USA und die Welt, dass Donald Trump die Versprechen seiner Rede nach dem Sieg und nicht die während des Wahlkampfes einhält.«

Die Knessetabgeordnete der Arbeitspartei, Merav Michaeli, kann der Wahl Trumps nichts Positives abgewinnen: »Es ist ein schwerer Tag, an dem wir sehen müssen, wie ein Mann gewählt wird, der sich dazu bekannte Frauen zu verletzen und zu beleidigen.« Michaeli hatte sich gewünscht, dass zum ersten Mal eine Frau als Präsidentin der USA gewählt werden würde.

Trump hatte nach seinem Wahlsieg und dem Anruf seiner Gegenkandidatin Hillary Clinton, in dem sie sagte, dass sie sich geschlagen gebe, verkündet, er wolle Amerika einen und ein Präsident für alle sein – auch für jene, die ihm nicht ihre Stimme gegeben hatten.

»Make America Great Again« Viele Israelis und Touristen waren in der Nacht wach geblieben und hatten die Wahl vor den Fernsehern und Computern verfolgt. Auch in den Hotels und Jugendherbergen blickten vor allem die amerikanischen Besucher gebannt auf das, was sich vor ihren Augen abspielte.

In Jerusalem frohlockten Unterstützer der Republikaner in roten T-Shirts schon vor dem Ausgang der Wahl und skandierten den Slogan ihres Kandidaten: »Make America great again!«

Bei den Clinton-Unterstützern mischte sich in die anfängliche Hoffnung zu Beginn der Nacht große Sorge, je mehr Stimmen ausgezählt waren. Am Morgen dann flossen bei vielen die Tränen. »Ich kann es nicht glauben, es darf einfach nicht wahr sein«, schluchzt Aley Wiener, Studentin aus New York und überzeugte Demokratin. Weiner spielt schon eine Weile mit dem Gedanken, nach ihrem Universitätsabschluss Alija zu machen. »Jetzt habe ich keinen Zweifel mehr. Ich kehre nicht zurück in die USA mit dieser frauenfeindlichen und aggressiven Witzfigur im Oval Office.«

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Westjordanland

Messer- und Autoangriff auf israelische Soldaten

Innerhalb weniger Stunden kam es zu gleich zwei Anschlägen auf Vertreter des israelischen Militärs

 02.12.2025

Tel Aviv

Was passiert nach Netanjahus Begnadigungsantrag?

Versuche, die Prozesse durch eine Absprache zu beenden, gab es bereits. Selbst die Richter regten eine Einigung an. Wie steht es um die beantragte Begnadigung?

 01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Ehemalige Geiseln

»Eli war wie ein Vater für mich«

Alon Ohel und Eli Sharabi treffen sich nach der Freilassung zum ersten Mal wieder

von Sabine Brandes  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Jerusalem

Sa’ar kritisiert geplante Umbenennung des Dubliner Chaim-Herzog-Parks

Israels Präsident und Außenminister üben scharfe Kritik. Von einem »schändlichen und beschämenden Schritt« ist im Büro Isaac Herzogs die Rede

 01.12.2025

Tel Aviv

Tausende demonstrieren für Ran Gvili und Sudthisak Rinthalak

Der Vater von Ran Gvili sagt, es dürfe keinen »nächsten Schritt« geben, solange die Terroristen die letzten Leichen nicht herausgäben

 01.12.2025

Jerusalem

Bennett befürwortet Begnadigung Netanjahus – unter einer klaren Bedingung

Israel sei »ins Chaos und an den Rand eines Bürgerkriegs geführt worden«, so der Oppositionspolitiker. Um das Land aus dieser Lage herauszuholen, unterstütze er ein »verbindliches Abkommen«

 01.12.2025