Klimawandel

Stürmische Zeiten

Hitze in der Stadt wie am Strand: Der Meteorologische Dienst in Israel warnt vor einem Anstieg der Anzahl der Tage mit einer Spitzentemperatur von über 34 Grad Celsius in den nächsten drei Jahrzehnten. Foto: Flash 90

Härtere Winter, stärkere Stürme, unerträgliche Hitzewellen: Neue Daten aus Israel zeigen, dass der Klimawandel schneller voranschreiten könnte, als es bislang vorhergesagt wurde. Zwei aktuelle Studien besagen, dass Stürme in der südlichen Hemisphäre bereits ein Intensitätsniveau erreicht haben, das zuvor für das Jahr 2080 angenommen wurde und Israel sich doppelt so stark wie der globale Durchschnitt erwärmt. Hitzewellen fordern viele Todesopfer.

Ein Team von Wissenschaftlern um Rei Chemke von der Abteilung für Erd- und Planetenwissenschaften des Weizmann-Instituts in Rechovot stellte eine erhebliche Intensivierung von Winterstürmen auf der Südhalbkugel fest. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Yi Ming von der Princeton University und Janni Yuval vom MIT, beide USA.

Langzeitwirkung Bislang hätten Klimamodelle eine vom Menschen verursachte Intensivierung von Winterstürmen erst gegen Ende dieses Jahrhunderts prog­nostiziert. Doch Chemke und sein Team verglichen Klimamodellsimulationen mit aktuellen Sturmbeobachtungen. Ihre Entdeckung stimmt düster: Es wurde deutlich, dass die Verstärkung der Stürme in den vergangenen Jahrzehnten bereits ein Ausmaß erreicht hat, das erst für Ende des Jahrhunderts vorhergesehen wurde.

Zusammengenommen hätten diese Stürme einen erheblichen Einfluss auf die Übertragung von Wärme, Feuchtigkeit und Impuls innerhalb der Atmosphäre, »was sich folglich auf die verschiedenen Klimazonen auf der Erde auswirkt«, so Chemke. Ein Beispiel dafür sei »die Rolle der Stürme bei der Regulierung der Temperatur an den Polen der Erde. Winterstürme sind für den größten Teil des Wärmetransports aus tropischen Regionen in Richtung der Pole verantwortlich. Ohne ihren Beitrag wären die durchschnittlichen Poltemperaturen etwa 30 Grad niedriger«, weiß der Experte.

Den Wissenschaftlern, die an der Spitze der Erforschung des Klimawandels stehen, dienen etwa 30 riesige komplizierte Computernetzwerke.

Den Wissenschaftlern, die an der Spitze der Erforschung des Klimawandels stehen, dienen etwa 30 riesige komplizierte Computernetzwerke. Darin enthalten sind Rechenmodelle, die die unzähligen physikalischen, chemischen und biologischen Phänomene kombinieren, die zusammen das Klima unseres Planeten bilden. Die Modelle berechnen den Zustand der Erdatmosphäre, der Ozeane, des Festlandes und des Eises, erfassen vergangene und gegenwärtige Klimaschwankungen und verwenden die Daten dann, um zukünftige Klimaveränderungen vorherzusagen.

Diese Ergebnisse werden von führenden Forschungsinstituten auf der ganzen Welt, einschließlich des Weizmann-Instituts, analysiert und dann in den Bewertungsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) der Vereinten Nationen aufgenommen.
Die Studie von Chemke, Ming und Yuval hat zwei unmittelbare Implikationen.

Sie zeigt zunächst, dass nicht nur die Klima­prognosen für die kommenden Jahrzehnte schwerwiegender sind als frühere Einschätzungen, und sie deutet darauf hin, dass menschliche Aktivitäten einen größeren Einfluss auf die südliche Hemisphäre haben könnten als bisher angenommen. Das zeige, meint das Weizmann-Institut, »dass ein schnelles und entschiedenes Eingreifen erforderlich ist, um die Klimaschäden in dieser Region zu stoppen«.

Vorbereitungen Eine andere aktuelle wissenschaftliche Untersuchung ergibt, dass Hunderte Israelis in den vergangenen zehn Jahren aufgrund von Hitzewellen gestorben sind – mehr als bisher angenommen. Die Studie unter Leitung des Umweltschutzministeriums und der Universität Tel Aviv (TAU) schätzt, dass 363 Israelis während acht Hitzewellen zwischen 2012 und 2020 starben. Dies seien »übermäßige Todesfälle«.

Eine andere aktuelle wissenschaftliche Untersuchung ergibt, dass Hunderte Israelis in den vergangenen zehn Jahren aufgrund von Hitzewellen gestorben sind.

Umweltschutzministerin Tamar Zandberg hatte die Untersuchung angeordnet, nachdem eine besonders starke Hitzewelle im Mai 2020 zum Tod von etwa 150 Israelis geführt hatte. Die Studie fand heraus, dass »in den Wochen, in denen es Hitzewellen gab, ein starker und signifikanter Anstieg der Sterblichkeit auftritt« und im Durchschnitt »jede Hitzewelle in Israel zum Tod von 45 Menschen führt, deren Leben hätte gerettet werden können, wenn angemessene Vorbereitungen getroffen worden wären«.

schätzungen Zandberg hatte die führende Wissenschaftlerin ihres Ministeriums, Noga Kronfeld-Schor, beauftragt, das Forschungs­team zu leiten. Im vergangenen Jahr schlossen sich Dan Yamin und Erez Shmueli von der Tel Aviv University dem Projekt an. Die Wissenschaftler gehen sogar davon aus, »dass die tatsächlichen Zahlen höher sind als unsere Schätzungen«.

Der Meteorologische Dienst in Israel warnt, dass die meisten israelischen Städte in den nächsten drei Jahrzehnten einen Anstieg der Anzahl der Tage mit einer Spitzentemperatur von über 34 Grad Celsius erleben werden. Die Welt hat sich seit 1850 um 1,1 Grad Celsius erwärmt, Israel seit 1950 bereits um 1,5 Grad.

Hagai Levine, Vorsitzender der Vereinigung der Ärzte für öffentliche Gesundheit und Professor für Epidemiologie an der Hebräischen Universität in Jerusalem, ist überzeugt: »Die Klimakrise verursacht bereits den Tod von Israelis, und es wird erwartet, dass sich die Situation nur noch verschlimmert.«

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