Israel

Pensionierte Richter warnen eindringlich vor geplanter Justizreform

Der Oberste Gerichtshof in Israel Foto: Flash90

Rund 70 pensionierte israelische Richter sehen durch geplante Gesetzesänderungen der neuen Regierung die Grundwerte des Landes gefährdet. »Die Unabhängigkeit der Justiz ist für ihre Rolle als Gegengewicht zu den beiden anderen Gewalten, der Legislative und der Exekutive, unerlässlich«, heißt es in einem offenen Brief der Juristen.

Darin warnen die Unterzeichner insbesondere vor der vorgeschlagenen Außerkraftsetzungsklausel, die das oberste Gericht als Kontrollinstanz ausschalten würde.

Die wesentliche Rolle der Richter im israelischen Justizsystem bestehe darin, »die Grundwerte des Staates seit seiner Gründung zu bewahren, darunter den Schutz der Menschenrechte, die Reinheit unserer Ideale und die Rechtsstaatlichkeit«, so die Richter weiter. Maßnahmen, die diesen Werten schadeten, könnten auch dem Bild Israels in der Welt schaden.

Konkret forderten die Unterzeichner laut Bericht, »alle Maßnahmen zu stoppen, die die Rechtsstaatlichkeit und die Grundlagen unserer verfassungsmäßigen demokratischen Ordnung beeinträchtigen könnten«. Besonders warnen sie vor der Umsetzung der vorgeschlagenen Außerkraftsetzungsklausel, die es dem Parlament ermöglichen würde, gegen das Grundgesetz verstoßende Gesetze zu erlassen.

Die Klausel sieht vor, dass eine einfache Mehrheit von 61 Parlamentariern Entscheidungen des obersten israelischen Gerichts überstimmen können. Die neue Regierung, deren Vereidigung für Donnerstag geplant ist, wird voraussichtlich über 64 Mandate verfügen.

Gegen die mögliche Reform hatten sich bereits im November rund 100 israelische Juradozenten ausgesprochen. Sie könne »dem Schutz der Menschenrechte in Israel ernsthaft schaden und ein Klagelied für Generationen sein«, hieß es in einem offenen Brief.

Zu den maßgeblichen Befürwortern der Klausel zählen das rechtsextreme, nationalreligiöse Bündnis aus Otzma Jehudit, Religiösen Zionisten und der homophoben Noam, aber auch die ultraorthodoxen Parteien im rechten Lager.

Der Oberste Gerichtshof erfüllt in Israel auch die Funktion eines Verfassungsgerichts und prüft, ob Gesetze gegen Grundrechte verstoßen. Eine kodifizierte Verfassung hat das Land bis heute nicht. Als Ersatz gelten eine Reihe von Grundgesetzen, in denen unter anderem die Gleichheit aller Bürger festgeschrieben ist. Die Gesetze können mit einfacher Mehrheit im Parlament geändert werden.

1995 urteilte der Oberste Gerichtshof, das Grundgesetz habe halbverfassungsrechtlichen Status. Dem Gericht komme daher die Autorität zu, von der Knesset verabschiedete Gesetze für nichtig zu erklären, wenn sie mit dem Grundgesetz unvereinbar sind.

Seitdem hat es auf dieser Grundlage 22 Gesetzesinitiativen gekippt. In vielen Fällen ging es um die Rechte von Minderheiten wie illegalen Arbeitsmigranten oder LGTBQ-Personen. kna

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Die letzte Geisel in Gaza

»Er ging als Erster – er kommt als Letzter zurück«

Ran Gvili war ein Polizist einer Eliteeinheit, der trotz gebrochener Schulter in den Kampf zog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Prozess

Bitte um Gnade

Premierminister Netanjahu wendet sich überraschend an Staatspräsident Herzog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

Tel Aviv

Fast jeder vierte Israeli denkt über Auswanderung nach

Unter säkularen Juden ist die Zahl derer, die ein Auswandern erwägen, größer als in religiösen Gruppen und bei israelischen Arabern

 04.12.2025

Gaza

Sudthisaks letzte Reise hat begonnen

Der Leichnam des thailändischen Landarbeiters Sudthisak Rinthalak wurde am Mittwoch überführt. Nun befindet sich noch eine tote Geisel in Gaza, nämlich die von Ran Gvili

von Sabine Brandes  04.12.2025

Barcelona

Guinness World Records blockiert Bewerbungen aus Israel

Die israelische NGO Matnat Chaim will im kommenden Monat 2000 Nierenspender zusammenbringen. Dieser Rekord wird nicht registriert, da er im jüdischen Staat umgesetzt werden soll

 04.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert