Wien / Jerusalem

Österreich will mit Israel Impfstoff produzieren

Israels Premier Benjamin Netanjahu (r.) und Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz (Juni 2018) Foto: imago/UPI Photo

Österreich und Dänemark wollen nicht mehr auf die Europäische Union warten. Bundeskanzler Sebastian Kurz aus der Alpenrepublik und die dänische Premierministerin Mette Frederiksen werden am Donnerstag in Israel erwartet, um mit Regierungschef Benjamin Netanjahu über die Beschaffung und Produktion von Vakzinen zu sprechen. Damit erleidet die europäische Solidarität in Sachen Impfstoffe einen weiteren Schlag.

TREFFEN In erster Linie soll es bei dem Treffen um die Forschung und Kooperation für die nächste Generation an Vakzinen gehen. Kurz hatte am Dienstag gesagt, dass sein Land und Dänemark sich bei Impfstoffen nicht weiter ausschließlich auf die EU verlassen wollten.

Gegenüber der österreichischen Presseagentur APA erklärte Kurz, es sei prinzipiell richtig, einen europaweiten Ansatz für die Impfungen zu verfolgen, jedoch meine er, dass die Arzneimittelbehörde der EU (EMA) zu langsam bei der Genehmigung der Impfstoffe ist.

»Wir müssen uns auf die kommenden Mutationen vorbereiten.«

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz

»Wir müssen uns auf die kommenden Mutationen vorbereiten und sollten nicht länger ausschließlich von der EU abhängig sein, wenn es um die Produktion von Vakzinen der zweiten Generation geht.« Man werde stattdessen in den kommenden Jahren zusammen mit Israel Impfstoffe herstellen und zudem gemeinsame Behandlungsmöglichkeiten erforschen.

Damit liegt Kurz ganz auf einer Linie mit Netanjahu. Die beiden pflegen seit Jahren ein freundschaftliches Verhältnis, der israelische Regierungschef wurde oft als »väterlicher Freund« von Kurz bezeichnet.

KINDER Netanjahu hatte am Wochenbeginn in einem Interview gesagt, dass er »sofort 36 Millionen weitere Impfdosen beschaffen« will. Man brauche alle sechs Monate 18 Millionen neue Mittel, um die gesamte Bevölkerung im Land zu impfen, führte er aus. Dabei ist er überzeugt, dass bald auch ein Vakzin existieren wird, das Kindern verabreicht werden kann. »Es gibt eine riesige Konkurrenz unter den Ländern, und ich bin entschlossen, bei der Einfuhr von Millionen Impfdosen erneut die Länder der Welt anzuführen.«

Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte in Kopenhagen, es gehe darum, wie man angesichts des großen und langfristigen Bedarfs an Impfstoffen die Produktionskapazitäten wesentlich steigern könne. Dies könne auch den gemeinsamen Bau von Fabriken für Impfstoffe bedeuten. Die Zusammenarbeit mit Israel betrachte sie nicht als einen Bruch der Kooperation in der EU. Die Israelis seien bei ihrem Impfprogramm Vorreiter, und davon solle Europa lernen.

»Man kann nicht irgendein Modell nehmen und es der EU überstülpen.«

Sprecher EU-Kommission, Eric Mamer

Die EU hat Verträge mit den Unternehmen Moderna, AstraZeneca, Sanofi-GSK, Johnson&Johnson, BioNTech-Pfizer und CureVac unterzeichnet. Im Angesicht von Produktions- und Lieferschwierigkeiten jedoch liegt die Impfkampagne gegen das Coronavirus in den Mitgliedstaaten der Union weit hinter denen von Israel, Großbritannien und den USA.

Nach Angaben der EU sind mittlerweile rund 33 Millionen Impfungen durchgeführt worden, elf Millionen Europäer seien vollständig immunisiert. Impfstofffabriken in der Europäischen Union versorgten derzeit viele andere Länder mit Vakzinen, während aus den USA und Großbritannien wenig oder gar nichts exportiert werde.

HERAUSFORDERUNGEN Der Sprecher der EU-Kommission, Eric Mamer, erklärte, dass die Europäische Union mit 27 Mitgliedstaaten und einer Bevölkerung von 450 Millionen viel größeren Herausforderungen ausgesetzt ist als das kleine Land Israel. »Man kann man nicht irgendein Modell nehmen und es der EU überstülpen.« Er betonte, dass jedes Land für den Roll-out der Impfkampagne selbst verantwortlich sei.  

In dem Neun-Millionen-Einwohner-Staat Israel sind mittlerweile in einer außerordentlich erfolgreichen Aktion 4,8 Millionen Menschen geimpft worden. 52 Prozent der Bevölkerung haben die erste Spritze erhalten, 38 Prozent bereits die zweite. Bislang ist dafür ausschließlich das Mittel von BioNTech-Pfizer benutzt worden.

Meinung

Für das Leben entscheiden

Die Fortführung der Kampfhandlungen in Gaza gefährdet das Leben der Geiseln und den moralischen Fortbestand Israels. Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden

von Sabine Brandes  16.09.2025

Genf

UN-Kommission wirft Israel Genozid vor

In einem Bericht ist von vier erfüllten Tatbeständen des Völkermords die Rede. Die Weltorganisation verweist auf »das Verhalten politischer und militärischer Behörden«

 16.09.2025

Sarah Cohn-Fantl auf einem Gelände, auf dem Hilfslieferungen für Gaza lagern

Gaza

Hilfspakete so weit das Auge reicht

Nur selten lässt Israel Journalisten in das Kriegsgebiet. Unsere Autorin war vergangenen Mittwoch bei einer von der Armee begleiteten Fahrt am Rande des Küstenstreifens dabei und berichtet von ihren Eindrücken

von Sarah Cohen-Fantl  16.09.2025

Nahost

Bericht: Netanjahu informierte Trump vor Angriff in Doha

Der israelische Ministerpräsident soll den US-Präsidenten fast eine Stunde vor der Attacke auf Hamas-Führer unterrichtet haben. Trumps Version der Ereignisse klang dagegen ganz anders

 16.09.2025

Jerusalem

Rubio äußert Zweifel an diplomatischer Lösung für Gaza-Krieg

Der US-Außenminister trifft in Israel Vertreter des Landes. In einem Interview äußert er sich dort zu den Chancen für ein Ende des von der Hamas begonnenen Krieges

 16.09.2025

Nahost

Gaza-Stadt: Bodenoffensive der IDF beginnt

Während die israelische Armee vorrückt, protestieren dagegen Angehörige von Geiseln vor der Residenz Netanjahus in Jerusalem

 16.09.2025

Nahost

Bericht: Mossad verweigerte Doha-Angriff

Dem Luftangriff gegen die Hamas-Anführer in Katar gingen offenbar schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierung und Geheimdienst voran

von Sabine Brandes  15.09.2025

Gazakrieg

Wie sich Emily Damari den Terroristen widersetzte

Die ehemalige Geisel hat in London über ihre Gefangenschaft in Gaza gesprochen und darüber, wie sie trotz schrecklicher Bedingungen eine »aktive Rolle« einnehmen konnte

 15.09.2025

Nahost

Netanjahu nennt Kritik nach Angriff in Katar »Heuchelei«

US-Außenminister Rubio trifft nach Israels Angriff auf die Hamas in Katar Netanjahu. Die USA wollen laut Rubio »unabhängig davon, was geschehen ist« weiterhin die drängenden Probleme der Region lösen

 15.09.2025