Jerusalem

Netanjahu scheitert mit Regierungsbildung

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am 20. April bei einer Pressekonferenz Foto: Flash 90

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist nach der vierten Parlamentswahl binnen zwei Jahren mit der Bildung einer Regierung gescheitert. Eine entsprechende Frist lief um Mitternacht in der Nacht auf Mittwoch ab.

Damit steht das Lager der Gegner Netanjahus vor einer Chance, die Ära des 71-Jährigen zu beenden. Ob ihnen dies gelingt, ist aber noch völlig offen. Israel verharrt zugleich in seiner politischen Krise. Netanjahu verbleibt zunächst an der Spitze einer Übergangsregierung.

KORRUPTIONSPROZESS Netanjahu ist seit zwölf Jahren durchgängig im Amt und der am längsten amtierende Ministerpräsident in der Geschichte des Landes. Gegen ihn läuft ein Korruptionsprozess. Er weist die darin erhobenen Vorwürfe zurück.

Es wurde erwartet, dass Staatspräsident Reuven Rivlin am Mittwoch Oppositionsführer Jair Lapid mit der Regierungsbildung beauftragen könnte. Seine Zukunftspartei gehört zur politischen Mitte. Beobachtern zufolge dürfte jedoch auch für ihn die Bildung einer Koalition nicht einfach sein.

Eine fünfte Neuwahl ist nicht ausgeschlossen. Sollte es dazu kommen, hätte auch Netanjahu möglicherweise wieder die Chance, Ministerpräsident zu werden.

MANDAT Ein vom Präsidenten bestimmter Kandidat hat vier Wochen Zeit für die Bildung einer Koalition, er kann eine zweiwöchige Verlängerung beantragen. Rivlin könnte das Mandat aber auch der Knesset erteilen. Liegt das Mandat beim Parlament, kann jeder Abgeordnete versuchen, binnen 21 Tagen die Unterstützung von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier zu finden.

Danach hat er noch einmal zwei Wochen Zeit, eine Koalition zu schmieden. Scheitert dies, löst das Parlament sich automatisch auf und es gibt eine fünfte Neuwahl.

Rivlin hatte nach der Abstimmung vom 23. März zunächst Netanjahu mit der Regierungsbildung beauftragt. Dessen Likud ging aus der Wahl als stärkste Kraft hervor. Dem 71-Jährigen gelang es allerdings nicht, das von ihm angestrebte Bündnis rechter und religiöser Parteien zu bilden.

BÜNDNISSE Netanjahu hätte dafür die Religiös-Zionistische Partei um Bezalel Smotrich und die arabische Partei Raam hinter sich versammeln müssen. Die ultrarechte jüdische Partei lehnte aber eine Kooperation mit den arabischen Abgeordneten ab. Auch die ultrarechte Jamina-Partei von Naftali Bennett vermied ein klares Bekenntnis zu Netanjahu.

Netanjahu hatte nach der Wahl bei Beratungen der Parteichefs mit Präsident Rivlin die meisten Empfehlungen für die Regierungsbildung erhalten. 52 Abgeordnete sprachen ihm ihre Unterstützung aus. Lapid von der in der politischen Mitte angesiedelten Zukunftspartei erhielt mit 45 Stimmen die zweitmeisten Empfehlungen. Beobachter gehen daher davon aus, dass Rivlin nun ihm das Mandat zur Regierungsbildung erteilt.

MEHRHEIT Lapids Problem ist, dass sein vor allem aus Netanjahu-Gegnern bestehendes Lager ebenfalls auf keine Mehrheit im Parlament kommt. Für eine Mehrheit müsste der 57-Jährige ebenfalls eine Reihe von Parteien einbinden, die im politischen Spektrum weit auseinander liegen. Das Lapid-Lager braucht die Unterstützung der Jamina-Partei sowie einer arabischen Partei oder der Religiös-Zionistischen Partei.

LAGER Die Lage in Israel ist so vertrackt, weil die Parteienlandschaft stark zersplittert ist. Sowohl das rechte als auch das linke Lager setzen sich aus mehreren Parteien zusammen. An den Rändern gibt es weitere Abspaltungen wie etwa die Ultrarechten. Bei der Wahl Ende März ging es nicht wie sonst häufig in Israel um eine Entscheidung zwischen rechtem oder linkem Lager, sondern um die Frage, ob man für oder gegen Netanjahu ist.

Auch wenn sie einem Lager angehören, sind manche Parteien nicht bündniskompatibel. Neben programmatischen Differenzen geht dies auch auf persönliche Animositäten zurück. So gilt Netanjahus Beziehung zu anderen Hauptfiguren des rechten Lagers wie Bennett, Gideon Saar oder Avigdor Lieberman als sehr schwierig. dpa

Hamburg

Block-Prozess: Israelischer Firmenchef vernommen

Die Block-Kinder sollen an Silvester 2023/24 von einer israelischen Sicherheitsfirma aus der Obhut ihres Vaters entführt worden sein. Nun hat der Firmenchef bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt

von Bernhard Sprengel, Sebastian Engel  18.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  18.11.2025

Westjordanland

Terroranschlag: Ein Israeli getötet, drei Verletzte

Am Gusch-Ezion-Knotenpunkt rammen palästinensische Terroristen Passanten mit ihrem Fahrzeug

 18.11.2025

Meinung

Die Schönwetterfreunde Israels sind zurück! 

Die Wiederaufnahme der Waffenexporte ist richtig und notwendig. Doch das ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und vieler Juden vorerst verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025 Aktualisiert

Riad/Washington

USA liefern F-35-Kampfjets an Saudi-Arabien

Bislang wurden diese in der Region nur an den engen Verbündeten Israel abgegeben

von Christoph Meyer, Cindy Riechau, Franziska Spiecker  18.11.2025

Justiz

Urteil: Mehr Macht für den Justizminister

Kritiker warnen, dass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Fall Sde Teiman die Tür für eine Politisierung der Strafverfolgung öffnet

von Sabine Brandes  18.11.2025

Internationaler Strafgerichtshof

Israel beantragt Aufhebung des Haftbefehls gegen Netanjahu

Auch fordert fordert Jerusalem die vollständige Enthebung von Chefankläger Karim Khan von allen Verfahren, die den jüdischen Staat betreffen

 18.11.2025

Westjordanland

Israel will gegen illegale Selbstjustiz vorgehen

Zuletzt häuften sich Angriffe radikaler Siedler. Generalstabschef Zamir: Israels Militär wird das nicht tolerieren

 17.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025