Seit dem 7. Oktober 2023 sind fast 700 Tage vergangen. Fast 700 Tage, in denen Menschen von der palästinensischen Terrororganisation Hamas festgehalten werden. Fast 700 Tage, in denen sie gefoltert, misshandelt, in Dunkelheit und Angst gefangen sind. Fast 700 Tage, in denen die deutsche Politik sie im Stich lässt.
Am 7. Oktober ermordete die Hamas über 1200 Menschen und verschleppte mehr als 250 in den Gazastreifen. Es war der größte antisemitische Angriff seit dem Holocaust. Viele Geiseln wurden getötet, andere leben noch – irgendwo in den Tunneln von Gaza. Unter ihnen auch Deutsche. Unsere Mitbürger. Auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen, ist unsere Verantwortung.
Und doch: Ihre Namen sind nicht auf unseren Lippen. Ihre Gesichter nicht auf unseren Titelseiten. Ihr Schicksal nicht in unserem Bewusstsein. Deutschland redet geradezu obsessiv über Israel. Über Siedlungen. Über »Verhältnismäßigkeit«. Über angeblichen »Völkermord«. Aber über die Geiseln? Über sie spricht fast niemand. Es ist, als existierten sie nicht mehr. Ein moralisches Versagen sondergleichen.
Kein Staat darf hinnehmen, dass seine Bürger verschleppt und vergessen werden
Kein politisches Argument wiegt schwerer als der Schutz menschlichen Lebens. Kein Staat darf hinnehmen, dass seine Bürger verschleppt und vergessen werden. Keine Gesellschaft darf sich damit abfinden, dass Menschen in der Gewalt von Terroristen verrotten. Und doch erleben wir genau das – Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Wer die Geiseln vergisst, gibt auch ein Stück seiner eigenen Menschlichkeit auf.
Katar, die Türkei, der Iran – sie alle haben Einfluss auf die Hamas. Sie finanzieren, sie schützen, sie unterstützen. Und dennoch: Wo ist der Druck aus Berlin? Wo sind die klaren Forderungen, die Sanktionen, die Konsequenzen? Warum bleibt es bei freundlichen Gesprächen, bei diplomatischen Floskeln, bei warmen Worten – während deutsche Staatsbürger in Ketten liegen?
Deutsche Staatsbürger liegen in Ketten: Wo ist der Druck aus Berlin?
Wir müssen es klar sagen: Das Schweigen ist unerträglich. Es ist nicht nur eine politische Frage. Es ist eine Frage der Ehre. Was bedeutet ein deutscher Pass, wenn man als deutsch-israelischer Staatsbürger verschleppt wird – und der eigene Staat kaum sichtbar für einen kämpft? Was sagt es über Deutschland aus, wenn man lieber Israel verurteilt, als die eigenen Bürger heimzuholen? Was sagt es über unsere Gesellschaft, wenn wir mehr Energie in Anklagen gegen den jüdischen Staat stecken als in den Schutz deutscher Leben?
Die Angehörigen der Geiseln wissen längst, wie es sich anfühlt, vergessen zu werden. Sie bitten, sie klagen, sie schreien – und stoßen in Berlin auf kühle Distanz. Sie erleben, dass das Leben ihrer Kinder, ihrer Eltern, ihrer Geschwister keine Lobby hat. Sie hören Worte des Mitgefühls – und sehen Tatenlosigkeit. Sie wissen: Wenn die eigene Regierung nicht für dich kämpft, wer dann?
Wir dürfen nicht zulassen, dass die Opfer des Terrors aus unserem Bewusstsein verschwinden
Das darf nicht sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Opfer des Terrors aus unserem Bewusstsein verschwinden. Wir dürfen nicht zulassen, dass deutsche Geiseln geopfert werden – auf dem Altar politischer Bequemlichkeit. Wir dürfen nicht schweigen, wenn ihre Freiheit in unseren Händen liegt.
Die Bilder der Geiseln müssten jeden Tag in unseren Nachrichten erscheinen. Ihre Namen müssten in unseren Schulen gelehrt werden. Ihre Schicksale müssten Teil unserer politischen Debatten sein. Und jeder Politiker, der über den Nahen Osten spricht, müsste zuerst von ihnen sprechen. Von den Menschen, die uns an die Wahrheit erinnern: dass der 7. Oktober ein Tag des Terrors war – und dass dieser Terror weitergeht, solange auch nur eine Geisel in den Händen der Hamas ist.
Darum dieser Appell: Vergesst sie nicht! Nennt ihre Namen! Haltet ihre Bilder hoch! Erzählt ihre Geschichten! Fordert von der Bundesregierung, endlich alles zu tun – nicht nur in Worten, sondern in Taten! Mit echtem Druck. Mit klaren Konsequenzen. Mit der Entschlossenheit eines Staates, der seine Bürger nicht im Stich lässt.
Fast 700 Tage ohne Freiheit, ohne Licht, ohne Gewissheit, ob sie den nächsten Tag überleben
Seit fast 700 Tagen warten sie. Fast 700 Tage ohne Freiheit, ohne Licht, ohne Gewissheit, ob sie den nächsten Tag überleben. Fast 700 Tage, in denen die Zeit stillsteht – für sie, für ihre Familien, für alle, die hoffen und beten.
Vergesst sie nicht – nicht heute, nicht morgen, nicht, bis sie alle zurück sind. Denn ein Staat, der seine Geiseln vergisst, verliert sein Gesicht. Und eine Gesellschaft, die nicht mehr für sie einsteht, verliert ihr Herz. Die Geiseln sind nicht nur ein Prüfstein für Israel – sie sind ein Prüfstein für uns alle.
Der Autor ist Beauftragter für jüdisches Leben in Brandenburg und den Kampf gegen Antisemitismus.