Israel

Koalitionspartner stützen Netanjahu

Netanjahu sagte trotz der Anklage-Empfehlung, er strebe am 9. April seine Wiederwahl an. Foto: Flash 90

Trotz der geplanten Korruptionsanklagen gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterstützen ihn seine Koalitionspartner sowie andere rechtsorientierte Parteien weiterhin. »Wie wir von Anfang gesagt haben, für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gilt die Unschuldsvermutung so wie für jeden anderen Bürger im Land auch«, teilte die Partei Die Neue Rechte am Donnerstagabend mit.

Auch die ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Tora-Judentum sowie der rechte Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman (Israel Beitenu) stellten sich hinter Netanjahu. »In Israel entscheiden einzig die Gerichte darüber, ob jemand schuldig ist oder nicht«, sagte Lieberman. »Die Unschuldsvermutung gilt für jeden, auch für den Premierminister. Eine Anklage ist noch kein Urteilsspruch. Soweit es uns betrifft, kann Netanjahu zur Knessetwahl antreten wie jeder andere Kandidat auch.«

Laut einem Bericht der Nachrichtenseite »Ynet« äußerte sich lediglich Finanzminister Mosche Kachlon (Kulanu) zunächst nicht. Am 9. April finden in Israel Parlamentswahlen statt.

Anklage Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hatte am Donnerstag mitgeteilt, er wolle in drei Fällen gegen Netanjahu Anklage wegen Korruptionsvorwürfen erheben. Nach juristischer Praxis in Israel muss zuvor jedoch noch eine Anhörung Netanjahus erfolgen. In einem Fall sprach Mandelblit sich für eine Anklage wegen Bestechlichkeit sowie wegen Betrugs und Untreue aus, in zwei weiteren Fällen wegen Betrugs und Untreue.

Netanjahu sagte trotz der Anklage-Empfehlung, er strebe am 9. April seine Wiederwahl an. Er wolle »noch lange Jahre« Israels Ministerpräsident bleiben. Der Politiker sprach von einer »Hexenjagd« gegen ihn und seine Familie und kündigte an, er werde alle Anklagepunkte widerlegen. »Dieses Kartenhaus wird in sich zusammenfallen.« Es handele sich um einen Versuch der israelischen Linken, seine Regierung zu stürzen und die Macht zu übernehmen. Seine Familie sei »drei Jahre lang durch die Hölle gegangen«.

Wann die Anhörung Netanjahus stattfinden soll, war zunächst unklar. Bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine Anklage kann noch bis zu einem Jahr vergehen.

GESCHENKE Der Ministerpräsident wird verdächtigt, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq rechtliche Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Austausch dagegen soll das zum Konzern gehörende Medium »Walla« positiv über ihn berichtet haben. In diesem Fall geht der Generalstaatsanwalt von Bestechlichkeit sowie von Betrug und Untreue aus.

Außerdem wird Netanjahu verdächtigt, von befreundeten Milliardären teure Geschenke angenommen zu haben. Zudem soll er dem kritischen Zeitungsverleger Arnon Moses angeboten haben, im Gegenzug für positive Berichterstattung dessen Konkurrenzblatt zu schwächen. Er soll auch negative Berichterstattung über politische Rivalen bestellt haben.

Netanjahus wichtigster Rivale bei den anstehenden Wahlen, Ex-Militärchef Benny Gantz von dem neuen Parteienbündnis Blau-Weiß, forderte ihn angesichts der drohenden Korruptionsanklage zum Rücktritt auf. Netanjahu ziehe sein eigenes Wohl dem Wohl des Volkes vor. Er könne nicht als »Teilzeit-Regierungschef« weiterregieren.

Auch Israels Oppositionsführerin Schelly Jachimowitsch schrieb bei Twitter: »Von jetzt an kämpft Netanjahu um sein politisches Überleben und kann nicht um die Leben der Bürger des Staates kämpfen.« Netanjahu sei »nicht in der Lage, Ministerpräsident zu sein, und auch nicht, bei der Wahl anzutreten.«

CHANCEN Mandelblit teilte zudem mit, dass es im Zusammenhang mit der Bezeq-Affäre keine Anklage gegen Netanjahus Frau Sara sowie den gemeinsamen Sohn Jair geben werde.

Auf eine Frage nach den Korruptionsvorwürfen gegen Netanjahu lobte US-Präsident Donald Trump diesen am Donnerstag bei einer Pressekonferenz nach seinem Gipfel mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un in Hanoi. »Er ist zäh, er ist klug, er ist stark«, sagte Trump und nannte Netanjahu einen »großartigen Ministerpräsidenten«.

Es ist noch unklar, wie die Entscheidung des Generalstaatsanwalts sich auf Netanjahus Chancen auswirken, ein fünftes Mal Regierungschef zu werden. Seine Anhänger standen zwar bislang klar an seiner Seite. In einer Anfang des Monats veröffentlichten Umfrage hatten sich jedoch 52 Prozent der Bevölkerung für einen Rücktritt Netanjahus ausgesprochen, sollte der Generalstaatsanwalt eine Anklage empfehlen. Nur 35,5 Prozent waren in der Umfrage des Israelischen Demokratie-Institutes (IDI) der Ansicht, Netanjahu könne in diesem Fall Ministerpräsident bleiben. dpa

Gaza

»Gebt mir mein Mädchen zurück!«

Ifat Hayman fleht, dass ihre Tochter Inbar, die letzte weibliche Geisel der Hamas, zur Bestattung zurückgebracht wird

von Ifat Hayman  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Politik

»Geradeaus« mit Gadi Eizenkot

Zu den Gründungsmitgliedern der neuen Partei des früheren Stabschefs gehört auch die Tochter einstiger Hamas-Geiseln

von Sabine Brandes  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Jerusalem

Netanjahu kündigt Treffen mit Trump an, warnt Hamas und kritisiert Katar

Vor seinem Besuch im Weißen Haus will der Ministerpräsident vor den Vereinten Nationen sprechen

 17.09.2025

Nahost

Israelische Armee weitet Offensive aus

Laut Armeesprecher Effie Defrin hat eine Befreiung der in der Gewalt der Hamas befindlichen Geiseln höchste Priorität: »Ihre sichere Rückkehr ist der Kern unserer Mission. Sie sind der Grund, warum wir weiterkämpfen.«

 17.09.2025

Luftfahrt

Schlägerei während Flugs von Tel Aviv nach Bukarest

Israelische Passagiere prügeln sich. Anschließend gibt es Bußgelder. Medien berichten über mutmaßlich religiöse Motive

 16.09.2025 Aktualisiert

Nahost

Israel greift Huthi-Anlagen im Jemen an

Die Huthi-Miliz im Jemen feuert immer wieder Raketen in Richtung Israel. Der jüdische Staat reagiert mit eigenen Schlägen - auch jetzt wieder

 16.09.2025