Knesset

Kadima auf der Kippe

Ex-Partner: Netanjahu und Mofaz Foto: Flash 90

Die Regierung ist in Aufruhr. Nach nur zwei Monaten hat Kadima die Koalition verlassen. Der Grund für das Scheitern der größten Koalition in Israels Geschichte ist die Wehrpflicht für alle, ultraorthodoxe Juden und Araber inklusive. Erst im Mai war die Partei von Schaul Mofaz der Regierung beigetreten. Der Wechsel einiger Abgeordneter in den Likud könnte zudem das Zerbrechen der Zentrumspartei bedeuten.

Mit 28 Parlamentsmitgliedern stellte Kadima die größte Fraktion in der Knesset. Ihr Verlassen des Regierungsbündnisses könnte die für den Herbst 2013 angesetzten Neuwahlen vorziehen – was Premier Benjamin Netanjahu eigentlich vermeiden wollte. Doch Mofaz hatte von Anfang an klargemacht, dass er der Regierung den Rücken kehren werde, sollten seine Empfehlungen für Alternativen zum Tal-Gesetz nicht umgesetzt werden. Das Oberste Gericht hatte entschieden, dass das Gesetz, das ultraorthodoxe Jeschiwa-Studenten vom Wehrdienst freistellt, verfassungswidrig sei. Bis zum August muss eine Alternative gefunden werden, doch Netanjahu scheint sich mit keiner Änderung anfreunden zu können.

Wechsel Nun versucht der Likud, Mitglieder, die vor Jahren zu Kadima gewechselt sind, wieder anzulocken. Mit einigem Erfolg: Bereits vier Abgeordnete kehrten zurück zu ihren Wurzeln, im Austausch für politische Ämter. Noch drei – und Kadima ist offiziell zerbrochen. Die Partei sei ein sinkendes Schiff, sagte ein Mitglied, »und viele suchen ein Rettungsboot«. Angeblich versuchten andere, an Mofaz’ Chefsessel zu sägen und ihm seinen Vorsitz streitig zu machen.

Am Montag machte Mofaz daraufhin seinem Ärger Luft. In der Knesset sagte er: »Einige Mitglieder verfolgen eine heimtückische Kampagne. Dies ist ein schamvoller Zug ohne Werte und Würde, der vom Premierminister persönlich angeführt wird.«

Netanjahu bevorzuge Leute, »die sich vor dem Wehrdienst drücken, im Gegensatz zu jenen, die dienen«, so der Kadima-Mann, »und nutzt diese Schande auch noch zur politischen Erpressung«. Darüber, dass bislang keine Alternative zu der umstrittenen Regelung auch nur im Ansatz umgesetzt worden ist, zeigte Mofaz sich entsetzt. »Unsere Töchter und Söhne haben gehofft, dass dieser Regierungschef die Herausforderung annimmt und seine große Koalition nutzt, um einen historischen Wandel durchzubringen.« Aber, rief Mofaz mit Wut in der Stimme: »Der Premier ist jemand, der keine Chance auslässt, eine Chance zu verpassen.«

Akaba/Jerusalem

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