Nahost

Israel kündigt »weitere schmerzhafte Schläge« gegen den Hamas-Terror an

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Foto: POOL

Israel will den militärischen Druck auf die Hamas im Gazastreifen forcieren. Generalstabschef Herzi Halevi habe »die weiteren Schritte« zur Fortsetzung des Krieges am Sonntag gebilligt, sagte Armeesprecher Daniel Hagari.

Der israelische Sender Kan berichtete, Teil der Pläne sei ein Militäreinsatz in Rafah im Süden an der Grenze zu Ägypten. Es sei offenbar in Kürze mit einer Evakuierung der Zivilbevölkerung zu rechnen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte zuvor in einer Video-Ansprache zum Pessach-Fest, das am Montagabend beginnt, »weitere schmerzhafte Schläge« gegen die Hamas angekündigt. »Und dies wird in Kürze geschehen«.

Israels Verbündete hatten eindringlich vor einer Offensive in Rafah gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensischer Binnenflüchtlinge drängen. Israel hält einen Einsatz jedoch für nötig, um die verbliebenen Bataillone der Hamas zu zerstören. Anderenfalls könne die Terrororganisation wieder erstarken.

Neben einer Zerschlagung der Terrorgruppe geht es Israel darum, bis zu 133 Geiseln zu befreien, die weiterhin in Gaza festgehalten werden. Wie viele von ihnen noch am leben sind, ist unklar.

»Biden: Pessach-Fest ist besonders hart für Familien der Geiseln«

US-Präsident Joe Biden bekräftigte anlässlich des Pessach-Fests seinen Einsatz für Israels Sicherheit. »Mein Engagement für die Sicherheit des jüdischen Volkes, die Sicherheit Israels und dessen Recht, als unabhängiger jüdischer Staat zu existieren, ist eisern«, hieß es in einer Mitteilung Bidens am Sonntagabend (Ortszeit).

»Dieses Pessach-Fest ist besonders hart für Familien der Geiseln, die versuchen, den Geist des Festes zu ehren - eine Geschichte, in deren Mittelpunkt die Freiheit steht - während ihre Angehörigen in Gefangenschaft bleiben«, so der amerikanische Präsident.

Israels Regierung forderte derweil die USA auf, eine offenbar geplante Sanktionierung eines der Bataillone der israelischen Armee zu überdenken. Dies würde nicht nur Israels internationaler Legitimität beim Kampf gegen die Hamas schaden, sondern es gebe dafür für die USA auch keine Rechtfertigung, sagte Benny Gantz, Mitglied des Kriegskabinetts, gegenüber US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag, wie israelische Zeitungen berichteten.

Angebliche Menschenrechtsverletzungen

Das US-Nachrichtenportal »Axios« hatte am Samstag unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, es werde erwartet, dass Blinken in den nächsten Tagen Sanktionen gegen das weitgehend ultraorthodoxe Bataillon wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen im Westjordanland ankündige.

»Die Times of Israel« berichtete unter Berufung auf zwei US-Quellen weiter, die USA würden auch Sanktionen gegen andere Militär- und Polizeieinheiten wegen Verdachts von Menschenrechtsverletzungen erwägen. Die Untersuchungen liefen seit über einem Jahr.

Auch der israelische Verteidigungsminister Joav Galant kritisierte die offenbar geplanten Maßnahmen: »Ich erwarte, dass die amerikanische Regierung ihre Absicht, Sanktionen gegen das Netzah Yehuda Bataillon zu verhängen, rückgängig macht«, sagte Galant in einer vom Verteidigungsministerium veröffentlichten Stellungnahme und warnte, dass der geplante Schritt einen »gefährlichen« Präzedenzfall schaffen würde.

Wenig Waffenexporte

Jeder Versuch, eine ganze Einheit zu kritisieren, werfe einen schweren Schatten auf das Handeln der gesamten Armee, sagte Galant laut seines Büros. Dies sei »nicht der richtige Weg für Partner und Freunde«. Die Armee hatte zuvor erklärt, Berichte über US-Sanktionen gegen das Bataillon seien ihr nicht bekannt. Sollte eine Entscheidung dazu fallen, würden die Konsequenzen geprüft.

Auch im Westjordanland muss Israel immer wieder gegen den palästinensischen Terror vorgehen. Regelmäßig kommt es zu Anschlägen auf Israelis in der Region.

Die Bundesregierung hat unterdessen seit Jahresbeginn kaum noch Waffenexporte nach Israel genehmigt. Bis zum 10. April wurden Lieferungen für 32.449 Euro erlaubt, wie das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mitteilte.

Angriffe im Norden

Hinzu kommen Lieferungen sonstiger Rüstungsgüter im Wert von 10,03 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung grünes Licht für Rüstungsexporte im Wert von 326,5 Millionen Euro an Israel gegeben - zehnmal so viel wie im Vorjahr. Der größte Teil davon wurde nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober genehmigt.

Derweil ist auch die Lage an Israels nördlicher Grenze zum Libanon weiter angespannt. Wie Israels Armee in der Nacht zum Montag mitteilte, sei eine Drohne der eigenen Luftwaffe im libanesischen Luftraum am Vorabend von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden und auf libanesisches Gebiet gestürzt.

Kampfflugzeuge hätten die Abschussbasis, von der aus die Rakete abgefeuert worden sei, angegriffen, hieß es. Der Vorfall werde untersucht. An der Grenze war es am Sonntag erneut zu Gefechten gekommen. Die israelische Armee teilte mit, zwei Geschosse seien in Richtung der Ortschaft Rosch Hanikra im Norden Israels abgefeuert worden. Die israelische Armee habe die Orte angegriffen, von denen aus geschossen wurde.

Hisbollah und Hamas

Die Hisbollah und die Hamas reklamierten am Sonntag Angriffe auf Israel für sich. Seit dem 8. Oktober schießt die proiranische Hisbollah aus dem Libanon mit Raketen, Artillerie- und Panzerabwehrgranaten auf den Norden Israels - aus »Solidarität« mit der Hamas in Gaza, wie sie vorgibt. Israel bekämpft mit Luft- und Artillerieangriffen die Stellungen der Hisbollah, die nach einem UN-Sicherheitsratsbeschluss gar nicht so nahe an der Grenze sein dürften.

Die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten kommen indessen heute in Luxemburg zusammen. Neben einem Austausch mit ihren Kollegen aus der Ukraine über deren Abwehrkampf gegen Russland stehen Gespräche über die Lage im Nahen Osten auf der Tagesordnung.

In New York legt am selben Tag eine von den Vereinten Nationen eingesetzte Expertengruppe einen Abschlussbericht zu den Vorwürfen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA vor. Laut Israel sollen mehr als 30 Mitarbeiter direkt am Hamas-Massaker in Israel beteiligt gewesen sein. dpa/ja

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