In Spanien ist eine Debatte über Israels Teilnahme am Eurovision Song Contest und das gute Abschneiden des Landes beim Publikum entbrannt. Ministerpräsident Pedro Sánchez forderte den Ausschluss Israels vom Wettbewerb.
Der staatliche TV-Sender RTVE kündigte derweil an, man werde eine Überprüfung des Publikumsvotings beantragen, das die Teilnehmerin Israels (Yuval Raphael mit dem Song »New Day Will Rise«) am Samstag auf Platz 2 katapultiert hatte.
Als Begründung für seine Forderung nannte Sánchez das militärische Vorgehen Israels gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen. In Anspielung auf den Umgang mit Russland sagte der sozialistische Politiker: »Wir dürfen keine doppelten Standards in der Kultur zulassen.« Niemand habe sich empört, als Russland wegen der Invasion der Ukraine vom ESC ausgeschlossen wurde. »Dasselbe sollte auch für Israel gelten«, sagte Sánchez.
RTVE wollte unterdessen seinen Antrag auf Überprüfung des Televotings nach eigenen Angaben im Laufe des Montags bei der Europäischen Rundfunkunion (EBU) einreichen. »Mehrere Länder werden ebenfalls denselben Antrag stellen, da sie der Ansicht sind, dass das Televoting durch die aktuellen militärischen Konflikte beeinflusst wurde und dies den kulturellen Charakter der Veranstaltung gefährden könnte«, teilte der Sender mit.
Bereits im Vorfeld des ESC 2025 hatte es Spannungen zwischen RTVE und der EBU gegeben. Der spanische Sender erklärte, man sei von der EBU unter Androhung hoher Geldstrafen davor gewarnt worden, während der Liveübertragungen politische Botschaften zu verbreiten. Auslöser war ein Hinweis auf die Opfer des Gaza-Konflikts, den RTVE im zweiten Halbfinale eingeblendet hatte.
Trotz der Warnung zeigte der Sender unmittelbar vor Beginn des Finales erneut eine Botschaft: »Angesichts der Menschenrechte ist Schweigen keine Option. Frieden und Gerechtigkeit für Palästina.«
Derweil stellt der belgische öffentlich-rechtliche Sender VRT wegen - aus Sicht des Senders - offener Fragen zum ESC-Zuschauervoting seine künftige ESC-Teilnahme infrage. Es brauche ernsthafte Antworten auf Bedenken bezüglich des Eurovision Song Contests, teilte der Sender mit. Nach VRT-Angaben will die für die ESC-Austrahlung zuständige Europäische Rundfunkunion (EBU) Gespräche mit den beteiligten Sendern führen.
Es lägen zwar keine Hinweise darauf vor, dass die Stimmenauszählung nicht korrekt durchgeführt wurde, so VRT. Weiter heißt es jedoch: »Wir fordern von der EBU volle Transparenz. Die Hauptfrage ist, ob das derzeitige Abstimmungssystem ein faires Abbild der Meinungen der Zuschauer und Zuhörer garantiert.«
Der ESC stehe zunehmend im Widerspruch zu den ursprünglichen Normen und Werten der Veranstaltung und zu den Normen und Werten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auf der Website von VRT heißt es zudem, man unterstütze die Forderung, eine Debatte über die Teilnahme Israels am ESC zu führen.
Beim Publikum lag Israel deutlich vorn. Das Land hatte die Sängerin Yuval Raphael nach Basel geschickt. Die 24-Jährige ist eine Überlebende des Massakers der islamistischen Hamas und weiterer Terrorgruppen vom 7. Oktober 2023. Wegen des Gazakriegs gab es in Basel immer wieder massive Proteste gegen ihre Teilnahme.
Dabei bekam Israel bei der Zuschauerabstimmung auch aus Ländern hohe Punktzahlen, in denen das Handeln von Israels Regierung eher kritisch betrachtet wird, etwa Spanien, Belgien oder Irland. Insgesamt bekam Raphael knapp 300 Punkte von den Zuschauenden aus den 37 Teilnehmerländern - so viele wie niemand sonst.
Auf dem offiziellen EBU-Kanal für den ESC rief die israelische Sängerin Yuval Raphael vor dem Finale in einem Werbefenster Zuschauer immer wieder auf, für ihren Song zu stimmen. Diese Aufrufe liefen zum Beispiel in den Aufzeichnungen der Halbfinal-Sendungen zwischen Reklame für Burger und für Internetdienste. Seit dem Finale ist Yuval Raphael in den immer noch online stehenden Halbfinal-Sendungen nicht mehr in Werbefenstern zu sehen.
Dazu sagt die EBU auf Anfrage in einer Stellungnahme: Die ESC-Regeln verbieten es den teilnehmenden Rundfunkanstalten oder Dritten wie Plattenfirmen oder anderen nicht, ihre Beiträge online und anderswo zu bewerben. Die Werbung dürfe den Wettbewerb nicht instrumentalisieren oder gegen seine redaktionellen Richtlinien verstoßen.
»Viele Delegationen setzen bezahlte Werbekampagnen ein, um den Song, das Profil und die zukünftige Karriere ihrer Künstler zu unterstützen.«