Hintergrund

»Ich danke Israel. Die Medaille ist für euch«

Saeid Mollaei gestern bei den Olympischen Spielen in Tokio Foto: imago images/ZUMA Wire

Bei den emotionalen Worten über seine Familie in der Heimat streichelte Saeid Mollaei nachdenklich über die Medaille vor seiner Brust. Vor knapp zwei Jahren war der iranische Judoka aus Furcht vor Repressionen nach Deutschland geflohen, startet inzwischen für die Mongolei und holte bei den Olympischen Spielen von Tokio trotz aller Widrigkeiten Silber.

»Ich hätte dies schon früher bekommen können. Leider haben einige Leute dies nicht zugelassen. Es gab viele schlimme Dinge, Dinge, die ich von mir entfernt halten musste«, sagte der 29-Jährige laut einer Übersetzung ins Englische. »Als freier Mensch kannst du erreichen, was du willst - das ist meine Botschaft.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Lange nachdem der deutsche Judoka Dominic Ressel völlig frustriert über seine Niederlage im Kampf um Bronze davon gestapft war, sprach Mollaei mit leiser Stimme auf Farsi über seine außergewöhnliche Geschichte. Der Fall des heute 29-Jährigen hatte nach der Weltmeisterschaft 2019 in Tokio für Schlagzeilen gesorgt.

Damals hatte der Iraner die Anweisung erhalten, im Halbfinale nicht anzutreten. Er sollte so einem möglichen Finale gegen den Israeli Sagi Muki aus dem Weg gehen. Mollaei widersetzte sich dem, floh nach Deutschland, kämpfte zeitweise in der Bundesliga und erhielt die mongolische Staatsbürgerschaft.

Im Finale musste sich Mollaei nun dem Japaner Takanori Nagase, der auch Ressel im Viertelfinale bezwungen hatte, geschlagen geben. Dennoch jubelte das mongolische Lager auf der Tribüne des legendären Nippon Budokan, sein Trainer schulterte den 81 Kilogramm schweren Judoka und trug ihn durch die Halle.

Seit mehreren Jahrzehnten treten iranische Sportler nicht gegen israelische Kontrahenten an, weil der Iran Israel als Staat nicht anerkennt.

Anschließend wurde der Weltmeister von 2018 aber wieder nachdenklich. Er gehe davon aus, dass seine Eltern zugesehen hätten, sagte er laut Übersetzung auf eine Frage aus dem Japanischen. Er glaube aber, dass diese nicht stolz seien, da er nicht für den Iran gekämpft habe.

Seit mehreren Jahrzehnten treten iranische Sportler nicht gegen israelische Kontrahenten an, weil der Iran Israel als Staat nicht anerkennt und Israel immer wieder mit seiner Vernichtung bedroht. Auch im Judo kam es in der Vergangenheit immer wieder zu plötzlichen Verletzungen oder anderen Vorkommnissen, damit Iraner ein Duell mit einem Israeli vermeiden konnten.

https://www.youtube.com/watch?v=OePO0KKKmYU

Auch in Tokio traten zwei Judoka nicht wegen möglicher Kämpfe gegen einen Israeli an. Das IOC zeigte sich deshalb besorgt. »Wir werden handeln, wenn es einen schamlosen Verstoß gegen die olympische Charta gibt«, sagte IOC-Spitzenfunktionär James Macleod am Dienstag.

Zuvor war in der Gewichtsklasse bis 73 Kilogramm der Algerier Fethi Nourine nicht gegen den Sudanesen Mohamed Abdalrasool angetreten, um einem möglichen Zweitrunden-Duell mit dem Israeli Tohar Butbul aus dem Weg zu gehen. Abdalrasool wurde als Sieger gewertet, verzichtete dann aber auf das Duell gegen Butbul.

Saeid Mollaei dagegen tritt für Freiheit und gegen Judenhass ein. Er sagte nach seinem Medaillengewinn: »Ich danke Israel für all die gute Energie. Diese Medaille ist auch euch gewidmet, und ich hoffe, Israel ist mit diesem Sieg auch glücklich. Toda!«

Jerusalem

Bischof Azar bedauert Irritation durch »Völkermord«-Äußerung

Weil er in einem Gottesdienst in Jerusalem von »Völkermord« an den Palästinensern sprach, hat der palästinensische Bischof Azar für Empörung gesorgt. Nun bedauert er, dass seine Worte Irritation ausgelöst haben

von Christine Süß-Demuth  07.11.2025

Diplomatie

Kasachstan will sich den Abraham-Abkommen anschließen

US-Präsident Donald Trump kündigte den Schritt wenige Tage vor dem Besuch des saudischen Kronprinzen im Weißen Haus. Auch Saudi-Arabien solle seine Beziehungen zu Israel normalisieren, so die Hoffnung des US-Präsidenten

 07.11.2025

Israel

Spion auf vier Rädern

Israels Armee mustert ihre Dienstfahrzeuge »Made in China« aus. Der Grund: Sie könnten ein Risiko für die nationale Sicherheit sein

von Ralf Balke  07.11.2025

Ko Pha Ngan

Thailand: Israelisches Paar hat in der Öffentlichkeit Sex - und wird verhaftet

Die Hintergründe

von Sabine Brandes  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Geiselhaft

»Sie benutzten mich wie einen Boxsack«

Die befreite Wissenschaftlerin Elisabeth Tsurkov berichtet über »systematische Folter und sexuelle Gewalt« durch die Entführer im Irak

von Sabine Brandes  06.11.2025

Gaza

Ex-Geisel Rom Braslavski: »Ich wurde sexuell missbraucht«

Es ist das erste Mal, dass ein aus der Gewalt der Terroristen freigekommener Mann über sexuelle Gewalt berichtet

von Sabine Brandes  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert