Skandal

Gut vernetzt

Hat die Ermittlungsbehörden im Rücken: Rabbiner Joschiahu Josef Pinto Foto: Flash 90

Der Skandal um den populären Rabbiner Joschiahu Josef Pinto zieht immer weitere Kreise. Er umfasst den Rabbi persönlich, Polizeigeneral Menasche Arviv, Israels (bisheriges) Vorbild im Kampf gegen die Korruption, einen US-Kongressabgeordneten, die Beziehungen zwischen israelischen und amerikanischen Ermittlungsbehörden sowie wahrscheinlich noch vieles mehr, was bislang nicht an die Öffentlichkeit gelangte.

Nachdem vergangene Woche die Nachrichtensperre aufgehoben wurde, kamen täglich neue Details hinzu. Doch statt sich zu lösen, verdichtet sich der Knoten immer mehr. Mittlerweile wühlen die Ermittler in einem dichten Korruptions-Knäuel, in das einige sehr bekannte Israelis verstrickt sind.

Rabbi Pinto ist nicht irgendein Prediger. Der Mann aus Aschdod ist für viele ein Idol, manche glauben gar, er könne Wunder vollbringen. Außerdem ist er millionenschwer, lebt ein Luxusleben, von dem viele seiner Fans nur träumen können. Die Wirtschaftsbeilage »Globes« zählte ihn vor zwei Jahren zu den zehn reichsten Rabbinern Israels.

Die Anhängerschaft seiner religiösen Vereinigung »Mosdot Schwua Israel« umfasst mehrere Zehntausend, einige reden sogar von Hunderttausenden, die ihn fast wie einen Guru verehren. Doch es sind nicht nur einfache Leute, die an seinen Lippen hängen. Zu Pintos Gefolgschaft gehören hochrangige Politiker wie der ehemalige Justizminister Yaakov Neeman und einige Top-Wirtschaftsbosse. Gern ließ er sich beispielsweise mit dem gestrauchelten Tycoon Nochi Dankner ablichten.

Vorteile Doch nun scheint es, als würde Pintos Freundschaft mit den oberen Zehntausend faule Früchte tragen. Seit einigen Wochen untersucht die Einheit für interne Angelegenheiten der Polizei den Verdacht, dass Pinto selbst oder seine Helfershelfer Menasche Arviv »Vorteile noch ungeklärter Art« zugeschanzt haben, als dieser Polizeiattaché in der israelischen Botschaft in Washington war. Ausgerechnet Arviv, der heute als Aushängeschild im Kampf gegen die Korruption dient. Denn mittlerweile ist er Direktor der Einheit Lahav 433. Die auch als »israelisches FBI« bekannte Abteilung ist dazu da, Korruption auf nationaler wie internationaler Ebene zu bekämpfen.

Wer den Tipp gab, dass Arviv nicht koscher sei, wurde nicht veröffentlicht, doch klar ist, dass Pintos Anwälte Kapital aus dem Skandal um Arviv schlagen wollen. Offenbar wollen sie die Gelegenheit nutzen, um ihren Klienten aus dem Schlamassel zu befreien. Denn der hat bereits eine ganze Weile mit den Ermittlungsbehörden zu tun. Als Gegenleistung für Kooperation fordern die Anwälte, dass alle Verfahren, in die ihr Mandant verwickelt ist, eingestellt werden.

Akten Doch die Aktenberge in der Sache Pinto sind mittlerweile so hoch geworden, dass das schwer werden wird. Gemeinsam mit den US-Behörden ermittelten die Israelis vor einer Weile gegen den Rabbi und seine Frau. Man vermutet, dass die beiden Gelder, die für die Wohltätigkeitsorganisation »Hazon Yeshaya« gespendet wurden, in andere – private – Kanäle geleitet haben. Außerdem soll Pinto 2012 versucht haben, Efraim Bracha, den Leiter der nationalen Betrugsbehörde, zu bestechen. Andere Quellen behaupten, es gebe noch viele weitere Polizeibeamte, die sich von Pinto haben schmieren lassen. Auf diese Weise habe er interne Informationen darüber erhalten, »wie es in seinem Fall steht«.

Pinto, der zwischen den USA und Aschdod pendelt, ist offenbar in beiden Ländern gut vernetzt. Jenseits des Atlantiks steht der republikanische Kongressabgeordnete Michael Grimm unter dem Verdacht, finanzielle Zuwendungen von Ofer Biton, einem Top-Mann aus Pintos Riege, sowie von gutbetuchten Anhängern des Rabbis angenommen zu haben, um seine Wahlkampagne zu bezahlen. Ein klarer Verstoß gegen das US-Wahlkampfgesetz. Biton wurde später angeklagt, Millionen aus Pintos Gemeindekasse abgezweigt zu haben. Er gab den Betrug zu.

Ruf Menasche Arviv beteuert unterdessen, völlig unschuldig zu sein. »Ich habe nichts getan und bin bereit, mich der Untersuchung zu stellen«, sagte er. »Dies sind falsche Vorwürfe, die meinen Ruf schädigen. Ich bin mir sicher, dass die Behörden die Wahrheit aufdecken und mein Name reingewaschen wird.« Im Armeeradio sagte Arviv, Pinto wolle ihm »etwas anhängen«.

Polizeichef Yohanan Danino besuchte die Lahav-Einheit, um seine Unterstützung kundzutun und zu betonen, dass es zu früh sei, Schlüsse zu ziehen. Er machte jedoch auch klar: »Es wird keinen Kompromiss geben, sollten sich die Vorwürfe bestätigen, dass die Polizeiethik verletzt wurde. Wir sind eine Behörde, die zu ihren Prinzipien steht. Alle, die diesen Normen nicht entsprechen, werden nicht mehr für uns arbeiten.« Sicherheitsminister Yitzhak Aharonovitch machte deutlich, dass es keinen Deal mit Pinto geben werde.

All das würden auch die amerikanischen Behörden gern aus erster Hand erfahren. Bei ihren Untersuchungen im Fall Grimm können sie jedes Detail gebrauchen. Doch neuerdings weigern sich die Israelis, ihre Informationen über Pinto zu teilen, obwohl das FBI umgekehrt äußerst mitteilungsfreudig war. Die guten Beziehungen zwischen den beiden Behörden sind seitdem ernsthaft abgekühlt.

Pinto ist kein normaler Rabbiner, sagen seine Anhänger. Er sei tiefgründig und komplex. Wie könnte da der Skandal um ihn einfach sein?

Gaza

»Gebt mir mein Mädchen zurück!«

Ifat Hayman fleht, dass ihre Tochter Inbar, die letzte weibliche Geisel der Hamas, zur Bestattung zurückgebracht wird

von Ifat Hayman  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Politik

»Geradeaus« mit Gadi Eizenkot

Zu den Gründungsmitgliedern der neuen Partei des früheren Stabschefs gehört auch die Tochter einstiger Hamas-Geiseln

von Sabine Brandes  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Jerusalem

Netanjahu kündigt Treffen mit Trump an, warnt Hamas und kritisiert Katar

Vor seinem Besuch im Weißen Haus will der Ministerpräsident vor den Vereinten Nationen sprechen

 17.09.2025

Nahost

Israelische Armee weitet Offensive aus

Laut Armeesprecher Effie Defrin hat eine Befreiung der in der Gewalt der Hamas befindlichen Geiseln höchste Priorität: »Ihre sichere Rückkehr ist der Kern unserer Mission. Sie sind der Grund, warum wir weiterkämpfen.«

 17.09.2025

Luftfahrt

Schlägerei während Flugs von Tel Aviv nach Bukarest

Israelische Passagiere prügeln sich. Anschließend gibt es Bußgelder. Medien berichten über mutmaßlich religiöse Motive

 16.09.2025 Aktualisiert

Nahost

Israel greift Huthi-Anlagen im Jemen an

Die Huthi-Miliz im Jemen feuert immer wieder Raketen in Richtung Israel. Der jüdische Staat reagiert mit eigenen Schlägen - auch jetzt wieder

 16.09.2025