Eskalation

Gewalt und Festnahmen bei Sozialprotesten

Es begann in der schwülen Hitze des Samstagabends. Tausende Demonstranten liefen von der Allenby- und der Ibn-Gvirol-Straße zum Rothschild-Boulevard in Tel Aviv, um gegen die soziale Ungerechtigkeit im Land zu demonstrieren. Mit im Gepäck hatten sie Zelte, die sie – wie schon im vergangenen Jahr –, wieder auf den Bürgersteigen aufschlagen wollten. Doch anders als im Sommer zuvor eskalierte die Situation. Die Polizei griff hart durch und nahm Dutzende der Demonstranten vorläufig fest.

Angeblich hatten Beamte der städtischen Aufsichtsbehörde eine der Protestanführerinnen, Daphni Leef, gewalttätig daran gehindert, ihr Zelt auf dem Rothschild-Boulevard aufzubauen. Im vergangenen Jahr hatte sie mit dieser Aktion die Welle der Proteste entfacht. Als Leef in einen Polizeiwagen gesteckt wurde, versuchten Hunderte, das Fahrzeug aufzuhalten. Ohne Erfolg. Weitere Teilnehmer wurden ebenfalls festgenommen.

Lügen Mit in Tel Aviv dabei war Schira Ran. In der einen Hand einen Kochtopf, in der anderen einen Kochlöffel zog sie durch die Straßen, den Slogan auf den Lippen: »Wir fordern Gerechtigkeit – und zwar jetzt!« Dieses Jahr werde man sich nicht von falschen Versprechungen der Politiker locken und mundtot machen lassen. »Keine Lügen mehr«, so Ran. »Wir werden auf die Straße gehen, bis endlich etwas in diesem Land geschieht. Etwas, das wir in unserem Geldbeutel spüren können.«

Tatsächlich sind sowohl die Mieten wie auch die Preise für Lebensmittel seit den letzten Protesten nicht gefallen, vielmehr sind vor allem die Dinge des täglichen Lebens noch teurer geworden. Etwas, das vielen Israelis den Alltag immer schwerer macht.

Entgegen der relativ apolitischen Stimmung 2011 zielten die Anführer dieses Mal sehr wohl auf die Macher in Jerusalem: An Premierminister Benjamin Netanjahu gerichtet, sagte Stav Shafir: »Wenn du uns nur wehtust und manipulierst – wofür brauchen wir dich dann?« Die Wut der Demonstranten richtete sich auch gegen die Banken, die »von den Kleinen nehmen und den Großen geben«, wie die Menge skandierte.

Als bei verschiedenen Geldinstituten in Tel Aviv Scheiben zu Bruch gingen, schritten die Sicherheitskräfte gewaltsam ein und nahmen erneut junge Männer und Frauen fest. Ein Sprecher der Polizei betonte, dass es sich um eine kleine Gruppe gehandelt habe, die mit der Gewalt begonnen haben soll. »Das waren Außenseiter. Das waren nicht die Protestierer«, so die Polizei. Das Sozialgericht in Tel Aviv entließ die meisten entgegen der Empfehlung der Behörden bereits am nächsten Tag wieder aus der Untersuchungshaft.

Absage Aus Protest gegen die Polizeigewalt – wie viele der Demoteilnehmer die Geschehnisse vom Samstag bezeichnen – gingen am Sonntagabend wieder in Tel Aviv, aber auch in Jerusalem und Haifa Leute auf die Straße, um ihrem Unmut Luft zu machen. In der Hauptstadt blockierten sie kurzzeitig die Schienen der Straßenbahn, in Tel Aviv die Stadtautobahn Ayalon.

Für das nächste Wochenende ist in der Metropole am Mittelmeer die traditionelle »Weiße Nacht« geplant, in der rund um die Uhr Kulturveranstaltungen abgehalten werden. Namhafte Künstler wie die Schriftsteller Edgar Keret und Orly Kastel-Bloom sagten ihre Teilnahme aus Protest gegen das harte Durchgreifen der Behörden ab. »Tel Aviv ist uns allen wichtig, wir lieben diese Stadt«, erklärten die Schriftsteller, »doch im Moment gibt es hier einfach keinen Grund zu feiern.«

Luftfahrtmesse

Frankreich schließt israelische Stände

Die Betreiber sollen entgegen der Auflagen Angriffswaffen ausgestellt haben

 17.06.2025

Nahost

Israel: Die Tötung Chameneis könnte den Krieg mit Iran beenden

Premier Benjamin Netanjahu: Wir tun, was wir tun müssen

 17.06.2025

Kommentar

Der Öl-Preis muss fallen, damit die Mullahs stürzen

Wenn der Preis für Rohöl auf unter 10 US-Dollar fällt, gehen die Saudis nicht pleite, aber der Revolutionsführer Khamenei sehr wohl. Putin übrigens auch.

von Saba Farzan  17.06.2025

Israel

Zweiter Evakuierungsflug nach Deutschland am Donnerstag

Am Mittwoch fliegt die Bundesregierung per Chartermaschine erstmals seit Kriegsbeginn Ausreisewillige aus Israel von Jordanien aus in die Heimat. Es soll nicht der einzige Flug bleiben

 17.06.2025

USA

Trump will Ayatollah Chamenei vorerst nicht töten

»Wir wissen genau, wo sich der sogenannte ›Oberste Führer‹ versteckt hält«, schrieb der US-Präsident auf seiner eigenen Social-Media-Plattform

 17.06.2025

Israel im Krieg

Israel holt ab Mittwoch Bürger aus dem Ausland zurück

Wegen des Kriegs mit dem Iran ist der Flugverkehr in Israel lahmgelegt. Zehntausende Israelis sitzen im Ausland fest. Nun sollen die Ersten in die Heimat geflogen werden

 17.06.2025

Interview

»Irans Armee hat jetzt schon eine beträchtliche Niederlage einstecken müssen«

Nahostexperte Michael Spaney über die vorläufige Bilanz der israelischen Luftschläge, die Schwäche der iranischen Terror-Proxies und mögliche Auswirkungen auf den Ukrainekrieg

von Joshua Schultheis  17.06.2025

Israel im Krieg

Koch Tom Franz über den Schabbat: Stilles Handy ist wunderbare Sache

Religiöse Jüdinnen und Juden schalten am Ruhetag Schabbat ihr Telefon aus. Warum das der Koch Tom Franz schätzt - und wie er sich als gestrandeter Israeli bei seinem Vater in NRW gerade fühlt

von Leticia Witte  17.06.2025

Krieg gegen den Iran

Katz: »Werden heute sehr bedeutsame Ziele in Teheran angreifen«

In Kürze würde die Bevölkerung der iranischen Hauptstadt zur Evakuierung aufgerufen

 17.06.2025