Mein Name ist Ifat, ich bin die Mutter von Inbar Hayman, der letzten weiblichen Geisel in Gaza. Inbar ist 27 Jahre jung und die einzige entführte Frau, die noch immer von der Hamas in Gaza gefangen gehalten wird. Inbar ist mein ältestes Kind und meine einzige Tochter. Ich habe sie so genannt, weil »Inbar« ein kostbares und seltenes Juwel ist. Für mich ist sie der Diamant in der Krone. Ich nenne sie auch »Inbari« – meine Inbar.
Inbar hat einen Bruder namens Ido, der immer noch mit dem Schmerz kämpft. Für ihn war Inbari nicht nur eine ältere Schwester, sondern ein Leuchtfeuer. Auch für mich war Inbari mehr als eine geliebte Tochter. Sie war auch eine gute Freundin. Wir saßen oft beim Kaffee zusammen und erzählten uns alles, was wir gerade durchmachten. Inbari nannte es: »Mutterzeit«.
Sie war eine multidisziplinäre Künstlerin, die Licht und Güte verbreitete und glaubte, dass sie mit Bildung, Liebe und Kunst die Welt zu einem besseren Ort machen könnte. Geboren in der Stadt Petah Tikva, studierte und praktizierte sie schon in jungen Jahren Kino, Schreiben, Malerei und Fotografie. Sie war eine herausragende Studentin der visuellen Kommunikation an der Universität Haifa. Sie hätte ihr viertes Jahr beenden und ihre Abschlussarbeit einreichen sollen.
Inbar ist in Israel und im Ausland auch als Graffiti-Künstlerin unter dem Namen »PINK« bekannt. Am 7. Oktober 2023 arbeitete sie ehrenamtlich als Helferin beim Nova Musikfestival in der Nähe von Re’im und gab Menschen, denen es nicht gut ging, emotionale Unterstützung.
An diesem schwarzen Sabbat, um 7.33 Uhr, während der Raketenangriffe aus Gaza, schrieb Inbar mit ihrem Bruder Ido. Dies war der letzte Kontakt, den er mit ihr hatte. Gegen 8 Uhr morgens versuchten Inbar und ihre Freunde, mit dem Auto in Richtung Straße 232 zu fliehen. Sie gerieten in Schüsse der Hamas und flohen daraufhin in verschiedene Richtungen. Inbar versteckte sich anschließend unter der Hauptbühne, doch kurz darauf warnten Polizisten, dass sich Terroristen näherten. Also rannte sie zusammen mit zwei jungen Männern in Richtung des Kibbuz‹ Be’eri, in der Annahme, dort in Sicherheit zu sein.
Ifat Hayman: »Eine große Delegation trat ein und teilte mir die bittere Nachricht mit: Meine Inbar wurde bereits am 7. Oktober 2023 ermordet.«
Auf der Flucht wurden sie von zwei mit Messer und Axt bewaffneten Terroristen entdeckt und bis zu den Obstplantagen zwischen dem Partygelände und dem Kibbuz Be’eri verfolgt. Den beiden Terroristen gelang es, Inbar in den Plantagen gefangenzunehmen.
Unglücklicherweise für sie war zwischen diesen Obstbäumen eine zentrale Achse, durch die Scharen von Terroristen aus Gaza nach Israel eindrangen. Weitere bewaffnete Terroristen auf einem Motorrad sahen sie. Inbar leistete Widerstand, wie wir heute wissen, doch wurde brutal ermordet und nach Gaza entführt.
70 Tage lang dachten wir, Inbar sei entführt und verletzt worden, doch am Freitag, dem 15. Dezember 2023 – diesen Tag werde ich niemals vergessen – klopfte es an meiner Tür. Eine große Delegation trat ein und teilte mir die bittere Nachricht mit: Meine Inbar wurde bereits am 7. Oktober 2023 ermordet.
Die Mutter fordert ein Grab, »an dem ich weinen kann«
Es ist fast zwei Jahre her. Seit dem verfluchten 7. Oktober treffen wir uns in Israel und auf der ganzen Welt mit allen möglichen einflussreichen Personen, um Inbar zurückzuholen. Viele Künstler malen Graffiti mit der Überschrift »Free Pink« und fordern damit die Rückkehr meiner Tochter.
Inbar muss ordentlich bestattet werden, damit ich ein Grab habe, an dem ich weinen, mit ihr reden, eine Kerze anzünden und eine Blume niederlegen kann. Ich werde Inbari nicht mehr im Brautkleid zur Hochzeit begleiten. Ich will wenigstens ihren Sarg küssen können.
Seit dem verfluchten Schabbat flehe ich: Gebt mir mein Mädchen zurück! Jeder, der Einfluss auf die Hamas hat und Druck auf sie ausüben kann, Politiker und Influencer, Menschen- und Frauenrechtsorganisationen, helft mir, diesen Albtraum zu beenden. Gebt Inbar die ewige Ruhe. Und mir einen Abschluss, einen Ort, an dem ich um sie weinen und sie für immer lieben kann.