Nach dem handfesten Antisemitismus-Eklat sucht die Regierung Bosnien-Herzegowinas offenbar erstmals wieder die Annäherung zur Europäischen Rabbinerkonferenz. Am Mittwoch drückte Regierungschefin Borjana Kristo in einem Schreiben an den Präsidenten der Konferenz, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, Bedauern über einen jüngst eskalierten Streit aus.
Ursache des Disputs waren Äußerungen eines bosnischen Ministers, der angesichts des Gaza-Kriegs zum Boykott einer Tagung der Rabbinerkonferenz in Sarajevo aufgerufen hatte.
»Ich möchte meine tiefe Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass antisemitische Rhetorik in Bosnien und Herzegowina keinen Platz hat«, erklärte Kristo. Interreligiöser und interkultureller Dialog dienten in dem Vielvölkerstaat als »Eckpfeiler für gegenseitiges Vertrauen, Verständnis und anhaltenden Frieden«, betonte die Vorsitzende des Ministerrats. Sie lud Oberrabbiner Goldschmidt nach Sarajevo ein.
Weitere Konsequenzen verlangt
Vorige Woche fand die diesjährige Versammlung der Europäischen Rabbinerkonferenz unerwartet in München statt. Dem vorausgegangen war ein Aufruf von Bosnien-Herzegowinas Arbeits- und Sozialministers Adnan Delic, Sarajevo nicht zu einem Ort werden zu lassen, »der Völkermord rechtfertigt«. Auch das Hotel, in dem das Treffen der Rabbiner hätte stattfinden sollen, sagte kurzfristig ab. Goldschmidt bezeichnete die Vorgänge als »Schande«.
Am Mittwoch übte der Oberrabbiner erneut Kritik an den Politikern des Westbalkan-Staats. Zwar schätze man den »Entschuldigungsbrief« der Regierungschefin. »Eine echte Entschuldigung muss jedoch von den Verantwortlichen selbst kommen«, so Goldschmidt.
Sollte Minister Delic dazu nicht bereit sein, müsse er entlassen werden. »Alles andere bedeutet, dass Intoleranz im Herzen der Regierung geduldet wird - ungeachtet der Briefe, die man uns möglicherweise privat schickt«, sagte Goldschmidt. kna