Einspruch

Bibi und die Suche nach der Tugend

Natan Sznaider Foto: studio-thomas

Einspruch

Bibi und die Suche nach der Tugend

Natan Sznaider mag sich der Empörung über mögliche Korruption von Benjamin Netanjahu nicht anschließen

von Natan Sznaider  09.08.2017 12:24 Uhr

War es das? Gerade ist die Zelle des ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Olmert frei, schon hoffen einige Israelis, dass Benjamin Netanjahu bald dort einzieht. Seit 2009 ununterbrochen Ministerpräsident, bisher allen Anschuldigungen der Korruption immer ausgewichen, beginnt sich der Strick fester zu ziehen.

Korruption heißt ja nicht nur moralische Verdorbenheit und Sittenlosigkeit, sondern auch die Verletzung der allgemeinen Interessen für den privaten Vorteil. Das funktioniert aber nur, wenn der Verdorbenheit eine saubere Sittlichkeit gegenübersteht.

rücktritt Noch scheint »King Bibi« alles im Griff zu haben. Alles ganz normal, verkündete er. Das Ritual nahm seinen Lauf: Die Opposition fordert seinen Rücktritt, »Haaretz« schreibt giftige Leitartikel, und die Waffenträger des Königs verteidigen ihren Boss – allerdings vielleicht etwas schwerfälliger als sonst. Wegen ein paar Zigarren, ein bisschen Champagner und ein paar Medienabsprachen setze man doch keine Regierung ab, schimpfen sie, dies seien Verleumdungen. Die israelische Linke sei ja nicht imstande, jemals mehr Wahlen zu gewinnen, und versuche es jetzt auf diesem Weg.

Kann es sein, dass die Apologeten des Königs recht haben? Tugend und Bescheidenheit gelten heutzutage als progressive Politik. Nachdem Frieden für die meisten Israelis zu einer hoffnungslosen Illusion geworden ist, versucht das sich als progressiv verstehende Lager – ein Milieu aus Professoren, Journalisten, linken Abgeordneten und so weiter –, seine gesellschaftliche Deutungshoheit zurückzugewinnen.

lebensstil Dazu benutzt es die Tugend als Mantra, so wie in den 90er-Jahren den Frieden. Die Kritik am aufwendigen Lebensstil Netanjahus wird zur Politik der Tugend und die Enthauptung des Königs der letzte Schritt zur Republik.

Was bleibt, ist, auf Robespierre zu warten. Oder, wie Kant schon vor langer Zeit sagte: Es herrsche Gerechtigkeit, die Schelme in der Welt mögen auch insgesamt daran zugrunde gehen.

Der Autor ist Soziologe in Tel Aviv.

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Tschechien

Prag plant Botschaftsverlegung nach Jerusalem

Der neue Prager Außenminister Petr Macinka sagt, der Schritt sei überfällig

 18.12.2025

Jerusalem

Israel schließt 30-Milliarden-Deal mit Ägypten

Das Geschäft mit Ägypten soll die Position des jüdischen Staates als Energielieferant stärken. Was steckt hinter dem Abkommen?

 18.12.2025

Washington D.C.

Trump erklärt Nahost für befriedet – Waffenruhe in Gaza bleibt fragil

Unerwähnt bleibt das Schicksal der letzten noch im Gazastreifen festgehaltenen Geisel, Ran Gvili

 18.12.2025

Nachrichten

Väter, Gaza, Abriss

Kurzmeldungen aus Israel

von Imanuel Marcus, Sophie Albers Ben Chamo  17.12.2025

Tel Aviv

Sorge vor weiteren Anschlägen auf jüdische Ziele weltweit

Laut »Chadschot 13« warnt der Mossad vor »vor einem beispiellosen Anstieg von Zusammenschlüssen zur Durchführung von Terroranschlägen gegen Juden und Israelis im Ausland durch Iraner und Palästinenser«

 16.12.2025

Tel Aviv

Nach Anschlag von Bondi Beach: IDF verschärfen Sicherheitsregeln für Soldaten im Ausland

Unter anderem rät die Einsatzführung der Streitkräfte Soldaten davon ab, ihre Zugehörigkeit zur Armee offenzulegen

 16.12.2025

Diplomatie

US-Gesandter Barrack führt Gespräche in Jerusalem

Vor dem Fristende zur Entwaffnung der Hisbollah besucht der US-Gesandte Barrack die israelische Hauptstadt

 15.12.2025