Christian Semler

»Wir waren naiv«

Herr Semler, Sie gehörten 1968 zum Führungskreis des Berliner SDS um Rudi Dutschke. Neben Vietnam und der Springerpresse war eines Ihrer Hauptanliegen damals der »revolutionäre Kampf des palästinensischen Volkes gegen den Zionismus«. Wieso eigentlich?
semler: Das hing natürlich aufs Engste mit dem Sechstagekrieg 1967 zusammen. Davor gab es im SDS eine Verbundenheit mit linken Strömungen in Israel. Danach, auch unter dem Einfluss der revolutionären Bewegungen in der Dritten Welt, wurde der Staat Israel als abhängig vom »US-Imperialismus« gesehen. Und da man damals auf der Suche nach dem »revolutionären Subjekt« war, wurden die palästinensischen Gruppen dazu auserkoren.

War dieser antiisraelische Schwenk allgemeiner Konsens?
semler: Es gab immer innerhalb der radikalen Linken Teile, die diesen einseitigen Kurs kritisierten. Herbert Marcuse, der ja großen Einfluss hatte, war in dieser Frage keineswegs auf diesem Kurs. Auch Rudi Dutschke nicht. Aber generell muss man sagen, dass es nach 1967 diesen Schwenk gab.

Aus enttäuschter Liebe?
semler: Ganz bestimmt.

Nun sagen Kritiker allerdings, im Antizionismus der 68er habe immer auch eine kräftige Portion Antisemitismus mitgeschwungen.
semler: Ich glaube nicht, dass die damalige Form des Antizionismus, die damalige wohlgemerkt, Spuren des Antisemitismus in sich trug. Das hat sich später geändert.

Wann später?
semler: Ich denke da an Entebbe 1976, als deutsche Terroristen bei einer Flugzeugentführung jüdische Passagiere selektierten.

Im Rückblick: Wie beurteilen Sie Ihre damaligen Positionen heute?
semler: Letzten Endes war unsere Vorstellung, man könne in Nahost einen multiethnischen Staat errichten, in dem alle Völker friedlich miteinander leben, eine Idee, die an den realen Bedingungen völlig vorbeiging. Da waren wir naiv. Die Verteidigung des Existenzrechts Israels hat sich erst nach längeren Irrwegen wieder als Gemeingut der Linken herauskristallisiert.

Mit dem taz-Redakteur sprach
Michael Wuliger.

Deutschland

Merz will nach Wadephul-Bericht über Israel-Politik entscheiden

Der Bundeskanzler wird am Samstag mit dem Außenminister sprechen

 01.08.2025

Niedersachsen

Hannover will Kinder aus Gaza und Israel aufnehmen

Getragen wird die Initiative von einer ungewöhnlichen Allianz aus Stadt, jüdischer und palästinensischer Gemeinde

von Kilian Genius  01.08.2025

Nahost

Israel: Weitere Lkw mit Hilfsgütern erreichen Gazastreifen

Am Montag erreichten mehr als 200 Lastwagenladungen den Gazastreifen

 29.07.2025

Naher Osten

Trump fordert zu Essenslieferungen nach Gaza auf

Es gebe viele hungernde Menschen in Gaza, deswegen sei es jetzt vor allem wichtig, »dass die Menschen etwas zu essen bekommen«, so der US-Präsident

 28.07.2025

Großbritannien

Londoner Bürgermeister fordert Anerkennung von Palästinenserstaat

Aus israelischer Sicht würde ein solcher Schritt zu diesem Zeitpunkt einer Belohnung des Terrors gleichkommen

 24.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025