Die Sammlung Sachs

Mit Recht zurück

von Bernhard Schulz

Die Experten sind ratlos – und halten sich erst einmal bedeckt. Denn der Ausgang des Restitutionsverfahrens in Sachen Plakatsammlung Hans Sachs vor der 19. Zivilkammer des Landgerichts Berlin ist zunächst vorläufig. Das beklagte Deutsche Historische Museum (DHM) Berlin, Besitzer von (offiziell) 4.260 Plakaten der Sammlung Sachs und seit Kurzem rechtsfähige Stiftung, wird wohl in die Berufung vor das Kammergericht ziehen.
Der Fall ist, wie jeder Restitutionsvorgang, recht einzigartig. Gleichwohl wird er künftige Rechtsstreitigkeiten beeinflussen. Denn das Landgericht hat sowohl eine vor Jahrzehnten erfolgte Ausgleichszahlung nach dem Bundesrückerstattungsgesetz an den 1974 im amerikanischen Exil verstorbenen Sammler Hans Sachs unberücksichtigt gelassen wie auch jegliche Ausschlussfristen hinsichtlich des jetzigen Anspruchstellers, des Sachs-Sohnes Peter. Die Sammlung galt lange als verschollen. 1966 fand Hans Sachs heraus, dass sie im Ost-Berliner Museum für Deutsche Geschichte liegt. Seitens der DDR gab es bekanntlich keinerlei Restitution von NS-Raubgut. Darum aber handelt es sich: Die berühmte Plakatsammlung von Hans Sachs war 1938 auf Geheiß von NS-Propagandaminister Goebbels beschlagnahmt, der Sammler wochenlang ins KZ Oranienburg gesteckt worden. Als er daraufhin Deutschland mit Frau und Sohn Peter verließ, hatte er gerade noch 20 Reichsmark in der Tasche.
Über die Erhaltung der Sammlung im unerreichbaren DDR-Museum zeigte er sich 1966 gleichwohl hoch erfreut. Die Entschädigung in Höhe von 225.000 D-Mark, die er 1961 erhielt, fand er ausreichend. Dem Ost-Berliner Museum schrieb er, er habe »eine größere Abfindungssumme erhalten, die alle meine Ansprüche gedeckt hat«. Lediglich die öffentliche Ausstellung der Plakate mahnte er an.
Daran ließ es allerdings auch der Rechtsnachfolger des Ost-Berliner Hauses, das Deutsche Historische Museum, fehlen. Nicht einmal der genaue Umfang der Sammlung – von Sachs im Entschädigungsverfahren auf 8.000 Stück geschätzt – steht fest. Gut möglich, dass es mehr als die vom DHM eingeräumten 4.260 Stück sind. Im jetzigen Landgerichtsverfahren ging es lediglich um zwei Plakate, der Verfahrenskosten wegen. Eines davon wurde ausgesondert, da die Zugehörigkeit zur Sachs-Sammlung nicht belegt werden konnte; das andere jedoch sprach man dem Kläger zu. Mit der Begründung, die Entschädigungsleistung von 1961 stelle keineswegs einen Eigentumsverzicht des Sammlers dar, »weil die Plakatsammlung zu diesem Zeitpunkt als verschollen galt«, wie das Gericht ausführte. Peter Sachs wird nun wohl die gesamte Sammlung zurückfordern.
Interessant ist allerdings, dass sich Erbe und Museum zuvor zum Schiedsverfahren vor der sogenannten Limbach-Kommission bereit erklärt hatten. Die stillschweigende Voraussetzung eines solchen Verfahrens ist, dass beide Seiten sich dem Schiedsspruch unterwerfen. Der abweisenden Empfehlung der Kommission mochte sich Peter Sachs dann aber doch nicht fügen. Mit Erfolg, wie sich jetzt zeigt, zumindest in erster Gerichtsinstanz. Ob die nach ihrer Vorsitzenden, der früheren Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, benannte Kommission unter diesen Umständen noch eine Zukunft hat, will niemand voraussagen.
Die unmittelbare Einigung zwischen Anspruchsberechtigten und Museen, wie in vielen Fällen geräuschlos geschehen, erscheint als einfacherer Weg. Entscheidend bleibt nach den Prinzipien der Washingtoner Konferenz von 1998 das Kriterium der »NS-verfolgungsbedingten Entziehung«. Und die tritt im Falle Hans Sachs so deutlich zutage, dass die in anderen Fällen, wie Ernst Ludwig Kirchners »Berliner Straßenszene« aus dem Brücke-Museum, bestrittene »Zwangssituation« wahrlich außer Frage steht.
Warum der Erbe Peter Sachs allerdings seit 1990 oder auch seit 1998/99 gezögert hat, die Plakatsammlung seines Vaters zurückzufordern, bleibt sein Geheimnis. An der Geschichte seiner Sammelleidenschaft hat ihn der Vater nie teilhaben lassen. »Ich hätte ihn gerne besser gekannt«, hat er unlängst gesagt. Hans Sachs wollte vor allem eines: die Welt vom Wert der Plakatkunst überzeugen. Und zwar am besten durch die Präsentation seiner einzigartigen Sammlung.

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025