internet

irgendwiejüdisch.com

In Amerika hat alles angefangen. 2003 ging www.jewschool.com online, jewlicious.com folgte kurze Zeit später – die Vorreiter der amerikanischen jüdischen Blogosphäre. Inzwischen liest, wer wissen will, was los ist in der englischsprachigen jüdischen Welt, schon lange nicht mehr (nur) traditionsreiche Zeitungen wie den New Yorker Forward oder den Londoner Jewish Chronicle. Heute informieren Tausende jüdischer Blogs aller Richtungen und Interessengebiete über die großen Entwicklungen in den jüdischen Strömungen, berichten aus Israel oder bewerten politische Entwick-lungen. Webtagebücher gehören in den Vereinigten Staaten mittlerweile zu den einflussreichen und meistgenutzten Medien. Auch Rabbiner und Gemeinden betreiben eigene Blogs. Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen jedoch meist die un- abhängigen Blogger, die sich den Luxus erlauben können, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten zu berichten oder Ereignisse in besonderer Weise einzuordnen und zu kommentieren. Auch wenn es um die Bundesrepublik geht: Bei jewlicious schreibt ein(e) Blogger(in) namens »Froylein« regelmäßig auf Englisch über das jüdische Deutschland.

chuzpe blog Junge Juden aus Deutschland gehörten schon früh zu den regelmäßigen Lesern amerikanischer jüdischer Blogs. Durch sie wurden Sarah Silverman, der jüdische Reggaemusiker Matisyahu oder das Heeb Magazine auch hierzulande zu Begriffen, lange bevor sie von den Mainstreammedien »entdeckt« wurden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dann auch deutschsprachige jüdische Blogs ins Netz gingen. Pioniere waren dabei nicht etablierte Publizisten wie etwa Henryk Broder, sondern junge meinungsfreudige Juden, die nicht bereits Teil der Medienlandschaft waren. So entstand im November 2003 das Chuzpe Blog, das sich »das härteste jüdische Blog zwischen Tel Aviv und New York« nannte, aber seit 2006 nicht mehr aktualisiert wird. Dort herrschte ein rauer Ton, auch gegenüber Promis. Rafael Seligmann etwa wurde einmal ein »unerträglicher Dummschwätzer« genannt, weil er über einen Paul-Spiegel-Nachfolger noch vor dessen Beerdigung spekulierte.

mittendrin.com Inzwischen gibt es ei-ne ganze Reihe deutsch-jüdischer Blogs. Ihre Themen sind so vielfältig wie ihre Meinungen. Kaum eines von ihnen beschäftigt sich ausschließlich mit Israel oder Antisemitismus. Es geht meist weniger um große Politik, sondern um individuelle Sichtweisen und Erfahrungen. Unter den Bloggern sind einige, die tatsächlich eine Art Internettage-
buch führen und vor allem persönliche Erlebnisse schildern, wie etwa irgendwiejuedisch.blogspot.com. Hier berichtet eine junge Berlinerin aus ihrem Alltag als im Osten der Stadt aufgewachsenes Gemeindemitglied. Eine andere junge Frau, die sich im Netz »Anna« nennt, schreibt auf mittendrin. wordpress.com über ihr Leben als orthodoxe Jüdin im deutsch-jüdischen Alltag, mit allem, was dazu gehört: Familienfeiern, Konflikte mit der Mehrheitsgesellschaft, Antisemitismus im Alltag.
Andere Blogger thematisieren darüber hinaus auch Aktuelles und Grundsätzliches. Über konkrete Gemeindearbeit zum Beispiel bloggt auf http://zusya.blogs.com der Schüler Alexander Smolianitski, der bei verschiedenen Familienbildungs- und Kinderveranstaltungen aktiv und Mitorganisator von Limmud Deutschland ist. Der Rabbinatsstudent Adrian Michael Schell berichtet auf simanija.de von seiner Ausbildung am Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg und aus dem Leben in den Gemeinden, in denen er hospitiert; daneben kommentiert er aktuelle Ereignisse. Ein anderer Rabbinatsstudent im Internet ist Yoav Sapir. In Haifa geboren, studiert er in Heidelberg und hat ein Faible für längere, gelegentlich auch wissenschaftlich ausformulierte Blogbeiträge über alle Themen, die das Judentum berühren. Sapir war es, der begann, die deutschsprachigen jüdischen Blogger zu erfassen und anzuschreiben, um sie in einem Webring zu vereinen und eine Übersicht zu schaffen. Auf http://juden.in.deutschland.googlepages.com erscheinen seitdem die neuesten Beiträge jüdischer Blogger jeweils aktuell auf einer Seite.

hamantaschen.blog Es gibt auch Blogs, die nahezu keine persönlichen Details über ihre Betreiber verraten, sondern nur auf aktuelle Vorgänge hinweisen und zusätzliche Informationen liefern. Aus der deutschen Hauptstadt berichtet zum Beispiel juedisches-berlin.myblog.de, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen offiziellen Zeitschrift der Gemeinde. Im Gegenteil: Der Betreiber hält die Gemeindepolitik für »unerfreulich« und ist der Meinung, »dass die interessanteren Entwicklungen am Rand und außerhalb der offiziellen Gemeinde stattfinden«.
Deutschsprachige Blogs sind nicht auf den deutschen Sprachraum beschränkt. Mirjam Woelke etwa schreibt auf hamantaschen.blogspot. com über orthodoxes Judentum in Jerusalem, nicht romantisierend und Konflikte nicht aussparend. Das Blog jwalks5769.blogspot.com berichtet sporadisch aus New York.
Anders als in den USA sind hierzulande Rabbiner oder offizielle Vertreter jüdischer Gemeinden bisher noch nicht Teil der Blogosphäre. Aber auch in Deutschland dürfte es nicht mehr allzu lange dauern, bis offizielle jüdische Institutionen nachziehen und im Blog ein Mittel erkennen, mit dem man eine Generation erreicht, für die das Internet das primäre Informationsmedium ist.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025