Israel kämpft

In der Falle

von Christian Böhme

Es herrscht Krieg. Menschen sterben, andere sitzen in Luftschutzkellern und fürchten um ihr Leben. Raketen fliegen, schlagen ein, töten Männer, Frauen und Kinder, zerstören Häuser und Straßen. Soldaten erschießen und werden erschossen. Trauer, Leid, Verzweiflung und Wut. Eine Tragödie. Mußte es dazu kommen? Mußte Israel so »überzogen« reagieren?
Die Frage ist falsch gestellt. Sie muß lauten: Was hätte Israel denn tun sollen? Kassam-Raketen aus Gasa, Hisbollah-Katjuschas aus dem Süden des Libanon, Selbst mordattentäter in Tel Aviv und Jerusalem – in einer solchen Verteidigungssituation gibt es kein Falsch und kein Richtig. Ein Staat und seine Bürger werden angegriffen, immer wieder. Irgendwann platzt einem der Kragen. Auch, weil man gesehen hat, daß die Wörter »Kompromiß« und »Angebot« beim Gegner mit »Schwäche« und »Niederlage« übersetzt werden. Frieden? Kein Interesse. »Unverhältnismäßig« sei Israels Reaktion auf solches Denken und auf die daraus folgende alltägliche Aggression. Die Antwort Jerusalems wirkt unangemessen. Aber was wäre »angemessen« gewesen? Der Publizist Henryk M. Broder hat die rhetorische Frage bei Spiegel Online ebenso rhetorisch beantwortet: »Eine Beschwerde beim Sicherheitsrat der UNO? Eine Einladung an die Hamas und die Hisbollah zu einem Runden Tisch irgendwo auf halber Strecke zwischen Gasa und Metulla? Ein Appell an die kollektive Vernunft der freien Welt verbunden mit der Bitte, mäßigend auf die Hamas und die Hisbollah einzuwirken?« Ja, diese Tage sind scheinheilig. Ursache und Wirkung? Längst vergessen, wenn überhaupt je wahrgenommen.
Dennoch kann man Israel einen Vorwurf machen: Es hat sich in eine Falle locken lassen, ist den Terroristen auf den Leim gegangen. Raffiniert haben die Strategen mit der Entführung von Soldaten Israel zum Krieg gezwungen. Denn den Strippenziehern war vollkommen klar, daß sich Jerusalem niemals auf einen Deal mit Hamas-Hisbollah einlassen wird, nicht ein-
lassen kann. Um der eigenen Glaubwürdigkeit willen würde Israel Vergeltung üben. Abschreckung aus Prinzip. Der Plan ging auf. Israel handelt, um als Macht nicht ohnmächtig zu wirken. Nun führt der jüdische Staat gleich drei Verteidigungskriege: einen im Libanon, einen in Gasa und einen gegen weltöffentliche Meinung, für die Opfer und Täter längst ausgemacht sind.
Aber es gibt, wie in jedem Krieg, auch die Profiteure. Sie sitzen in Teheran und Damaskus, reiben sich angesichts der Gewalt fröhlich die Hände und haben an einem Ende des blutigen Konflikts kein Interesse. Warum auch? Sie haben ja die von ihnen hochgerüsteten Truppen, die in die Schlacht gegen den Erzfeind ziehen. Stellvertreterkrieg nennt man so etwas. Und mit so einem läßt es sich gut leben. Man braucht gar nicht groß in Erscheinung zu treten, und trotzdem läuft alles, wie gewünscht. Hauptsache Chaos. Doch so sehr die Dunkelmänner in Syrien und Iran auch versuchen, ihre Spuren zu verwischen – sie haben das Kriegsfeuer entfacht und halten es mit allen Mitteln am Lodern, ideologisch und militärisch. Schon lange ist bekannt, daß Teheran und Damaskus Hauptsponsoren des Terrorismus sind. Die Schlagkraft der Hamas und der Hisbollah gebe es nicht ohne Geld und Know-how ihrer Paten. Bräuchte es wirklich noch eines sichtbaren Beweises, der auf eine israelische Korvette abgefeuerte Marschflugkörper vom Typ C-802 wäre es. High-Tech made in Iran für Mörder.
Das alles ist kühl kalkuliert und reicht weit über Libanon, Israel und Gasa hinaus. Die Staatschefs in Iran und Syrien, Mahmud Ahmadinedschad und Baschar Hafiz al-Assad, wollen im Nahen Osten mitreden. Für sie ist der Stellvertreterkrieg auch einer gegen die USA, den »großen Teufel«. Der Hypermacht soll ganz klar vor Augen geführt werden, daß ohne die selbsternannten Regionalmächte in dieser Weltgegend nichts läuft. Ihre Botschaft lautet schlicht und brutal: Respektiert ihr unsere Wünsche und Bedürfnisse nicht, dann droht eine Irakisierung des Nahen Ostens. So ganz nebenbei verschwindet zumindest für kurze Zeit Teherans Atomprogramm von der politischen Tagesordnung. Auch das kann den Mullahs nur recht sein.
Ist die trostlose Situation auch eine ausweglose? Im Moment hat es den Anschein. Und doch gibt es Licht im finsteren Tunnel. Eine Pufferzone im Süden Libanons könnte ein diplomatischer Ausweg sein. Aber so verständlich es ist, daß Israel selbst eine raketenfreie Zone schaffen will – es wäre die Aufgabe der Weltgemeinschaft, zum Beispiel mit UN-Blauhelmen diese Art von Grenzsicherung zu übernehmen. Mit Blauhelmen, die schießen dürfen, vielleicht sogar müssen, um die Milizen zu entwaffnen. Um des Friedens willen.

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025