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»Gebrauch von Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen zutiefst verstörend und unerträglich«

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Nach den neuerlichen Vorwürfen gegen Hans-Georg Maaßen hat sich die CDU in deutlichen Worten von ihrem ebenso prominenten wie einflussreichen Mitglied distanziert. Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident wurde diese Woche unter anderem vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung wegen Holocaust-Relativierung und der Verbreitung antisemitischer Aussagen kritisiert.

Nun teilte eine Sprecherin der CDU auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen mit: »Wir distanzieren uns in jeder Hinsicht und in aller Deutlichkeit von den Äußerungen Hans-Georg Maaßens. Seine wiederholten Anspielungen auf und der Gebrauch von Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen sind zutiefst verstörend und unerträglich.« Maaßen müsse sich selbst die Frage stellen, ob die CDU noch seine politische Heimat sein kann.

RÜCKBLICK Ein Twitter-Beitrag Maaßens hatte diese Woche einmal mehr für Empörung gesorgt. Kritik äußerten neben dem Antisemitismusbeauftragten des Bundes, Felix Klein, auch das American Jewish Committe (AJC) und das Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS). 

Maaßen hatte in einem Tweet geschrieben, die Stoßrichtung der »treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum« sei ein »eliminatorischer Rassismus gegen Weiße«.

Felix Klein wies darauf hin, dass Maaßens Formulierung »ganz klar die Grenze demokratischer Legitimität« überschreite. Der Begriff des »eliminatorischen Antisemitismus« wurde vom Historiker Daniel Goldhagen für die Beschreibung der nationalsozialistischen Verbrechen geprägt. Die Übernahme dieses Vokabulars relativiere die Schoa, so Klein. Die so entstehende Täter-Opfer-Umkehr sei »typisch für antisemitische Hetze«.

RIAS Auch Daniel Poensgen vom Bundesverband RIAS äußerte sich zu dem Fall: Mit seiner Formulierung wecke Maaßen »Assoziationen zur Beschreibung des nationalsozialistischen Vernichtungsantisemitismus«.

»Die Vorstellung, dass ›Weiße‹, ›Deutsche‹ oder auch andere Kollektive Opfer eines neuen Holocausts seien, ist eine weit verbreitete Form der Schoa-Relativierung«, erklärte der wissenschaftliche Referent im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Die von Maaßen zum Ausdruck gebrachte Idee sei »aktuell häufiger Gegenstand antisemitischer Stereotype«.

Der Direktor des AJC in Berlin, Remko Leemhuis, sagte auf Anfrage dieser Zeitung, dass Maaßen schon seit längerem eine Kommunikationsstrategie verfolge, »die wir aus der extremen Rechten kennen«. Das werde aus »aus Begrifflichkeiten, Vokabeln und Codes ersichtlich, die er verwendet«. Leemhuis fordert daher: »Die CDU sollte sich zu ihm und seinen Äußerungen daher endlich deutlicher positionieren, als das bis jetzt der Fall ist.«

BUCHENWALD Zuvor hatte bereits der Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, scharfe Kritik an Maaßen geäußert. Dieser betreibe »klassische rechtsextreme Schuldumkehr und zeigt sich einmal mehr als Geschichtsrevisionist«, so Wagner in einem Kommentar für diese Zeitung. Es sei nicht das erste Mal, dass Maaßen »antisemitische Chiffren« verbreite. Wagner fordert von der CDU, »sich so schnell wie möglich von dem Mann zu trennen«.  

Wagners Text wurde daraufhin von Ruprecht Polenz, der von 1993 bis 2013 für die CDU im Bundestag saß, auf Twitter aufgegriffen. An die CDU Thüringen gerichtet, forderte er: »Parteiausschluss-Verfahren jetzt«. Polenz war im Jahr 2000 kurzzeitig auch der Generalsekretär seiner Partei.

Maaßen stand bereits Anfang vergangenen Jahres in der Kritik, weil er ein Video des als Verschwörungstheoretiker und Antisemiten kritisierten Mikrobiologen Sucharit Bhakdi in den sozialen Medien teilte. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte damals in einem Interview mit Domradio: »Wer solche Theorien noch weiter verbreitet oder sich solchen Theorien anschließt, der ist in meinen Augen nichts anderes als selber ein Antisemit.«

PARTEI Die CDU-Politikerin Karin Prien, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin und Sprecherin des Jüdischen Forums, forderte im Januar 2022 den Ausschluss Maaßens aus der Partei. Der damals noch designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz äußerte sich jedoch zurückhaltender: »Die Hürden für Parteiausschlüsse sind hoch. Das muss aktives, parteischädigendes Verhalten sein. Herr Maaßen bleibt immer gerade so unter dieser Grenze.« 

Maaßen stehe am Rand der Partei und man solle seinen Aussagen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken, so Merz in einem ARD-Interview im Januar vergangenen Jahres. 

Bei der Bundestagswahl im September 2021 wurde Maaßen von der thüringischen CDU als Direktkandidat aufgestellt. Maaßen verlor jedoch gegen Frank Ullrich (SPD) und zog daher nicht in den Bundestag ein.

Für Maaßen gibt es dennoch erste Konsequenzen: Wegen der Kritik an zahlreichen seiner Äußerungen erklärte der Verlag C.H. Beck am Donnerstag, seine Zusammenarbeit mit Maaßen beendet zu haben. ja

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