Ben-Gurion-Flughafen

Der Traum vom (billigen) Fliegen

von Wladimir Struminski

Israel zum Spartarif. Für schlappe 200, ja 165 Euro lässt sich dieser Tage ein Flug aus Deutschland nach Israel ergattern. Auch in anderen europäischen Ländern kommen Schnäppchenjäger immer öfter zum Zuge. Das, so Oren Drori, stellvertretender Generaldirektor für Marketingfragen im Jerusalemer Fremdenverkehrsministerium, ist der anlau-
fenden Reform des israelischen Luftverkehrs zu verdanken. Durch eine Lockerung der jahrzehntelang verkrusteten Wettbewerbsregeln starten und landen heute mehr Airlines als je zuvor auf dem Ben-Gurion-Flughafen. »2007«, erklärt das israelische Verkehrsministerium, »boten 38 Luftverkehrsunternehmen Linienflüge nach Israel an.« Immerhin zwei mehr als im Jahr zuvor, und in diesem Jahr geht die Zahl weiter nach oben.
Zu den Newcomern gehören Billigflieger wie Thompson und BMI aus Großbritannien, die französische Corsair oder die belgische Jetair. Auch der Billig-Riese Ryanair ist an Israel interessiert. Ab Sommer 2008 fliegt die deutsche Germania drei Mal die Woche nach Tel Aviv und gesellt sich damit zu Lufthansa, EL AL, Israir und Tuifly. »Allerdings«, klagt Drori, »ist das Angebot an preiswerten Tickets auf Israel-Strecken bisher begrenzt. Auf die wirklich billigen Reisemöglichkeiten entfällt im Flugverkehr zwischen Europa und Israel nur ein kleiner Teil der Sitzkapazität«. Die Folge: Um in den Genuss eines Billigtickets zu kommen, muss der europäische Fluggast in der Regel außerhalb der Hochsaison fliegen, ungünstige Flugzeiten in Kauf nehmen oder einfach bei der Bestellung Glück haben.
Damit mehr Europäer – und in umgekehrter Richtung auch Israelis – auf ihre Kosten kommen, wollen die EU und Israel ihre Luftverkehrsbeziehungen reformieren. Vor einem Monat unterzeichneten Jerusalem und Brüssel ein Memorandum über Grundzüge eines neuen Luftverkehrsabkommens, das Israels bisherige, bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen EU-Ländern ablösen wird. Dann darf jede europäische Airline von jedem EU-Flughafen nach Israel starten, und nicht nur – wie es heute der Fall ist – mit Regierungslizenz und nur aus ihrem jeweiligen Heimatland.
Bis das neue Vertragswerk perfekt ist, werden bestehende bilaterale Abkommen mit einzelnen EU-Ländern nachgebessert. Dabei gibt es auch Rückschläge. Im Februar wurden die deutsch-israelischen Luftverkehrsverhandlungen ergebnislos abgebrochen: Berlin sah sich außerstande, den israelischen Wunsch nach mehr Startmöglichkeiten in Frankfurt zu erfüllen. Und zwar nicht nur, weil der Rhein-Main-Flughafen an notorischer Platzknappheit leidet. Vielmehr, so die deutsche Auffassung, würde eine solche Konzession gegen EU-Bestimmungen verstoßen. Nun herrscht Funkstille. Davon ist vor allem die Lufthansa betroffen. »Wir wollten«, heißt es beim Israel-Büro der deutschen Airline, »die seit 2003 ruhende Stecke zwischen München und Ben-Gurion wieder in Be-
trieb nehmen«. Daraus wird nun nichts.
Von solchen Turbulenzen lassen sich Optimisten jedoch nicht entmutigen. »Wir glauben, dass der Wettbewerb auf längere Sicht bessere Verbindungen und niedrigere Preise mit sich bringt«, erklärte eine Sprecherin der israelischen Fluggesellschaft Israir gegenüber der Jüdischen Allgemeinen.
Marketingexperte Drori glaubt, dass ein dauerhaft niedrigeres Preisniveau den Airlines wie der israelischen Fremdenverkehrsbranche neue Kundengruppen erschließen wird. »Wer nur am Strand braun werden will, kommt auch mit Billigfliegern nicht nach Israel«, weiß Drori. »Allerdings werden sich viele Urlauber, die Erholung und Bil-dungsurlaub vereinen wollen, von attraktiveren Flug- preisen angesprochen fühlen.« Und auch für den jüdischen Besucher hätte ein billigeres Reiseland Israel einen besonderen Reiz. Viele kommen zwar auch zum teuren Tarif nach Israel, bei Sparpreisen könnten sie sich einen Abstecher zu Familie und Freunden jedoch regelmäßig leisten.
Der Andrang der Flieger zeigt auch jetzt schon am Ben-Gurion-Flughafen Wirkung. Im Sommer öffnet an Israels internationalem Airport der alte Terminal 1 wieder seine Pforten. Dort sollen in Zukunft Passagiere der Billigairlines abgefertigt werden. Die Gleichung ist schlicht: weniger Komfort als im neuen, prächtigen »Terminal 3«, dafür aber auch niedrigere Flughafengebühren. Möglicherweise wird auch der nördlich von Eilat gelegene Charter-Flugplatz Ovda für den Linienflugverkehr hergerichtet. Damit könnten Reisende Bade-
urlaub am Roten Meer bequem mit einer Tour durchs ganze Land verbinden.
Langfristig braucht Israel ohnehin ei-
nen neuen Airport. »Die heute bestehende Kapazität des Ben-Gurion-Flughafens von zwölf Millionen Fluggästen pro Jahr«, sagt Charles Solomon, der für Wirtschaft und Planung zuständige stellvertretende Generaldirektor des Verkehrsministeriums »könnte schon in wenigen Jahren erschöpft sein«. Ein Ausbau wäre – in begrenztem Umfang – möglich, doch plant das Verkehrsressort jetzt bereits einen neuen Airport in der Provinz. Als bevorzugter Standort gilt das in der Jesreel-Ebene gelegene Megiddo. Dort könnten die aus Europa ankommenden Maschinen für niedrigere Gebühren als in Tel Aviv abgefertigt werden: für Billigflieger ein oft entscheidendes Plus.

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025