Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Foto: picture alliance / ZB

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Im Osten ist die AfD besonders stark. Allerdings etablieren sich auch andere rechtsextremistische Bestrebungen

von Christopher Kissmann  19.05.2025 17:39 Uhr

Der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt sieht im Rechtsextremismus ein erhebliches Bedrohungspotenzial für die Demokratie in Deutschland. »Wir sehen eine gestiegene Gewaltbereitschaft bei Rechtsextremisten, auch bei aktionsorientierten Jugendlichen«, sagte Landesverfassungsschutzchef Jochen Hollmann. »Der Rechtsextremismus stellt in seiner ganzen Bandbreite eine erhebliche Bedrohung für unsere Demokratie dar.«

Seit 2022 wird ein Zuzug rechtsextremistischer Akteure, insbesondere aus Nordrhein-Westfalen, in den Landkreis Harz beobachtet. Diese bundesweit bekannten Rechtsextremisten nehmen etwa in Halberstadt immer wieder an Montagsdemonstrationen teil, an denen sich auch AfD-Anhänger beteiligen.

»Rechtsextremisten können in den ländlichen Räumen Ostdeutschlands ihre Bestrebungen offensichtlich leichter entfalten als in anderen Teilen Deutschlands. Sie erfahren vergleichsweise geringen Widerspruch«, sagte Hollmann.

CDU kooperiert mit AfD

In Sachsen-Anhalt wird 2026 ein neuer Landtag gewählt. Doch bereits jetzt übt die AfD in einigen Kommunen Einfluss aus. Eine Brandmauer seitens der CDU gibt es häufig nicht, in einigen Kommunalvertretungen gibt es punktuell eine Zusammenarbeit mit der AfD. Die AfD wird in Sachsen-Anhalt schon seit Längerem als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Lesen Sie auch

Der Magdeburger Rechtsextremismus-Experte David Begrich vom Verein Miteinander sieht insgesamt eine Normalisierung von rechten Deutungs- und Politikangeboten. In Roßlau etwa konnte mit AfD-Ortsbürgermeister Laurens Nothdurft zum 80. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai ein Mann sein Geschichtsverständnis in offizieller Funktion darlegen, der sich einst im rechtsextremen Verein Heimattreue Deutsche Jugend engagierte. Die deutschen Opfer nannte er nach Teilnehmerangaben zuerst, es folgten die russischen. Worte zu den von den Nationalsozialisten ermordeten Juden gab es keine.

»Vor zehn Jahren wäre das anders behandelt worden. Es wäre ein bundesweiter Skandal gewesen, dass er dort überhaupt spricht«, sagte Begrich. Er beobachtet eine Abstumpfung und Ermüdung im öffentlichen Diskurs. »Die AfD und ihr politisches Vorfeld setzen auf diese Erschöpfung. Die öffentliche Debatte wird geflutet, um den Gegnern keine Atempause zu geben.«

»Wunsch nach Systemsturz«

Weil die AfD in der Politik laut ist und den Ton verschärft, gedeihen in ihrem Windschatten aus Sicht von Begrich auch andere rechtsextreme Bestrebungen, die sich an Kundgebungen wie im Harz beteiligen. Wut auf den Staat, wie sie etwa auch bei Demos zum Ausdruck komme, sei nicht verboten, so Begrich. Aber: »Halberstadt ist mehr. Da gibt es einen diffusen Wunsch nach einem Systemsturz.«

Die AfD in Sachsen-Anhalt weist solche Vorwürfe zurück. »Wir als AfD sind eine zutiefst demokratische Partei«, heißt es auf Anfrage. Häufig würden der AfD »unrichtige bis unwahre Dinge zugeschrieben, weil sich politische Kontrahenten dadurch einen eigenen Vorteil erhoffen«. Überdies liege es in der Verantwortung eines jeden Bürgers, »ob und an welchen Veranstaltungen er sich beteiligt, solange es sich um friedliche, legale Demonstrationen handelt«.

Unlängst wurde die AfD auch bundesweit als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuft. Diese Einordnung des Verfassungsschutzes wurde kurz darauf ausgesetzt, bis die juristischen Möglichkeiten der AfD, dagegen vorzugehen, erschöpft sind. (mit ja)

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025

London

Nach antisemitischem Post: Lineker hört bei BBC auf

In den sozialen Medien teilt Gary Lineker einen Beitrag zum Israel-Gaza-Konflikt mit antisemitischer Konnotation. Nun zieht der frühere Fußballstar die Konsequenz

 19.05.2025

Erinnerungskultur

Beauftragter Klein will neues Konzept für NS-Gedenkstätten

Sie erinnern an die NS-Verbrechen und lenken den Blick auf die Gegenwart: Gedenkstätten. Sie bräuchten verlässlich Gelder und gut ausgebildetes Personal, sagt der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus

von Leticia Witte  19.05.2025