Schule

Zwischen Abschied und Aufbruch

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch (6.v.l.) und Michaela Rychlá (5.v.r.) mit den Abiturienten Foto: Andreas Gregor

Schaut man auf die letzten Jahre der Verabschiedung der Ab­iturienten, so hat sich vieles getan. 2018 geschah dies »mit viel Stolz«, 2019 hieß es »Ab in die Zukunft«, 2020 blickte man auf »ein Jahr besonderer Prüfung«, und 2021 resümierte man Schulzeit und jüdischen Religionsunterricht als »Kompass fürs Leben«.

Auch wenn es jedes Jahr im Sommer gilt, mit Freude und Wehmut einen Jahrgang aus dem Schulalltag zu entlassen, so findet Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, stets einen neuen Ansatz, die Schulabgängerinnen und Schulabgänger originell zu verabschieden. Dieses Mal nahm sie Bezug auf ein Zitat des Schriftstellers Lion Feuchtwanger: »Im Grunde nimmt man jeden Tag von irgendetwas Abschied, ohne es zu wissen.«

Schule bedeute ein enges, aber auch behagliches Korsett. Das lasse man nun hinter sich für »eine große Chance, zu werden, was ihr seid«. Diese Herausforderung würde gemeistert dank der Beharrlichkeit und Ausdauer über die »letzten, oftmals schwierigen Jahre« – mit »Geduld und Eigenverantwortung«. 2021/2022 habe man 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland gefeiert. Für das Judentum sei selbst diese lange Zeit nur ein kurzer Abschnitt. Knobloch appellierte an den Abiturjahrgang: »Die Tradition ist ein Auftrag an jeden von uns, das fortzuschreiben, was wir von den vorangegangenen Generationen ererbt haben.« Gleichzeitig dankte sie dem Lehrkörper – Chani Diskin, Michaela Rychlá, Markus Sternecker und German Djanatliev – für die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, die zu solch stolzen Ergebnissen führe.

Das Kultusministerium war vertreten durch Gertrud Michl und Wolfgang Mutter, das Luitpold-Gymnasium durch die Direktorin Renate Matthias und Studiendirektor Horst Heuring. Die Teilnahme der Rabbiner Avigdor Bergauz und Shmuel A. Brodman, des IKG-Geschäftsführers Steven Guttmann sowie von Vorstandsmitglied Eugen Alter unterstrich für die Abiturienten und ihre Familien die Bedeutung dieses festlichen Termins zwischen Abschied und Aufbruch im Restaurant »Einstein«.

Michaela Rychlá, seit 19 Jahren als Religionslehrerin in München tätig, richtete dieses Jahr die Abschiedsfeier aus. Sie wünsche sich, dass ihre ehemaligen Schülerinnen und Schüler »unseren jüdischen Weg weitergehen«. Wie intensiv sie mit ihnen arbeitete, wurde im Vortrag von Stella Spivak deutlich, die einen kurzen, doch gehaltvollen Exkurs über die Bedeutung der Erlösung und des Messias für »die Zukunft des Judentums« wie auch »den Zustand der Menschheit« hielt.

Markus Sternecker, der den Abiturjahrgang vorbereitete, zitierte Rabbi Akiba und Maimonides und sprach davon, dass Lehrer auch von ihren Schülern lernten. Isabella Ghazaryau, die, der weit zurückreichenden Familientradition folgend, Medizin studieren will, hielt eine launige Rede über die Schulzeit und dankte den Eltern, die »Pfeiler im Chaos des Lebens« seien. Aus der täglichen Amida zitierte der Basketballer Bence Kanyo, der sich auf sein Studium der Sportwissenschaft freut. Simon Benjamin Bigagli will Deutsch und Französisch auf Lehramt studieren, Stella Spivak möchte für ein Jahr nach Israel gehen und dann entscheiden, ob sie dort an der Bezalel-Kunsthochschule studiert oder nach London oder Wien weiterzieht. Mirjam Weissmann will Sozialarbeiterin werden.

Alle hätten konkrete Ziele für die nähere Zukunft und fühlten sich am Beginn eines »neuen Lebenskapitels«, wie Isabella Ghazaryau betonte.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025