München

Zeugnisse jüdischen Lebens

Sturmschäden am Grab Julius L. Feuchtwangers auf dem jüdischen Friedhof in Thalkirchen Foto: © IKG München & Obb. / P. Töglhofer

München

Zeugnisse jüdischen Lebens

Das Landesamt für Denkmalpflege kartografiert die Friedhöfe in Thalkirchen und Freimann

von Ellen Presser  21.01.2025 17:26 Uhr

Für den Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaen­le, »sind die jüdischen Friedhöfe Quellen zur Geschichte des jüdischen Lebens vor Ort wie auch für die Regional- und Sozialgeschichte«. Da fügt sich das Projekt des Landesamtes für Denkmalpflege perfekt ein, das 124 historische jüdische Friedhöfe mit rund 80.000 Grabsteinen, manche noch aus dem 15. beziehungsweise 16. Jahrhundert, in Bayern kartografierte. Zuletzt waren die beiden jüdischen Friedhöfe in München an der Reihe, der eine in Thalkirchen, eröffnet 1816, der andere in Freimann, in Betrieb seit 1908.

Zunächst wurden Grundrisspläne erstellt. Für den Alten Israelitischen Friedhof ist der Überblick über die rund 3500 sichtbaren Grabstellen so weit gediehen, dass an fünf Grabsteinen Schäden durch Steinzerfall, Verwitterung, Metallkorrosion und Pflanzenwuchs beispielhaft dokumentiert wurden. Längerfristig ist die Dokumentation von rund 300 Grabsteinen geplant, darunter bedeutsame kunsthistorische Denkmäler wie das Grabmal für den Dramatiker Michael Beer, ein Bauwerk Leo von Klenzes, und besonders gefährdete Grabsteine.

Dazu gehören die Dokumentation von Schäden durch alte Bäume unter Schneelast, Zerstörung von bildhauerischen Arbeiten und Inschriften infolge Schuppenbildung und Abschälung, gefolgt von vorsichtiger Reinigung mit Wasser ohne chemische Zusätze zur Entfernung von Flechtenwuchs und Mikropartikelbefall. Ein spezielles Fotografier-Verfahren mit Streiflicht bringt unleserlich gewordene Inschriften im wahrsten Sinne des Wortes wieder zutage.

Gefragt sind – wie man im Bauwesen sagen würde – ganz verschiedene »Gewerke«: Kulturgeologen, Steinrestauratoren, Baumpfleger, Reiniger, Fotografen, Judaisten, Hebräisch-kundige Historiker und Archivare sowie IT-Spezialisten. Ziel ist nämlich, am Ende alle Informationen zu den Grabsteinen – Verortung, Inschriften, kunstgeschichtliche Beschreibung, Material, Zustand, biografische Daten der verstorbenen Person – in der Datenbank bet-olam-bayern.de zu speichern.

Einen wertvollen Beitrag könnte das Dokumentationsarchiv von Chaim Frank darstellen, der bereits vor 20 Jahren die Gräber am Alten Israelitischen Friedhof systematisch fotografierte und beschrieb. Seine Erkenntnisse sind teilweise die einzigen Zeugnisse, wo Sturmböen, Pilz- und Algenbefall, Wildwuchs und Erosion bereits irreparable Schäden verursachten. Das Kulturreferat der Landeshauptstadt bemüht sich derzeit, diese historischen Daten zu sichern.

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  02.09.2025

Universität

Starke junge Stimme

Seit dem 7. Oktober 2023 versucht der Verband Jüdischer Studenten in Bayern, mit seinen Aktivitäten vor allem auf dem Campus einen Weg zurück zur Normalität zu finden

von Luis Gruhler  02.09.2025

Hilfe

»Licht in den Alltag bringen«

Naomi Birnbach über den Berliner Mitzwa Express, der mit Kindern arbeitet und den vom Terror schwer getroffenen Kibbuz Kfar Aza unterstützt

von Christine Schmitt  02.09.2025

Unterstützung

38.000 jüdische Kontingentflüchtlinge erhielten Rentenausgleich

Nach Angaben der Stiftung Härtefallfonds des Bundes wurden insgesamt 169.000 Anträge geprüft

 01.09.2025

Vorschau

Volk des Buches

Zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur

von Nora Niemann  01.09.2025

Meinung

Schlechte Zeiten für Frankfurts Juden

Durch die Radikalisierung der israelfeindlichen Szene ist die jüdische Gemeinschaft der Mainmetropole zunehmend verunsichert. In der Stadtgesellschaft interessiert das jedoch nur wenige

von Eugen El  01.09.2025

Vor 80 Jahren

Neuanfang nach der Schoa: Erster Gottesdienst in Frankfurts Westendsynagoge

1945 feierten Überlebende und US-Soldaten den ersten Gottesdienst in der Westendsynagoge nach der Schoa

von Leticia Witte  01.09.2025

Forschung

Storys per QR-Code

Studierende der TU recherchieren zu Geschichte und Gegenwart jüdischen Lebens im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

von Helmut Kuhn  31.08.2025

Bildung

Mathe, Kunst, Hebräisch

Diese Woche ist die Jüdische Grundschule in Dortmund feierlich eröffnet worden. Warum entscheiden sich Eltern, ihr Kind auf eine konfessionell geprägte Schule zu schicken – und warum nicht?

von Christine Schmitt, Katrin Richter  31.08.2025