Nordrhein-Westfalen

Zeichen der Erinnerung

An der Einweihung der Kunstinstallation am Bunker auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge nahm unter anderen Zentralratsvizepräsident Abraham Lehrer (2.v.r.) teil. Foto: Christian Beier

Mit einem Festakt wurde am Wochenende der Einweihung der Solinger Synagoge vor 150 Jahren gedacht. Der neuromanische Sakralbau an der Malteserstraße in der Solinger Innenstadt existiert aber nicht mehr: Im November 1938 wurde das jüdische Gemeindezentrum niedergebrannt, auf dem Abrissgelände ein Bunker errichtet, der den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegsjahre überstanden hat.

Dieser Bunker stand optisch im Zeichen der Erinnerung: Bei dem Festakt enthüllten Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) und der bergische Rabbiner Chaim Kornblum in Anwesenheit von Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, eine über dem Eingang des mit Efeu überwucherten Stahl- und Betonkolosses angebrachte Fensterrose.

INSTALLATION Das Kunstobjekt, mit vier Metern Durchmesser und innen aus sechs Kreisen mit einem Davidstern bestehend, die sich um einen Innenkreis verteilen, greift die Gestalt der originalen Fensterrosen der Synagoge auf, die einst an den Seitenmauern eingelassen waren. Die Installation aus Cortenstahl ist ein Werk des Solinger Künstlers Michael Bauer-Brandes. Sie besteht, so Kurzbach, aus einem »unvergänglichen, aber sich wandelnden Material«. »Auch das hat eine starke Symbolik!«

Seit 1995 gibt es eine Initiative, die damals eine Ausstellung über die Solinger Synagoge schuf.

Leonid Goldberg, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal, begrüßte es, dass »aus dem hässlichen Bunker nun endlich etwas gemacht wird, was auf das ursprüngliche Gebäude und seine Bedeutung an diesem Standort verweist«. Er sei dem Oberbürgermeister und den Solinger Ratsmitgliedern »sehr dankbar für ihren Einsatz«, sagte Goldberg, zu dessen Gemeinde auch die jüdischen Bürger Solingens gehören. Rabbiner Chaim Kornblum sagte der Jüdischen Allgemeinen, die Einweihung der Fensterrose sei eine »gelungene Veranstaltung«.

Für Tim Kurzbach, der schon als Jugendlicher bei Gedenkveranstaltungen vor dem Kriegsrelikt auf dem Gelände des jüdischen Gotteshauses stand, soll dieser Abend der Beginn sein, in der Klingenstadt eine »Topografie der Erinnerung« zu schaffen, »in die der Bunker nun konzeptionell und didaktisch eingebunden wird«.

GEDENKEN Seit 1995 gibt es eine Initiative, die damals eine Ausstellung über die Synagoge der Stadt schuf. Und lange wurde überlegt und gerungen, wie »der Bunker in das Gedenken an die Synagoge, an deren Platz er steht, sinnvoll und angemessen einbezogen werden könnte«.

Heute leben rund 300 Jüdinnen und Juden in Solingen.

Kurzbach versteht Erinnerungskultur als einen »andauernder Prozess«, der sowohl der »Kontinuität als auch einer beständigen Erneuerung bedarf«. Und für junge Menschen müsse diese »aktuell und interessant« sein. Für Solingen bedeute dies, dass von jeder Generation die Erinnerungsorte neu entdeckt werden müssten. Sie müssten zur Auseinandersetzung mit der eigenen (Stadt-)Geschichte aufrufen, um ihren Stellenwert im kollektiven Gedächtnis zu festigen. »Für mich ist heute ein wichtiger Tag unserer Geschichte, nach 84 Jahren leuchtet wieder ein Davidstern in unserer Stadt«, sagte der Oberbürgermeister.

GESCHICHTE Die Synagogen-Gemeinde Solingen wurde 1854 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet. Am 8. März 1872 konnten die Solinger Juden dann nach einem Festumzug durch die Innenstadt ihre Torarollen in den Kuppelbau an der Malteserstraße einbringen. Er bot 150 Plätze für Männer, die Frauenempore umfasste 80 Sitze. 1932 zählte Solingen 265, im Oktober 1938 noch immer 89 jüdische Bürger.

Heute leben rund 300 Jüdinnen und Juden in Solingen. Am Sonntag wurden in der Innenstadt außerdem weitere Stolpersteine für zwei jüdische Familien gelegt. Insgesamt gibt es in Solingen mehr als 120 dieser Erinnerungszeichen.

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025

Jewrovision

Party der Herzen

1300 Jugendliche kamen in Dortmund zum größten Gesangs- und Tanzwettbewerb für jüdische Kinder und Teenager zusammen. In angespannten Zeiten lebten sie das Motto »United in Hearts«

von Katrin Richter  11.06.2025