Augsburg

»Wir vermissen ihn«

Der Listenschreiber: Mietek Pemper sel. A. starb 91-jährig in Augsburg. Foto: dpa

Am 7. Juni ist der Augsburger Ehrenbürger Mieczyslaw, genannt Mietek, Pemper gestorben. Mit dem klein gewachsenen Mann verbinden viele jüdische Insassen des KZ Krakau-Plaszów eine große Leistung, die als Schindlers Liste bekannt wurde. Er war seinerzeit der entscheidende Buchhalter.

»Wenn wir an Engel denken, dann haben die keine Flügel, sind still und helfen.« Er wollte kein Held sein und war doch einer, aber lieber abseits der Öffentlichkeit. »Über seine aufrechte Haltung und seine Gedanken können wir reden und so lange leben sie fort«, erinnerte Rabbiner Henry G. Brandt bei der Beerdigung auf dem jüdischen Friedhof in Augsburg.

Gedächtnis Pemper kam 1958 nach Augsburg und bezog mit seinem Vater Jakob Pemper sel. A. eine Wohnung in der Bäckergasse. Noch bis vor knapp zwei Jahren sei er täglich in sein Büro gekommen, habe sich um das Tagesgeschäft in der Immobilienwirtschaft gekümmert und an seinen Vorträgen und Reisen gearbeitet, erinnern sich seine beiden Nichten. Sein »Elefantengedächtnis« sei sprichwörtlich gewesen. Er habe ein unglaubliches geschichtliches Wissen gehabt.

Mietek Pemper selbst hatte sich als Linkshänder in der Schule gehänselt gefühlt und deshalb waren die Bücher seine dankbarsten Spielkameraden. Er habe lieber gelesen als Sport getrieben oder gespielt. Von seiner Großmutter lernte er Deutsch. 1939 endete sein Ökonomiestudium in Krakau abrupt. Er arbeitete im Büro der dortigen jüdischen Gemeinde.

Stenograf 1943 wurden alle Krakauer Juden ins Barackenlager Plaszów am Stadtrand gebracht, das zunächst Arbeits-, dann Konzentrationslager war. 540 Tage lang war er Stenograf und Übersetzer des berüchtigten Lagerkommandanten Amon Göth. Aus der Verbindung zum Fabrikanten Oskar Schindler entstand die Produktion von »siegentscheidenden Gütern«. Sie war Pempers Idee, und er fertigte auch die notwendige Liste von Arbeitern an, auf der er ganze Familienverbände berücksichtigte. Rund 1.200 Juden überlebten dank ihr die Schoa.

Der Präsident der Augsburger Gemeinde, Alexander Mazo, sagt: »Ich vermisse ihn.« Zwar habe er Pemper erst sehr spät kennengelernt, aber er habe ihn stark beeindruckt und so sei er stolz darauf, mit dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit in Kontakt gestanden zu haben. Pempers Wirken bestärke ihn in seiner Meinung über das jüdischen Leben.

Beeindruckt Hanspeter Heinz, ehemaliger Prorektor der Universität Augsburg, erinnert sich, als er Pemper und den polnischen Historiker Wladyslaw Bartoszewski für die akademische Ehrenbürgerwürde der Universität vorschlug. »Was mich besonders beeindruckt hat, war, dass Pemper nie ein böses Wort über einen anderen Menschen gesagt hat«, erinnerte sich Heinz.

Sogar der Tochter von Lagerleiter Göth habe Pemper gesagt, was er Menschliches an ihrem Vater gesehen habe. Doch erst nachdem er Berater für den Spielberg-Film Schindlers Liste wurde, habe er über sein Schicksal reden können und dies fortan unermüdlich getan. Immer wieder habe er für Versöhnung und Toleranz plädiert.

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025