Berlin

Weltkulturerbe Friedhof

Mehr als 110.000 Grabmäler befinden sich auf dem rund 42 Hektar großen Gelände. Foto: Marko Priske

Ein ungewöhnlicher Rahmen war es allemal: Denkmalschützer, Historiker und Landschaftsarchitekten aus elf Ländern trafen sich Anfang der Woche in Berlin-Weißensee, um das Thema »Jüdische Friedhöfe und Bestattungskultur in Europa« aufzugreifen. Sie tagten direkt auf dem Gelände des Jüdischen Friedhofes, des größten auf dem Kontinent – und möglicherweise bald Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes.

Mehr als 110.000 Grabmäler befinden sich auf dem rund 42 Hektar großen Gelände mit seinen kilometerlangen Alleen, eindrucksvollen Begrünungen und Rondellen. Seit Jahrzehnten droht hier der schleichende Verfall. Experten aus Rom, Paris, Wien, London, St. Petersburg und anderen Weltkulturerbe-Städten bekamen nun ein riesiges »Labor des Umgangs mit Gestein« zu sehen, wie Professor Michael Petzet, Präsident von ICOMOS Deutschland formulierte. ICOMOS, der Internationale Rat für Denkmalpflege, hatte gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, dem Centrum Judaicum und dem Landesdenkmalamt zur Tagung eingeladen. Die Organisation fungiert als wichtiges beratendes Gremium bei der UNESCO.

Initiative Schon vor sechs Jahren hatten der damalige Berliner Gemeindevorsitzende Albert Meyer und der Historiker Hermann Simon die Idee entwickelt, den Friedhof für die Weltkulturerbe-Liste vorzuschlagen. Berliner Politiker unterstützen das Vorhaben. Pankows Bezirksbürgermeister Matthias Köhne brachte es bei Tagungsbeginn auf den Punkt: Viele Gräber seien in schlechtem Zustand, weil es keine jüdischen Hinterbliebenen mehr gebe, die sie pflegen können. »Wir sind jetzt gemeinsam dabei, die weiträumigen Außenfassaden zu sichern. Eine Förderung als Weltkulturerbe würde Erhalt und Sanierung natürlich noch viel stärker voranbringen.«

Doch um den Friedhof tatsächlich auch als Bau- und Naturdenkmal zu erhalten, ist nach Ansicht des Berliner Konservators Tobias Horn auch ein auf lange Sicht angelegter Pflegeplan unabdingbar. Professor Jörg Haspel, Direktor des Berliner Landesdenkmalamtes, hält das Gemeinschaftsprojekt für eine »mutige politische Idee«, nicht zuletzt, weil es auf ganz eigene Weise das Miteinander der Kulturen in der Hauptstadt bereichern und allgemeines Vertrauen schaffen könne. Lala Süsskind, die Berliner Gemeindevorsitzende, freut sich über die Unterstützung der Fachleute, doch räumt zugleich nüchtern-sachlich ein: »Allein und aus eigener Kraft können wir es nicht schaffen.«

Unterstützer des Projektes – wie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer – hoffen nun, dass sich die Deutsche Kultusminister-Konferenz bald für eine UNESCO-Weltkulturerbe-Nominierung ausspricht. Die Fachtagung war dafür eine gelungene Werbung.

Urteil

Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge

Der Mann hatte die Tat eingeräumt und von »Stimmen« berichtet, die ihn zu dem Brandanschlag aufgefordert hatten

von Jörg Nielsen  16.06.2025

Thüringen

Gebete im »Salon Goethe«

Rund 130 Menschen kamen zum Schabbaton der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin nach Weimar

 16.06.2025

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025