Bielefeld

Verfahren eingestellt

Haus ohne Hüter? Nach wie vor schwelt ein juristischer Machtkampf um den Vorsitz in der jüdischen Gemeinde Bielefeld. Foto: Alejandro Arditi

Das Verfahren gegen den Vorstand der Jüdischen Gemeinde Bielefeld, Irith Michelsohn und Yuval Adam ist gegen eine Zahlung von 750 Euro an die Staatskasse eingestellt worden. Erwiesene Unschuld, sagen die Beklagten. Fehler der Staatsanwaltschaft sagen die Kläger Mark Mazur und Anna Petrowskaia.

Beschuldigungen Beide »Parteien« streiten seit Jahren heftig um Vormacht. Vor allem seit der Zahnarzt Mark Mazur und die Historikerin Anna Petrowskaia sich im Februar 2008 als sichere Sieger und neuer Vorstand der Jüdischen Gemeinde Bielefeld wähnten und es durch einen Verfahrensfehler nicht wurden. Das jüngste Verfahren: Anklage wegen Untreue vor dem Amtsgericht Bielefeld gegen Michelsohn/Adam. Der Vorwurf lautete unter anderem, dass das Vorstandsduo in den Jahren 2006 und 2007 insgesamt 23.870 Euro unterschlagen hätte. Geld, das eigentlich der Gemeinde zustand. Es soll sich um Projektgelder handeln, die die Personalentwicklungsgesellschaft der Stadt Bielefeld, REGE, der Gemeinde für Ein-Euro-Kräfte gewährte.

Dass sie Honorare in Höhe von monatlich 500 Euro »für die organisatorische Betreuung von 15 Mitarbeitern« erhalten haben, stritten Michelsohn und Adam nicht ab. Sie wehrten sich allerdings dagegen, dies unrechtmäßig getan zu haben. Die Honorare hätten aber, so der Vorwurf, Vorstände und Gemeindevertretung gemeinsam beschließen müssen. Diesen Beschluss habe es nicht gegeben. Michelsohn und Adam hätten ihr Amt missbraucht.

Einstellung Wie der Sprecher des Amtsgerichtes Bielefeld, Reinhardt Baumgart, bestätigt, wurde das Verfahren nach Paragraf 153 a der Strafprozessordnung eingestellt. Michelsohn und Adam müssen 750 Euro an die Staatskasse zahlen. Das sei angesichts des Streitwertes von mehr als 20.000 Euro viel zu wenig, sagen die Kläger.

Wie Baumgart weiter erklärt, sieht der Paragraf 153 a vor, dass die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen erteilen kann. »Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen«, so Baumgart, »kommt es anschließend zu keiner Hauptverhandlung. Der Fall ist damit abgeschlossen. Die Höhe der Zahlung sagt jedoch nichts über das Schuldmaß aus.«

Deutung Irith Michelsohn und Yuval Adam werten die Einstellung des Verfahrens als Freispruch aus »erwiesener Unschuld«. Mark Mazur und Anna Petrowskaia sehen in der Verfahrenseinstellung einen Fehler der Staatsanwaltschaft. Es bestehe ein »erhebliches öffentliches Interesse an der Aufklärung« von Betrug und Unterschlagung, so Mazur und Petrowskaia. Der Streit geht weiter, dabei braucht die Gemeinde dringend einen handlungsfähigen Vorstand, um jüdisches Leben in Bielefeld zu gewährleisten.

Jom Haschoa

Geboren im Versteck

Bei der Gedenkstunde in der Münchner Synagoge »Ohel Jakob« berichtete der Holocaust-Überlebende Roman Haller von Flucht und Verfolgung

von Luis Gruhler  05.05.2025

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025

Porträt der Woche

Die Zeitzeugin

Assia Gorban überlebte die Schoa und berichtet heute an Schulen von ihrem Schicksal

von Christine Schmitt  03.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025