München

Trauer und Hoffnung

Vom Anlass ausgehend, könnten Jom Hasikaron und Jom Haazmaut unterschiedlicher kaum sein. Der eine Tag ist jenen Menschen gewidmet, die ihr Leben für Israel verloren haben, am darauffolgenden Tag, dem Nationalfeiertag, wird die Unabhängigkeit des jüdischen Staates gefeiert. Warum beide Tage dennoch untrennbar miteinander verbunden sind, wurde in der vergangenen Woche bei den Veranstaltungen in der Hauptsynagoge am Jakobsplatz und im Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern deutlich.

An der grundsätzlichen Bedeutung dieser beiden Tage für die jüdische Gemeinde konnte das Coronavirus auch in diesem Jahr nichts ändern. Zwar sorgten die aktuellen Beschränkungen dafür, dass beide Veranstaltungen nur im Online-Format stattfanden. Dennoch konnten IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch und Israels Generalkonsulin Sandra Simovich am Ende der Jom-Haazmaut-Feier die traditionelle Festtags­torte anschneiden, um den 73. Geburtstag Israels zu feiern.

schweigeminute Auf die innere Verbindung der beiden Tage gingen die Redner auf ganz unterschiedliche Weise ein. »Jom Haazmaut«, sagte etwa Charlotte Knobloch, »wird es auch weiterhin nicht ohne Jom Hasikaron geben können. Die Freude über die Selbstbestimmung Israels ist ohne das Andenken an diejenigen, die sie mit ihrem Leben ermöglicht haben, nicht vollständig.« Dieser Menschen wurde am Dienstagabend mit einer Schweigeminute gedacht.

Die Gedenkstunde zu Jom Hasikaron, die Eitan Levi moderierte, fand in der Ohel-Jakob-Synagoge statt und wurde im Internet live übertragen. Gäste konnten wegen der aktuellen Corona-Beschränkungen nicht teilnehmen. Das galt auch für die Feier zu Israels Unabhängigkeit am Tag darauf. Beide Veranstaltungen können aber im Internet (www.ikg-live.de) abgerufen werden.

Das Programm und die Organisation der beiden Abende hatten wie in den vergangenen Jahren die Israelitische Kultusgemeinde und das Generalkonsulat des Staates Israel gemeinsam festgelegt. Die Präsidentin der IKG freute sich in diesem Zusammenhang vor allem über das große Engagement des Jugenddezernats bei der Mitwirkung an beiden Events. Lesungen, Rezitationen, Musik- und Filmbeiträge steuerten die Jugendlichen bei. Dima Schneerson, der Leiter des Dezernats, konnte sogar seine musikalischen Qualitäten unter Beweis stellen, als er kurzfristig für einen erkrankten Sänger einspringen musste.

hochachtung Generalkonsulin Sandra Simovich wies in ihrer Rede bei der Jom-Hasikaron-Gedenkstunde auf einen besonderen Aspekt hin. »Israel stützt sich auf die Schultern junger Menschen, um alle Menschen in Israel zu schützen«, sagte sie. Ihre Hochachtung gelte allen, die als Soldaten Israel dienten.

Die Dimensionen, um die es dabei geht, verdeutlichte Vizekonsul Liron Sahar, als er die Zahl der Opfer nannte: 23.928. »Sie starben, weil sie Juden waren«, konstatierte er und wies auf das große damit verbundene Leid der Familien hin. Zugleich bemerkte er, dass alle Gefallenen in den Kreislauf des Ewigen Lebens eingebunden seien.

diaspora IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch bezeichnete Israel als »spirituelle Heimstatt« und »Lebensversicherung«. Sie versicherte, dass alle in der Diaspora lebenden Jüdinnen und Juden so fest wie eh und je an der Seite Israels stünden. »An Jom Hasikaron teilen wir den Schmerz der Menschen in Israel, den Schmerz unserer Freunde und unserer Verwandten. Wir trauern mit ihnen. So, wie wir mit ihnen trauern, teilen wir aber auch ihre Freude und ihre Hoffnung«, erklärte sie.

»Freude über die Selbstbestimmung Israels ist ohne das Andenken an
diejenigen, die sie ermöglicht haben, nicht vollständig.«

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch

Einen Tag später, am Mittwoch, stand die Freude im Vordergrund. Die politische Annäherung Israels an vier arabische Staaten im vergangenen Jahr war einer jener positiven Aspekte, die die Generalkonsulin in ihrer Rede anlässlich der Jom-Haazmaut-Feier besonders hervorhob. »Es ist ein Schritt zum ersehnten Frieden«, betonte sie.

Charlotte Knobloch wies dabei auf die erste, vor wenigen Tagen in Betrieb genommene Flugverbindung zwischen Tel Aviv und Abu Dhabi hin. Der emiratische Botschafter in Israel war persönlich erschienen, um die ersten Flugpassagiere zu begrüßen. »Wer hätte das noch vor einem Jahr für möglich gehalten?«, fragte sie rhetorisch.

Die Rede Knoblochs zum Unabhängigkeitstag war eine Liebeserklärung an Israel und sprach wohl allen Gemeindemitgliedern aus dem Herzen. Der Stolz auf das Land und die Leistung der Menschen dort schwang in den Worten der IKG-Präsidentin immer mit. Als Beispiel nannte Knobloch Israels »überwältigenden Erfolg« im Kampf gegen das Coronavirus, wofür das Land zu Recht weltweit bewundert werde.

verantwortung Die Welt sei andererseits auch überrascht gewesen, wie klug die Israelis diese Krise gemeistert hätten. »Wir waren das nicht. Wir waren begeistert, beeindruckt, glücklich, aber wir wussten auch, wozu Israel in der Lage ist«, betonte Charlotte Knobloch. Neben Hilfsbereitschaft und gegenseitiger Verantwortung sei der Ideenreichtum der Menschen in Israel ein herausragender Faktor für diesen Erfolg.

Dadurch, betonte Knobloch, hätte der Staat seit seiner Gründung vor 73 Jahren eine Krise nach der anderen meistern können. John F. Kennedy fasste all das bereits Ende der 50er-Jahre perfekt zusammen, als er sagte, Israel sei »das Kind der Hoffnung und die Heimat der Tapferen«. Tapfer und voller Hoffnung ist Israel auch heute noch. Und immer öfter erfüllten sich selbst verwegene Hoffnungen.

Die vielen Facetten Israels, die von den verschiedenen Rednern so lebhaft geschildert wurden, schlugen sich auch im abwechslungsreichen »Geburtstagsprogramm« nieder. Der Abend, durch den Lea Krichely als Moderatorin führte, bestand aus Musik (am Klavier Luisa Petrovska), Live-Einblendungen von der Kotel sowie aus Tel Aviv, Filmbeiträgen, Rezitationen und nicht zuletzt dem Entzünden von zwölf Kerzen. »Heute feiern nicht nur wir, heute feiern alle Juden in der Welt«, kommentierte Gemeinderabbiner Shmuel Aharon Brodman diesen großen Tag für ein kleines Land.

Berlin

Für Sichtbarkeit

Wenzel Michalski wird Geschäftsführer des Freundeskreises Yad Vashem. Eine Begegnung

von Christine Schmitt  30.04.2025

Hanau

Das zarte Bäumchen, fest verwurzelt

Vor 20 Jahren gründete sich die jüdische Gemeinde – zum Jubiläum wurde eine neue Torarolle eingebracht

von Emil Kermann  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

 30.04.2025

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025