Programm

Tief im Westen

Statt Kohle zu fördern, ist die Zeche Zollverein schon seit vielen Jahren ein Kulturstandort im Ruhrgebiet. Foto: dpa

Herbert Grönemeyer wusste es in seinem Lied »Bochum« schon 1984: »Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt! Ist es besser, viel besser, als man glaubt!« Kulturell gesehen trifft das in diesem Jahr auf alle Fälle zu. Denn das Ruhrgebiet trägt zusammen mit dem ungarischen Pécs und dem türkischen Istanbul 2010 den Titel »Kulturhauptstadt Europas«. Am 9. Januar wird die Ruhr 2010 in der stillgelegten zeche »Zollverein« eröffnet. Vom 10. Januar bis zum 31. Dezmber präsentieren sich dann im Gebiet zwischen Emscher und Ruhr 52 Städte als sogenannte Local Heroes. Es gibt Ausstellungen, Theaterstücke, Diskussionsrunden, Filme und Installationen zu allen nur denkbaren Themen: Fußball, Mode, Musik oder auch Industriekultur, Glasmacherei und Lokalgeschichte.

Spirituell Klar, dass da das Judentum nicht fehlen darf. Immerhin gibt es sieben Gemeinden in der Region. Und deshalb stehen auch Veranstaltungen, wie das »Night Prayer« am 21. September auf dem Programm. An diesem »Internationalen Tag des Friedens« der UNO sind alle Bochumer und Gelsenkirchener dazu aufgerufen, »die besonderen spirituellen Orte der Metropole Ruhr zu entdecken«. Die Neue Synagoge in Gelsenkirchen, die am 1. Februar 2007 eröffnet wurde, ist einer dieser spirituellen Orte. Die Gemeindevorsitzende Judith Neuwald-Tasbach freut sich jetzt schon auf die Veranstaltungen: »Für uns ist es eine Möglichkeit zu zeigen, dass wir als Gemeinde hier in der Stadt angekommen sind – Juden sind ein Teil der Gesellschaft.« Wie sie dort leben, zeigt eine Ausstellung im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten. Unter dem Titel »Angekommen?! Lebenswege jüdischer Einwanderer« werden 24 Lebensgeschichten jüdi- scher Zuwanderer vorgestellt, die dem großen Thema Immigration ein »konkretes Gesicht« geben.

Aussicht Ab Mitte des Jahres soll auch die Alte Synagoge Essen in das kulturelle 2010-Geschehen rücken. Bis jetzt allerdings finden außer den langjährigen »Donnerstagsgesprächen« und dem »Jüdischen Lehrhaus« keine Veranstaltungen statt. Denn die Alte Synagoge ist immer noch im Bau. Eine Situation, die Edna Brocke, Leiterin der Einrichtung, ganz und gar nicht glücklich macht. »Wir würden gern größere Veranstaltungen anbieten, aber wir sind mitten im Umbau und da geht das schlecht.« Zur Eröffnung der Ruhr 2010 wird Brocke aber auf jeden Fall gehen. Für Kinder hält das Programm auch etwas bereit.

Von Anfang September bis Mitte Oktober gibt es das »MärchenErzählFestival«, bei dem auch osteuropäische, jüdische und orientalische Erzählkunst vorgestellt wird. Dass das Judentum überhaupt thematischer Bestandteil der Ruhr 2010 ist, ist für Projektmanagerin Ria Jansenberger selbstverständlich: »Wir möchten die Fülle und Vielfalt des Judentums zeigen und auch Orte, wie die Synagogen in Bochum oder Gelsenkirchen bekannter machen.« Jansenberger weißt ausdrücklich auf die musikalische Veranstaltungsreihe im Mai und Juni hin. Religion spiele gerade in dem seit jeher multikulturell geprägten Ruhrgebiet eine wichtige Rolle.

Das mag für den einen Fußball sein, für den anderen Musik oder auch eben das Judentum.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025