Jubiläum

Tausend Ideen zu 1700 Jahren

Eine zentrale Rolle werden im Jubiläumsjahr 2021 die rund 450 sogenannten Mitmach-Projekte spielen. Foto: Getty Images [Montage]

Ein bundesweites Fest der Superlative startet im neuen Jahr. Mit »Jüdisches Leben in Deutschland 2021« wird zwölf Monate lang die Anwesenheit von Jüdinnen und Juden seit 1700 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands gefeiert – trotz und unter den notwendigen Corona-Bedingungen. Bundesweit finden dazu rund 1000 Veranstaltungen im Rahmen von »321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.« für 2021 statt, darunter Diskussionsabende, Vorträge, Outdoor- und Online-Konzerte, Musikevents, Theateraufführungen sowie Filmevorführungen.

Podcasts und Videoprojekte zum Thema werden die Nutzer von Social Media begleiten. Und die »Bubales«, die Handpuppen des einzigen jüdischen Puppentheaters in Deutschland, werden mit ihrem »Schalömchen«-Trolleybus, den der Rabbiner steuert, Internet-User und Interessierte an jüdischer Kultur durch das gesamte Jahr und das Veranstaltungsangebot führen.

Einflüsse »Wir wollen den jüdischen Anteil in der deutschen Gesellschaft aufzeigen«, sagt Abraham Lehrer, Gründungsmitglied des Vereins und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, »und bekannt machen, welche positiven Einflüsse – historisch gesehen – von Juden auf Kultur und Wissenschaft ausgegangen sind, auch bis zum heutigen Tag«.

Das Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln blickt dabei auf eine 1700 Jahre alte Geschichte zurück, als zum ersten Mal mit dem auf den 11. Dezember 321 ergangenen Edikt, dem Codex Theodosianus, Juden als Bewohner in der römischen Kolonie Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA), heute Köln, wahrgenommen wurden.

Auftakt des Festjahres wird die Zentrale Eröffnungsfeier am 21. Februar sein. Sie findet allerdings online statt, wie Andrei Kovacs, der leitende Geschäftsführer des Vereins, betont. »Das ist in diesen Zeiten unabdingbar.« Ein weiteres Highlight wird »Mentsh!« sein. »Das Festival der Begegnungen« bietet eine bunte Palette von Livekonzerten namhafter und weniger bekannter Musikerinnen und Musiker.

Ein Teil der Künstler wird dazu von April bis September mit dem »Bus der Begegnungen« auf Tour quer durch die Republik gehen. Fest eingeplant sind bisher 15 Acts unter anderem in Schwerin, Sankt Wendel und mehreren Großstädten in Nordrhein-Westfalen. Damit soll, so sieht es der Vorsitzende von JLID 2021, Matthias Schreiber, »nichtjüdischen Jugendlichen unverkrampfte Wege zum Jüdischen in unserem Land« aufgezeigt werden. »Nur wer sich kennt, ist fähig und bereit zur Freundschaft.«

Die »Bubales« geleiten Internet-User mit dem Schalömchen«-Trolleybus durch das Jahr.

Abraham Lehrer hofft, dass das dritte Großprojekt des Vereins, »Sukkot XXL«, das für den Herbst anlässlich des Sukkotfestes gegen Ende September anvisiert ist, dann »›Judentum zum Anfassen‹ ermöglichen wird«. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe will zum Beispiel vor seiner Zentrale in Münster ebenso eine Sukka errichten, wie kleinere Gemeinden, Kreisstädte, Kirchgemeinden und christlich-jüdische Gesellschaften im Bundesgebiet Juden und Nichtjuden die Möglichkeiten bieten wollen, das Laubhüttenfest in einer Original-Sukka kennenzulernen.

Sukka-Baukasten »Wir bieten deshalb eine Sukka im Baukastensystem an, die bei uns bestellt werden kann«, sagt Geschäftsführerin Regina Plaßwilm. Zusammengebaut und betreut werden soll sie dann vor Ort gemeinsam mit der örtlichen Jüdischen Gemeinde, plant der Verein.

Mit Halle und Hanau haben bereits Gemeinden ihre Teilnahme zugesagt. Aber auch im westfälischen Gütersloh will das Kultursekretariat im Rahmen von »Sukkot XXL« Jüdischkeit in ihren religiösen und kulturellen Facetten präsentieren.

Eine zentrale Rolle, so Andrei Kovacs, werden 2021 die rund 450 sogenannten Mitmach-Projekte spielen, die vom Verein mithilfe des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat und der Staatsministerin für Kultur und Medien gefördert werden sollen.

Jüdische Gemeinden wollen sich in ihrer jeweiligen Stadt den Bürgern und Nachbarn präsentieren; in Städten wie Bielefeld und Cottbus veranstalten breite Bürger- und Vereinsbündnisse jüdische Kulturwochen, um die Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland aufzuzeigen. Auch in Erftstadt mit seinen gut 50.000 Einwohnern wird #2021 JLID eine Woche Jüdisches präsentieren.

Lebensalltag »Jüdisches Leben in Deutschland soll zeigen, wie Juden in Deutschland leben, wie sie denken und ihren Lebensalltag und ihre Religion praktizieren, wie sie trauern und feiern, musizieren und dichten, mit Farbpinsel umgehen und bildhauern«, betont Abraham Lehrer. Und »während die beteiligten Projekte sicherlich ihr Verhältnis zum Judentum thematisieren werden, geht es für uns auch darum, jüdisches Leben in Deutschland zu verorten und in seiner Vielfältigkeit darzustellen«.
Fußballmuseum, Makkabi und der DFB wollen sich gemeinsam dem Judentum sportlich annähern.

Der Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern organisiert eine Veranstaltung zu »Deutsche Rabbinerin – Frauen im Judentum«.

Daneben, so rechnet Regina Plaßwilm, wird es noch mehr als 1000 Veranstaltungen und Events zwischen Konstanz und Flensburg, zwischen Frankfurt an der Oder und Aachen geben, die sich thematisch vielfältig um »#2021JLID – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« drehen.

Tagung Bildungsbezogen findet eine Tagung des Historisches Archivs der Stadt Köln zum Thema »1700 Jahre jüdisches Leben in Köln und dem Rheinland« statt. Die Volkshochschule Herrenberg in Baden-Württemberg bietet Begegnungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Menschen unter dem Titel »Meet a Jew: Mit uns reden, statt über uns!« an. Das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund wird sich in Kooperation mit Makkabi Deutschland und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) dem Judentum sportlich annähern.

Der Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern organisiert eine Veranstaltung zu »Deutsche Rabbinerin – Frauen im Judentum«, im hessischen Museum Alsbach-Hähnlein thematisiert man das Zusammenleben von Landjudentum, bäuerlicher Bevölkerung und Bürgertum. Die liberale jüdische Gemeinde München Beth Shalom widmet sich zum Internationalen Frauentag am 8. März dem Thema »Jüdinnen in der Moderne«.

Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung Sachsen-Anhalt in Magdeburg nennt seine Tagungsveranstaltung: »Justiz und Judentum: Jüdische Juristen als Gestalter internationaler Geschichte und deutscher Rechtskultur. Vom Gründer Tel Avivs Arthur Ruppin über den Unterzeichner des Versailler Vertrages Otto Landsberg bis zum Reichsvizekanzler Dr. Eugen Schiffer«.

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