Purim

Spiderman und Königin Esther

In der Synagoge sitzen ein Clown und Spider-Man nebeneinander und trampeln mit den Füßen. Am Montagabend wurde Purim in der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern gefeiert. Bei der Megilla-Lesung in der Ohel-Jakob-Synagoge mit Gemeinderabbiner Shmuel Aharon Brodman machen berühmte Kinohelden Krach, von Fantasywesen wie Einhörnern bis Superhelden wie Batman. Denn dieses Jahr war das Motto der Verkleidungen: »Kinohelden«. Immer wenn der Gemeinderabbiner den Namen des bösen Haman erwähnt, lassen die Helden die Rasseln rattern. Nach ein paar Sekunden wird das Buch Esther weitergelesen.

»Wenn ich zaubern könnte, dann würde ich alle Sachen, die nicht lebendig sind, lebendig zaubern«, sagt Harry Potter, der heute nicht der einzige Zauberschüler in der Ohel-Jakob-Synagoge, sondern gleich mehrmals vertreten ist. Dieser Harry Potter klopft mit seinem Zauberstab gegen das Holz, heißt eigentlich Joseph und ist sechs Jahre alt.

Hotzenplotz »Die Tische, die Stühle und die Stifte«, malt er sich aus und kichert dabei, wenn er an das ganze Chaos denkt, das es dann gibt. Er ist mit seiner Purim-Verkleidung sehr zufrieden, obwohl die sich sein Vater erst in letzter Minute überlegt hat. Vor ein paar Jahren ging Joseph als Räuber Hotzenplotz und einmal als Albert Einstein, erzählt seine Mutter, doch daran kann sich Joseph nicht mehr richtig erinnern, da war er noch zu jung.

Bunte Luftballonsäulen stehen im Foyer, und es gibt Kinderschminken.

Unter den Gästen befindet sich auch Prinz Harry. »Ich bin ein Royal, also auch ein Held«, sagt Dinah Zenker, die Pflegedienstleiterin des Saul-Eisenberg-Seniorenheims, die ihre Rolle als Duke of Sussex perfekt beherrscht. Das Pokémon Glumanda, zwei Prinzessinnen und ein Superman mit wehendem Cape rennen hintereinander in Richtung Gemeindezentrum. Da geht die Party weiter mit der charismatischen Moderation von Ruben Rotstein. Geschenke an alle Kinder werden überreicht von Rabbiner Brodman, ebenfalls gibt es Show-Auftritte von der »Juphi«, der Jugendphilharmonie aus Neustadt an der Weinstraße. Das Restaurant Einstein serviert ein üppiges Büfett mit Fleischbällchen und Bratkartoffeln.

Im Foyer der IKG stehen bunte Luftballonsäulen, an einem Tisch gibt es »Hollywood Glow«-Kinderschminken und vor den Holztüren zum Saal steht ein Luftballonkünstler, der die Ballons auf Wunsch der Kinder zu Hunden, Rosen und Schwertern knotet und zu kleinen Marienkäfern, die man wie eine Armbanduhr tragen kann. Diese wurden an diesem Abend am häufigsten geordert.

Märchenerzähler Mit den Kindern aus der Sinai-Grundschule wurde tagsüber die Geschichte vom persischen Reich und der Errettung aus drohender Gefahr interaktiv mit Helena George und Michael Wenk vom Galli Theater nachgespielt.

Die Kinder kamen verkleidet zur Schule, haben noch Accessoires wie Kronen und Hüte bekommen. »Wir sind Märchenerzähler«, sagt Michael Wenk. »Die Kinder fanden es so gut, dass wir noch länger gespielt haben«, meint Helena George. »Mein Bruder wollte als Superman gehen. Mein Vater auch, da hat meine Mutter gesagt, dass wir gleich als ganze Familie von Superhelden gehen sollen«, erzählt Lea. Zusammen mit Bruder Adam und ihren Eltern Daniel und Heidi ist die ganze Familie Schvarcz im Heldenkostüm. Im doppelten Doppelpack sind auch Super Mario und Luigi gekommen.

Einmal sind das Chaya und Slava, die gemeinsam auf ihrer Wii-Nintendo »Super Mario« spielen, und die Brüder David und Mark, die 22 und sechs Jahre alt sind. Es ist das zweite Jahr in Folge, dass die Brüder als Videospielduo auftreten. Beim Purim der Studenten am Samstag habe er für sein Luigi-Kostüm sogar einen Preis bekommen. Gekommen sind abends etwa 400 Gäste, schätzt Talia Presser, die das Purimfest für die Gemeinde organisiert hat. Sie ist als Marge Simpson verkleidet und durch ihre blaue Perücke gut zu sehen. Sie habe auch überlegt, als Mary Poppins zu gehen, aber wollte nicht so streng wirken, sondern bunt. »Mein Traum ist ein schönes, warmes Haus«, sagt Talia Presser.

Das sei ihr gelungen, denn es seien alte und neue Gemeindemitglieder gekommen, aus Polen, der Ukraine, auch aus Israel. Viele der heutigen Gäste seien älter als 60 und jünger sechs Jahre. »Wenn ich eine Superkraft hätte, dann würde ich bewirken, dass es wieder überall normal ist«, sagt sie ernst. Und: »Ich freue mich, dass alle Generationen zusammen feiern.«

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