Nahostkonflikt

Sorge und Solidarität

Schutzraum in Jerusalem Foto: Flash 90

Sorge, Anteilnahme und Solidarität: Zwischen diesen Polen bewegen sich die Reaktionen jüdischer Organisationen auf den Beschuss Tel Avivs und Jerusalems durch die Terrororganisation Hamas. Zahlreiche Vertreter jüdischer Verbände zeigen sich bestürzt über die fortdauernde Bedrohung – und bieten konkrete Hilfe für die vom Terror geplagten Menschen an. Zugleich rufen viele von ihnen die deutsche Öffentlichkeit zu mehr Empathie für den jüdischen Staat auf.

»Die Bombardierung Israels ist ein perfides Mittel des Terrors und durch nichts zu rechtfertigen«, betont etwa Reinhold Robbe, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Von den politisch Verantwortlichen in Deutschland sowie von der Zivilgesellschaft fordert er jetzt ein deutliches Zeichen der Solidarität und des Mitgefühls.

gebete Robbe äußerte im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen Verständnis für die Reaktion des jüdischen Staates auf den fortdauernden Raketenbeschuss: »Es ist unausweichlich, dass Jerusalem die akute Bedrohung nicht tatenlos hinnehmen kann.« Nicht tolerierbar sei auch, dass durch den massiven Raketenbeschuss Menschen von Tel Aviv über Beer Sheva bis Jerusalem Angst um ihr Leben haben müssten. Alle Freunde Israels seien jetzt aufgerufen, mit Mahnwachen und Friedensgebeten ihre Solidarität zu bezeugen, so Robbe.

Die Frauenorganisation WIZO Deutschland hilft ganz konkret mit verschiedenen Projekten. In der Yad-Vashem-Kindertagesstätte in Beer Sheva zum Beispiel wurde am Montag der Bau bombensicherer Schutzräume beendet. Von nun an können die Kinder und ihre Betreuer beim Ertönen der Alarmsirenen dort Zuflucht suchen. Außerdem öffnet die WIZO ihre Jugenddörfer und Internate ganz bewusst auch während der Ferienzeit, um bei Evakuierungen Familien aus dem Süden aufnehmen zu können.

»Wir sind da, wenn man uns braucht«, erklärt WIZO-Präsidentin Diana Schnabel. Die WIZO-Damen verfolgen die dramatischen Ereignisse in Israel deshalb äußerst aufmerksam, um nach Möglichkeit schnell helfen zu können. So betreibt die Organisation aktuell neben vielen anderen Initiativen auch einen Telefondienst, bei denen die Anrufer im Gespräch professionelle Hilfe zur Stressbewältigung und zum Abbau von Angst erhalten.

Sderot Auch die Spendenorganisation Keren Hayesod (KH) bittet ihre Unterstützer zurzeit verstärkt um Mithilfe, damit Kinder in der von den Raketenanschlägen besonders stark betroffenen Stadt Sderot für zwei Wochen im sicheren Norden des Landes Urlaub machen können. »Nicht wenige sind traumatisiert durch die täglichen Angriffe«, sagt KH-Präsident Jacob Snir. »Durch das Machane in einem Kinderdorf können sie sich zumindest für ein paar Tage von dem Dauerstress im Süden des Landes erholen.«

Im Norden Israels hält sich zurzeit Schaul Chorev auf, Hauptdelegierter des Jüdischen Nationalfonds Keren Kayemet Le-Israel (KKL). Noch sei der Raketenbeschuss mehr als 20 Kilometer von seinem Zuhause in Naharija unweit der libanesischen Grenze entfernt, erklärt Chorev. Ganz in der Nähe würden demnächst auch die Machanot von KKL für Kinder aus Sderot stattfinden: »Anders als früher können die Machanot nicht mehr im jetzt ebenfalls beschossenen Jerusalem ausgerichtet werden.«

Wegen dieser Situation wünscht sich Chorev mehr Verständnis für die Reaktion Israels, sich militärisch zur Wehr zu setzen. Stattdessen werde das Prinzip von Ursache und Wirkung viel zu oft auf den Kopf gestellt. Die Europäer müssten verstehen, dass mit der Hamas keine gütliche Einigung möglich sei, so der langjährige KKL-Delegierte. »Was sollen wir denn machen? Wenn wir uns nicht wehren, werden wir nicht überleben!«

Schutz Großes Verständnis für das Vorgehen des israelischen Militärs hegt die Orthodoxe Rabbinerkonferenz in Deutschland (ORD). Eine gemäßigte Antwort seitens der Streitkräfte in Israel hätte die Hamas nur ermutigt, mehr und schwerere Raketen einzusetzen, betont ORD-Rabbiner Arie Folger. Israel bliebe gar nichts anderes übrig, als sich zu verteidigen, um die eigene Bevölkerung zu schützen. »In dieser schwierigen Zeit rufe ich alle Gemeindemitglieder in Deutschland dazu auf, für unsere Brüder und Schwestern in Israel zu beten«, unterstreicht Folger.

Mit einem Appell an die Politik reagierte die Allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK) auf die jüngsten Entwicklungen in Israel. »Wir erwarten von der Politik, dass es ihr auf der Grundlage des Existenzrechts Israels gelingt, die Gewaltspirale zu durchbrechen«, sagt ARK-Rabbinerin Elisa Klapheck. Mit Bedauern beobachtet die Rabbinerin, dass sich die Hamas auch nicht davor scheut, als Folge ihrer fatalen Gewaltlogik die palästinensische Bevölkerung zu Opfern zu machen. Ihre Gedanken und die ihrer Kollegen und Kolleginnen der ARK seien deshalb »bei den bedrohten Menschen in Israel, die Zuflucht in Bunkern nehmen müssen«.

www.wizo-ev.org
www.support-israel.de
www.jnf-kkl.de

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025