München

»Politisches und gesellschaftliches Signal«

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch Foto: Steffen Leiprecht

München

»Politisches und gesellschaftliches Signal«

Charlotte Knobloch über die Bedeutung des jüdischen Gemeindezentrums am Jakobsplatz

von Helmut Reister  13.07.2015 19:06 Uhr

Frau Knobloch, der inzwischen verstorbene Bundespräsident Johannes Rau hat bei der Eröffnung der neuen Hauptsynagoge am 9. November 2006 den Wunsch geäußert, dass das neue jüdische Gemeindezentrum am Jakobsplatz ein »Ort des Dialogs« werden soll. Ist der Wunsch, der auch für Sie maßgeblich war, in Erfüllung gegangen?
Ja, ganz ohne Zweifel. Meine Erwartungen wurden sogar noch weit übertroffen. Der Jakobsplatz ist längst zu einem »Hotspot« der Stadt geworden – und zwar für alle Bürger Münchens.

Inwiefern?
Mir war von Anfang an wichtig, dass das Zentrum auch nichtjüdischen Menschen offenstehen und im übertragenen Sinn eine Brücke darstellen soll, in deren Mitte sich alle Bürger treffen können. »Nur« einfach Gebäude hierher zu stellen, war nie meine Intention. Es ging mir immer darum, sie mit Leben zu erfüllen und einen möglichst breiten gesellschaftlichen Dialog in Gang zu setzen.

Wie wichtig ist der Standort im Zentrum der Stadt für die jüdische Gemeinde in München?
Die Rückkehr von einem Hinterhof ins Herz der Stadt war nicht nur für die Juden in München von sehr großer Bedeutung, sondern weit darüber hinaus. Durch die zentrale Lage wird deutlich, dass wir uns als selbstverständlichen Teil dieses Landes verstehen und es auch mitgestalten wollen. Die Rückkehr war also auch ein politisches und gesellschaftliches Signal. Man darf in diesem Zusammenhang auch nicht die besondere Rolle Münchens als »Hauptstadt der Bewegung« vergessen. Es war ja eine Hetzrede von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels im Alten Rathaussaal, die die sogenannte Reichskristallnacht auslöste, in der die Synagogen in Brand gesteckt wurden.

Sie haben diese Nacht als Kind miterlebt. Wie stark wurden Sie dadurch in Ihrem Denken und Handeln beeinflusst?
Aus den Erfahrungen der damaligen Zeit ist für mich der Auftrag für die Gegenwart entstanden, dass das Leben von Juden und Nichtjuden nur gemeinsam gestaltet werden kann. Die Rückkehr ins Zentrum der Stadt war ein entscheidender Schritt in diese Richtung. Je mehr Leben in Synagoge und Gemeindezentrum einzog, desto größer wurde das gegenseitige Verständnis. Ich hoffe wirklich sehr, dass dieser Prozess nie zu Ende gehen wird.

Mit der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern sprach Helmut Reister.

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