Dagesh

Open, Closed, Open

Die Diskurse aktiv mitgestalten und das Jüdische darin nicht nur sichtbar, sondern auch erfahrbar machen – genau das betrachten die Verantwortlichen von DAGESH, dem Kunstprogramm des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks, als ihre Aufgabe.

»Allein schon die Tatsache, dass ein nicht unwesentlicher Teil unserer rund 800 geförderten Studierenden Künstlerinnen und Künstler in den unterschiedlichsten Disziplinen sind, brachte uns auf den Plan, Angebote und Fördermaßnahmen zu konzipieren, die sich gezielt an diese Gruppe richten«, sagt Jo Frank. »Wir wollten ihnen Räume zugänglich machen, in denen auch aktuelle Fragen nach dem Jüdischsein in der Kunst verhandelt werden können«, so der ELES-Geschäftsführer.

Unterstützer Die Gründung von DAGESH vor knapp drei Jahren war der erste Schritt. Und weil man sofort das kreative Potenzial erkannte, das durch das Kunstprogramm angezapft wurde, war die Ausschreibung eines eigenen Kunstpreises nur folgerichtig. Dieser wurde erstmalig im Rahmen des Jüdischen Zukunftskongresses im November 2018 an gleich drei Personen vergeben, die alle aus Israel stammen: die bildende Künstlerin Liat Grayver, den Produktdesigner Yair Kira sowie den Komponisten Amir Shpilman. Gemeinsam hatten sie die Installation »Open, Close, Open« geschaffen. »Eine Hauptinspiration für uns war Yehuda Amichais gleichnamiges Gedicht«, erklärt Frank.

Das Raupenfahrzeug zeichnet Buchstaben in den Sand.

Der Freundeskreis des Jüdischen Museums Berlin war von Anfang an als Unterstützer involviert, sodass die Arbeit von Grayver, Kira und Shpilman nun in den Räumlichkeiten des Hauses erstmals einem größeren Publikum präsentiert werden konnte. Dort ist sie auch bis zum 11. August zu besichtigen. Zu sehen ist eine multimediale Installation, bei der in einem Raum mit schwarz gestrichenen Wänden ein Roboter auf einer großen Sandfläche hebräische Buchstaben zeichnet.

Doch das kleine Raupenfahrzeug fährt darin nicht einfach autonom herum, sondern reagiert auf die Bewegungen der eintretenden und sich im Raum bewegenden Personen. Die in den Sand gezeichneten Lettern sind keinesfalls für die Ewigkeit gemacht, sondern werden immer wieder überschrieben. Zugleich wird das Geschehen mit einer Kamera gefilmt und auf eine Leinwand projiziert, während aus zehn Lautsprechern 100 in den unterschiedlichen Formen gesungene Buchstaben des hebräischen Alphabets erklingen und so mit dem Geschehen im Raum in einen Zusammenhang gebracht werden.

Dynamik »Die Zuschauer werden auf diese Weise zu Mitgestaltern des Ganzen«, begründet Eva Lezzi die Entscheidung des Kuratoriums, warum »Open, Close, Open« ausgezeichnet wurde. »Daraus entfaltet sich eine faszinierende Dynamik zwischen Tradition und Moderne, in der Aspekte wie Zufall und Kontrolle geradezu spielerisch mit zum Tragen kommen.« Für sie war aber nicht nur die gelungene Verknüpfung des Visuellen mit dem Akustischen ein überzeugendes Argument. »Auch der Entstehungsprozess verdient Aufmerksamkeit, schließlich kamen bei dem Projekt gleich drei Künstlerinnen und Künstler mit höchst unterschiedlichen Biografien und Schwerpunkten zusammen und schufen gemeinsam etwas völlig Neues.«

»Eine Hauptinspiration für uns war Yehuda Amichais gleichnamiges Gedicht«, erklärt ELES-Geschäftsführer Jo Frank.

»Wir haben es geschafft, uns nicht nur auf der akademischen Landkarte als ein Zentrum jüdischer Intellektualität zu etablieren«, freut sich ELES-Geschäftsführer Frank. »Auch in der Kunst konnten wir bereits eine bemerkenswerte Katalysatorwirkung erzielen.« Gerade angesichts der Tatsache, dass das Studienwerk dieses Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert, ist das für ihn eine Bilanz, die zum Weitermachen anspornt.

Qualität »Bereits bei der Ausschreibung hat uns die hohe Qualität der eingereichten Vorschläge fast den Atem verschlagen«, ergänzt DAGESH-Kurator Daniel Laufer. Gerne will man deshalb den DAGESH-Kunstpreis als regelmäßige Ausschreibung fest in der Kunstszene etabliert wissen. »Warum sollen die Verleihung und die aktuelle Ausstellung eine einmalige Sache sein? Vielmehr sehen wir darin den Beginn einer neuen Tradition, die auch eine jüdische Handschrift trägt.«

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025